Berufsheer, die Austro-Version

Edmund Entacher
Edmund Entacher(c) APA HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Auch in Österreich könnte die Wehrpflicht bald Geschichte sein. Der Posten von Berufsheer-Gegner Entacher wurde gestern ausgeschrieben. Auch bei den Zivilbediensteten will Darabos sparen.

Den Posten des entschiedenen Berufsheer-Gegners Edmund Entacher hat Verteidigungsminister Norbert Darabos – neben anderen Spitzenpositionen – gestern ausgeschrieben. Womit das Karriereende des Generalstabschefs besiegelt ist, er geht in Pension.

Ob in Österreich tatsächlich bald die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft und stattdessen ein Berufsheer eingeführt wird, darüber entscheidet die Bevölkerung bei der Volksbefragung am 20. Jänner 2013. Doch was passiert mit dem Heer, sollte sich die Mehrheit tatsächlich für eine Reform des Wehrsystems aussprechen? Dann wird wohl Darabos' Profiheer umgesetzt.

Dieses sieht eine Mobilmachungsstärke von rund 55.000 Personen vor – ebenso wie das jetzige System. Die Zahl ergibt sich aus fünf großen Blöcken: Einen Teil machen die Berufssoldaten aus – davon gibt es im jetzigen System 16.000. Im Profiheer-Modell von Darabos soll ihre Zahl auf 8500 reduziert werden. Man argumentiert unter anderem damit, dass es keine Grundwehrdiener mehr geben wird und dadurch nicht mehr so viele Ausbildner benötigt werden.

Dafür soll die Anzahl der Zeitsoldaten fast verdreifacht werden und 7000 betragen. Sie sollen zwischen drei bis neun Jahre beim Heer bleiben. Danach werden sie – so zumindest der Plan – beim Wiedereinstieg ins „zivile Erwerbsleben“ unterstützt, das Militär würde etwa Ausbildungskosten übernehmen. Im Idealfall bleiben diese Zeitsoldaten auch nach ihrem Dienst der Profimilizerhalten. Diese Miliz ist sozusagen das Herzstück des Darabos-Modells: 9300 Soldaten verpflichten sich, an einer zweiwöchigen Übung im Jahr teilzunehmen – und im Notfall auch für Inlandseinsätze zur Verfügung zu stehen. Den Rest des Jahres arbeiten sie wie gewohnt in ihrem zivilen Beruf weiter. Für ihre Bereitstellung erhalten sie eine Anerkennungsprämie von 5000 Euro, bei einem tatsächlichen Einsatz erhalten sie noch zusätzlich Geld.

Auch bei den Zivilbediensteten will Darabos sparen. In Zukunft sollen sich nur noch 6500 Personen um die Verwaltung kümmern. Das sind rund 2000 weniger als im jetzigen System – die Zahl soll durch natürliche Abgänge und Verlagerungen in andere Ressorts reduziert werden. Und die restlichen Personen, die auf die 55.000 fehlen? Die füllt die beorderte Miliz auf – zumindest auf dem Papier. Denn obwohl es diese Reservetruppe auch jetzt schon gibt, eingesetzt wurde sie noch nie.


Neue Bedrohungen. So will sich Darabos vor allem für die neuen Bedrohungsszenarien im In- und Ausland rüsten – also „gescheiterte“ Staaten, Pandemien oder aber auch Cyberkriminalität. Mit dem Entfall der Wehrpflicht wäre allerdings auch der Zivildienst Geschichte. Dafür legte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) einen Plan B vor: Er will das Freiwillige Sozialjahr einführen, bei dem Männer und Frauen ab 18 Jahren ein Jahr lang für Gesundheits- und Sozialeinrichtungen arbeiten können. Plätze soll es für 8000 Interessierte im Jahr geben, sie erhalten 1386 Euro brutto pro Monat, 14-mal im Jahr. Das Modell soll insgesamt 208 Millionen Euro mehr als der Zivildienst kosten.

Geht es nach Norbert Darabos, könnten sowohl Freiwilliges Sozialjahr als auch Berufsheer im Jahr 2014 starten – allerdings würde die Umstellung bis zu zehn Jahre lang dauern.


Stellungspflicht trotz Berufsheer? Außerdem überlegt man im Verteidigungsressort auch, die Stellungspflicht – trotz Berufsheer – beizubehalten. Männer und auch Frauen könnten so zur Überprüfung und zu einem Gesundheitscheck einberufen werden, gleichzeitig könnte man auf diese Weise bei den jeweiligen Terminen für den freiwilligen Wehrdienst werben. Denn eines ist fix: Bei einem Berufsheer müsste das Militär ein völlig neues System zur Rekrutierung aufbauen.

So weit die Pläne der SPÖ. Der Koalitionspartner, die ÖVP, erteilt hingegen sowohl einem Berufsheer als auch dem Sozialjahr eine Abfuhr. Die Volkspartei hält an der Wehrpflicht fest, möchte aber (zumindest vor der Volksbefragung) kein eigenes Konzept präsentieren. In groben Zügen wurde allerdings die Idee eines „Österreich-Dienstes“ vorgestellt: Junge Männer können sich entscheiden, ob sie den Zivildienst, einen Dienst an der Waffe oder einen Katastrophenschutz-Dienst ableisten. Die beiden Letztgenannten dauern fünf Monate, anschließend werden noch Milizübungen im Ausmaß von einem Monat angehängt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.12.2012)

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