Mensdorff-Show: Bauer und Lobbyist als Geldwäscher angeklagt

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Die Frage, wie bestechlich Österreich ist, schwingt wohl im Hintergrund mit, wenn am kommenden Mittwoch Alfons Mensdorff-Pouilly wegen Geldwäscherei vor seinen Richter tritt.

Wien. Er war einfach nur am Klo. Allein das stieß Mitte März dieses Jahres bei Kameraleuten und Fotografen auf gesteigertes Interesse. Als Alfons Mensdorff-Pouilly, „Graf Ali“, wie viele sagen, jenen Ort, den selbst Blaublütige allein aufsuchen, wieder verließ, hob er huldvoll die Hand zum Gruß. Und die Wartenden hatten ihre Bilder. Dass der (Waffen-)Lobbyist und Unternehmensberater, laut Selbstdarstellung Landwirt oder schlicht Bauer, damals im parlamentarischen Korruptions-U-Ausschuss schweigen durfte (also zwar Bilder, aber keinen Ton lieferte), verdankte er dem Umstand, dass gegen ihn ein Strafverfahren lief. Und er daher das Recht hatte, die Aussage zu verweigern.

Im Rahmen dieses Verfahrens steht dem in seinem Habitus an alten englischen Landadel gemahnenden Ehemann von Ex-ÖVP-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat ab 12.Dezember eine unangenehme Phase ins Haus. Ab diesem Mittwoch startet im Wiener Straflandesgericht der jetzt schon sogenannte Mensdorff-Prozess. Pikanterie am Rande: Mensdorff muss sich mit Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser den Großen Schwurgerichtssaal „teilen“.

Das Verfahren dreht sich um Schmiergeld. Am Rande auch um die Eurofighter. Fast so, als ob dies zusammengehöre. Geldwäscherei (alte Fassung, mit bis zu fünf Jahren Haft bedroht) wirft Staatsanwalt Michael Radasztics dem betont bodenständigen Land- und passionierten Weidmann nun konkret vor. Mensdorffs Anwalt Harald Schuster blickt der Verhandlung gelassen entgegen. Und kündigt einen die Anklage erschütternden Eröffnungsvortrag an. Selbstverständlich werde sich sein Mandant absolut „nicht schuldig“ bekennen.

Kriminelle Vereinigung in der Rüstung?

Interessanterweise hat der Staatsanwalt keine Bestechungsanklage eingebracht. Sondern „nur“ einen (ungewöhnlicherweise sehr ausführlich begründeten) Strafantrag – eben wegen des relativ umständlichen Delikts der Geldwäscherei. Umständlich deshalb, da in diesem Fall eine „kriminelle Vortat“ existieren muss. Demgemäß behauptet der Ankläger, dass sich drei frühere Manager des mächtigen britischen Rüstungskonzerns BAE Systems zu einer kriminellen Vereinigung zusammengeschlossen und zum Schein Beraterverträge vergeben haben, die in Wahrheit der Generierung von Rüstungsaufträgen gedient haben. Die Kosten für die da und dort offenbar unabdingbare Bestechung sollen unter dem Deckmantel dieser Verträge Platz gefunden haben. Mensdorff soll nun dieser Vereinigung entstammende Gelder „an sich gebracht“ oder „angelegt“ oder „teilweise an Dritte weitergegeben“ haben. Stimme alles nicht, sagt Anwalt Schuster.

Konträr dazu formuliert die Staatsanwaltschaft Wien in einer „Mitteilung“ an die Medien: „Alfons Mensdorff-Pouilly soll in den Jahren 2000–2008 in Summe rund 12,6Millionen Euro erhalten haben, die zuvor unter Verwendung von Scheinverträgen aus dem Vermögen der BAE Systems abgezogen wurden. [...] Mit dem Geld sollten vermutlich in Zentral- und Osteuropa Entscheidungsträger bestochen werden, um Waffengeschäfte für das Unternehmen zu erlangen.“ Allerdings: „Die tatsächliche Verwendung des Geldes konnte nicht geklärt werden.“

Zusätzlich ist der „Graf“ übrigens auch der zweifachen Falschaussage vor zwei U-Ausschüssen angeklagt. Einmal soll er in Sachen Eurofighter, 2007, Unwahres angegeben haben, einmal im Rahmen des Korruptions-U-Ausschusses, als er – weitgehend schweigend – irgendwann einmal doch so unvorsichtig war, eine Frage der Abgeordneten zu beantworten. Ein weiterer, untergeordneter Anklagepunkt: Vorlage eines verfälschten Beweismittels.

Das Geschlecht des nunmehrig 59-jährigen Beschuldigten Alfons Eduard Alexander Antonius Maria Andreas Hubertus Christoph Graf von Mensdorff-Pouilly stammt aus Lothringen. Stammwappen ist ein blauer Löwe auf silbernem Grund. 1818 wurde der Familie in Österreich der Adelstitel „Graf“ verliehen.

In den 1980er-Jahren des vorigen Jahrhunderts übernahm der hünenhafte, gern Tweed tragende „Ali“, wie er sogar in den Dokumenten von British Aerospace genannt wird, das Gut seines Vaters im Südburgenland. Alfons Mensdorff-Pouilly handelte damals mit Hühnern. Oder versuchte sich unter anderem als Wildbretdosensuppenverkäufer. 1988 gründete er die MPA Handelsgesellschaft – zwecks Handel mit Waren aller Art. Zu seiner Eigenjagd ließ er in Luising (Burgenland) ein Schloss errichten, das von Spöttern als „Fertigteilschloss“ verunglimpft wird. Auch erwarb er das bei Jagdfreunden bis heute hochbeliebte Dalnaglar Castle in der schottischen Grafschaft Perthshire.

Der „weiße Sultan“ und die fetten Jahre

Finanziell interessant dürfte es für den zum Salonlöwen herangereiften Land- bzw. Forstwirt Anfang der 1990er-Jahre geworden sein. Auf Vermittlung eines gewissen Timothy Landon („der weiße Sultan“, verstorben 2007 an Lungenkrebs), des Ehemannes seiner Cousine, erhielt „Ali“ einen Beratervertrag mit dem britischen Rüstungskonzern British Aerospace, später BAE, der auch am Eurofighter-Hersteller EADS beteiligt war. Flossen im Laufe der weiteren Kooperation tatsächlich „Drittzahlungen“? Und zwar über ein Geflecht aus Briefkastenfirmen und Stiftungen, in dem auch Mensdorff seinen Platz hatte – „Drittzahlungen“, um Waffendeals an Land zu ziehen? Mensdorff selbst verwendete einmal den Begriff „aggressive Bonuszahlungen an wichtige Entscheidungsträger“. Aber dies allein ist noch nicht strafbar. Und „Schmiergeld“, so sagte der Beschuldigte zuletzt in aller Deutlichkeit – „Schmiergeld ist ein Sauwort“.

Neun Tage bis zum Urteil

Am nächsten Mittwoch (12. Dezember) startet in Wien der Geldwäscherei-Strafprozess gegen den Bauer (Eigendefinition) und Unternehmensberater Alfons Mensdorff-Pouilly (59). Mitangeklagt – und zwar als „Geldbote“ – ist dessen Vertrauter, der Bankfachmann Kurt D.Die weiteren Termine wurden von Prozessleiter Stefan Apostol für diese Tage angesetzt: 18., 19., 20. Dezember, 8., 9., 10., 16. und 17. Jänner. Unwahrscheinlich ist, dass alle geladenen Vertreter des Rüstungskonzerns BAE im Zeugenstand erscheinen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2012)

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