Burgstaller: "Mit Neuwahlen kommen wir nicht aus der Misere"

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SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller hält im Interview mit der "Presse" den Neuwahlantrag der ÖVP für ein durchschaubares Manöver. Den ÖVP-nahen Abteilungsleiter Eduard Paulus verteidigt sie.

Die Presse: Die ÖVP will Neuwahlen, überrascht Sie das?

Gabi Burgstaller: Der Neuwahlantrag passt nicht zu dem, was die ÖVP noch in der Regierungssitzung gesagt hat. Insofern überrascht er mich. Ich halte die Ankündigung für ein durchschaubares Manöver der ÖVP. Es geht um Machterwerb. Mein Interesse ist eine rasche Aufklärung des mutmaßlichen Kriminalfalls. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten. Wir sitzen seit 2004 gemeinsam in der Regierung, wir sind beide getäuscht worden.

Ist eine Zusammenarbeit zwischen ÖVP und SPÖ noch möglich, wenn der Antrag scheitern sollte?

Das hat die ÖVP zu entscheiden, sie hat den Antrag schließlich eingebracht. Wir haben in der Regierungssitzung am Montag gemeinsam festgelegt, dass in einer Sondersitzung am 16. Jänner im Landtag das Budget beschlossen werden soll. Bis dahin soll Klarheit über die Auswirkungen herrschen. Für mich ist es ein Widerspruch in sich, dass die ÖVP am Nachmittag einen Untersuchungsausschuss beantragt und am Abend Neuwahlen will.

Ist ein Untersuchungsausschuss angesichts von Neuwahlen überhaupt machbar?

Einen Untersuchungsausschuss bei gleichzeitigen Neuwahlen einzusetzen grenzt an politische Schizophrenie. Der Ausschuss würde durch die vorzeitige Auflösung des Landtags automatisch beendet werden. Das macht man nur, wenn man etwas vertuschen will. Wir wollen einen Untersuchungsausschuss und volle Transparenz. Nur das garantiert, dass alles aufgeklärt und aufgeräumt wird.

Ist die SPÖ für Neuwahlen gerüstet?

Wir sind immer gerüstet. Aber das ist alles spekulativ, ich will mich damit jetzt nicht befassen. Bis Mitte Jänner muss mit Hochdruck daran gearbeitet werden festzustellen, ob es einen Schaden für das Land gibt und wie man ihn möglichst gering halten kann. Wir haben derzeit eine Destabilisierung der politischen Verhältnisse in Salzburg, wie ich sie mir in meinen schlimmsten Albträumen nicht vorgestellt habe. Mit Neuwahlen kommen wir nicht aus der Misere.

Eine Schlüsselfigur im Finanzskandal ist der Leiter der Finanzabteilung, Eduard Paulus. Haben Sie noch Vertrauen zu ihm?

Ich glaube, er ist genauso enttäuscht und getäuscht worden wie wir. Ob er alle Informationen weitergegeben hat, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Ich erwarte, dass er seine Arbeit ordentlich macht und seinen Ressortchef zeitgerecht informiert.

Wie geht es mit Ihrem Stellvertreter David Brenner weiter?

Er ist beauftragt, seinen Teil der Aufklärungsarbeit zu machen. Er arbeitet mit Hochdruck. Wir wollen das von ihm vorgelegte Konzept einer unabhängigen Expertenkommission, die dem Untersuchungsausschuss des Landtags zuarbeitet, umsetzen. Ich hoffe, dass die ÖVP noch ins Boot zurückkommt. Nur für ein Köpferollen bin ich nicht zu haben. Ich habe David Brenner aber auch gesagt, sollte etwas herauskommen, das seine politische Verantwortung in ein anderes Licht rückt, dann ist die Vertrauensfrage zu stellen. Dafür gibt es derzeit keine Indizien.

Auf einen Blick

Neuwahl in Salzburg. Nach Auffliegen des Finanzskandals kündigte die ÖVP-Spitze für den 16. Jänner einen Neuwahlantrag an. Der reguläre Wahltermin wäre im März 2014. Es sei Zeit für politische Konsequenzen, begründete ÖVP-Chef Wilfried Haslauer seinen Schritt. Für eine einfache Mehrheit benötigt die ÖVP zumindest fünf Abgeordnete anderer Parteien. FPÖ und Grüne werden den entsprechenden Antrag unterstützen, unklar war aber vorerst, ob dies bereits im Jänner passiert.

Finanzskandal. Am Donnerstag voriger Woche war vermeldet geworden, dass eine Mitarbeiterin der Finanzabteilung des Landes jahrelang eigenmächtig riskante Spekulationsgeschäfte mit Steuergeld getätigt sowie Unterschriften und Protokolle gefälscht haben soll. Schaden: 340 Mio. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2012)

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