Bundesheer-Volksbefragung: Wissenschaftler an der Front

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Die Gegner im Kampf um die Wehrpflicht rüsten sich mit Studien auf, um ihr jeweiliges Modell im besseren Licht erscheinen zu lassen.

Wien. Gestern, Mittwoch, war der Internationale Tag des Ehrenamtes. Und just diesen Tag nahm die ÖVP – also jene Partei, die sich gegen die Abschaffung der Wehrpflicht und des Zivildienstes ausspricht und ohne Letzteren das Gesundheitssystem gefährdet sieht – zum Anlass, um für ihre Position in der Bundesheerdebatte zu werben. „Die Herausforderungen, denen sich unsere Rettungs- und Hilfsorganisationen täglich stellen, funktionieren nur auf der Basis der Ehrenamtlichkeit“, meinte Vizekanzler Michael Spindelegger am Mittwoch dann in einer Aussendung. Den Schwenk hin zur Wehrpflichtlinie schafft man dann so: Ein Großteil der Ehrenamtlichen habe schon vorher den Zivildienst bei der jeweiligen Organisation abgeleistet und bleibe dort nachher dann auch freiwillig tätig, so die Junge ÖVP.

Auch das ÖVP-nahe Komitee „Einsatz für Österreich“ meldete sich am Mittwoch zu Wort: „Es geht bei der Volksbefragung am 20. Jänner nicht um eine Abstimmung über zwei Modelle, sondern um die gesellschaftspolitische Grundsatzentscheidung“, meinte der Komiteeobmann und ehemalige Chef der Industriellenvereinigung, Veit Sorger. Dabei ging er bei seiner Pressekonferenz vor allem auf die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Berufsheeres ein – und hatte sich dazu wissenschaftliche Unterstützung geholt: Der Linzer Volkswirtschaftsprofessor Friedrich Schneider präsentierte eine Studie, die er im Auftrag des Komitees durchgeführt hatte. Sein Resümee: Aufgrund deutlich höherer Löhne für die sogenannten Profis sei auch mit einer teureren Armee zu rechnen.

Berufsheer könnte Wirtschaft schaden

Schneider ging vorerst von keinem Modell aus, sondern von der simplen Überlegung, dass beim Entfall der Wehrpflicht 11.000 Grundwehrdiener durch Berufssoldaten ersetzt werden müssten. Gehe man von einem Monatsgehalt von 2700 Euro brutto aus, würde dies Kosten von 321 Millionen Euro pro Jahr verursachen. Dass tatsächlich alle Grundwehrdiener im Fall eines Berufsheeres eins zu eins ersetzt würden, ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Der Kostenersatz für Zivildiener wird laut Schneider wiederum 203 Millionen Euro bringen, wenn man die jungen Männer durch Fachkräfte ersetzen würde.

Auftragsarbeit gegen Wehrpflicht

Aber auch in der SPÖ rüstet man sich mit Studien – allerdings mit solchen, die für ein Berufsheer sprechen: Die Arbeitsmarktexpertin Gudrun Biffl hat schon in der schwarz-blauen Regierung, noch während ihrer Tätigkeit beim Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), in einer Studie nachzuweisen versucht, dass ein Land mit einem Berufsheer wirtschaftlich letztlich günstiger fahre. Jetzt soll Biffl, die nun für die Donauuniversität Krems wissenschaftlich arbeitet, die knapp zehn Jahre alte Studie im Auftrag des Verteidigungsministers aktualisieren.

Ex-Vizekanzler Hannes Androsch hat als treibende Kraft hinter dem Pro-Berufsheerkomitee der SPÖ zuletzt einen deutschen Wissenschaftler eingespannt, der bei einem Pressekonferenzauftritt in Wien mit einer schon älteren Studie aus dem Jahr 2008 einen volkswirtschaftlichen Vorteil des Berufsheers aufzeigen sollte: Demnach gebe es in Ländern mit einem Berufsheer ein größeres Wirtschaftswachstum.

So kritisiert Androsch nun auch die Ergebnisse des Konkurrenzkomitees: Man müsse den wirtschaftlichen Schaden einberechnen, der dem Einzelnen winke, wenn er aus Studium oder Arbeit herausgerissen werde, um einen Zwangsdienst abzuleisten. Internationale Unterstützung kam am Mittwoch von Joe Coelmont, dem ehemaligen belgischen Brigadegeneral und nun Analysten beim Brüsseler Egmont-Institut: Was Europa in Zukunft brauche, sei eine gemeinsame EU-Militärstrategie auf Basis von Berufsheeren.

Und auch die FPÖ bereitet sich auf die Volksbefragung vor: Der traditionelle Neujahrsempfang mit einer Rede von Parteiobmann Heinz-Christian Strache wird am 19.Jänner 2013 in der Pyramide in Vösendorf südlich von Wien über die Bühne gehen. Also sicher nicht zufällig genau einen Tag vor der Volksbefragung. Dafür gibt die FPÖ diesmal sogar den sonst üblichen Sonntagstermin für den Neujahrsempfang auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2012)

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