Finanzskandal: Kanzler attackiert "unanständige" ÖVP

Finanzskandal Kanzler attackiert unanstaendige
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Faymann drängt auf "gläserne" Länderkassen und ein Verfassungsgesetz, das Spekulationen der öffentlichen Hand verbietet. Mit Blick auf den Salzburger Finanzskandal kritisiert er auch Fekters "Troika"-Formulierung.

Ungewöhnlich scharf hat SP-Bundeskanzler Werner Faymann die ÖVP in der Diskussion um den Salzburger Finanzskandal attackiert. Er kritisierte vor allem VP-Finanzministerin Maria Fekter, die eine "Troika" nach Salzburg schicken will. "Jene, die sich unanständig verhalten, werden die Rechnung präsentiert bekommen", sagte Faymann in der ORF-Pressestunde.

Der Kanzler warf der VP-Finanzministerin vor, den Begriff "Troika" bewusst gewählt zu haben, um den Eindruck zu erwecken, dass Salzburg wie Griechenland unter Kuratel gestellt werden müsste.

Der Salzburger Volkspartei unterstellte der SPÖ-Chef, die Affäre auszunutzen, um "politisches Kleingeld" zu wechseln. "Die Salzburger mögen diese Art nicht", so Faymann. Die ÖVP sei in der Affäre ebenfalls in der Verantwortung, denn die Spekulationen hätten unter schwarzer Führung begonnen.

Faymann stärkte gleichzeitig der Salzburger SP-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller den Rücken. Er hoffe sehr, dass sie bei der bevorstehenden Landtagswahl die Salzburger SPÖ anführt, so der Kanzler in der Pressestunde.

Spekulationsverbot mit öffentlichen Geldern

Faymann bekräftigte auch seine Forderung nach strengen Regeln für die Veranlagung von öffentlichen Geldern und einem Spekulationsverbot. Die SPÖ will das in einem Verfassungsgesetz regeln, die ÖVP plädiert dagegen für ein Bundesgesetz und neun Landesgesetze, wie Parteichef Michael Spindelegger am Sonntag in der Tageszeitung "Österreich" sagte.

Weiters verlangte der Kanzler "gläserne Kassen". Es brauche Regeln, die dem Bund Einblicke in die Finanzen der Länder geben. Die Gebietskörperschaften müssten transparent machen, wie sie ihr Geld anlegen und ob es Risikogeschäfte gibt, so Faymann. Konkret kann er sich einen monatlichen Bericht vorstellen. Das sei wichtig für die Bonität des Landes und diese werde vom Bund vertreten, so Faymann.

Der Kanzler zeigte sich dabei aufgeschlossen gegenüber der Forderung von Niederösterreichs VP-Landeshauptmann Erwin Pröll, wonach im Gegenzug die Länder Einblick in die Bundesfinanzen bekommen sollen. Auch der Tiroler VP-Landeshauptmann Günter Platter, der sich zuletzt kritisch geäußert hatte, begrüßte nach Faymanns Auftritt in der Pressestunde "gläserne Kassen auf beiden Ebenen". "Transparenz ist das Gebot der Stunde, weshalb ich Verständnis dafür habe", so Platter.

Höchster Nettobeitrag Österreichs an Brüssel?

Im Streit um das EU-Budget rechnet Faymann damit, dass Österreich im kommenden Jahr 1,2 Milliarden Euro oder 0,36 Prozent des BIP an Brüssel überweisen wird. Es würde sich um den höchsten Nettobeitrag an die Europäische Union seit dem EU-Beitritt handeln.  Fixiert sei das freilich noch nicht, so Faymann. Und: "Wir sind ja Meister des Abholens", so der Kanzler in Anspielung auf die hohen Rückflüsse der vergangenen Jahre.

"Kreisky hat es auch nicht geschadet"

Generell gab sich Faymann betont pro-europäisch. Er setze sich "massiv dafür ein, dass Europa zusammenhält" und dass dort ein "guter Wille" bestehen bleibe. Denn jene, die "dabeibleiben wollen", müssten auch wissen, dass es "so etwas wie Solidarität gibt".

Zur Volksbefragung im Jänner erklärte Faymann, er glaube nicht, dass ihm eine Abstimmung pro Wehrpflicht schaden würde. Bruno Kreisky habe es schließlich auch nicht geschadet. "Direkte Demokratie schadet nicht", aber "so oft wie die Schweizer machen wir es eh nicht", so Faymann.

Aufhorchen ließ Faymann mit der Antwort auf die Frage, ob das rote Regierungsteam unverändert bleibt: "Zur Stunde ja", sagte der Kanzler.

Reaktionen: "Substanzloser Rundumschlag"

Die ÖVP wies Faymanns Kritik in der Diskussion um den Salzburger Finanzskandal scharf zurück. Generalsekretär Hannes Rauch ortete "einen substanzlosen Rundumschlag und Krokodilstränen", die "fehl am Platz" seien.

Die Oppositionsparteien begrüßten indes den Vorschlag, die Kassen der Gebietskörperschaften zu durchleuchten. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache warf Faymann aber vor, den Skandal "schön- und kleinzureden". Nicht gefallen haben Strache auch Faymanns "völlig unkritische EU-Lobhudeleien". Der Kanzler würde sich "mit aller Kraft an den Brüsseler Zentralismus klammern".

Die Klubobfrau der Grünen, Eva Glawischnig, bot den Regierungsparteien den sofortigen Start von Verhandlungen um ein Verfassungsgesetz für ein Spekulationsverbot der Öffentlichen Hand an. "Wenn wir uns rasch an einen Tisch setzen, können Regelungen für ein sauberes und transparentes Gesetz bald stehen." Dass die ÖVP gegen ein Verfassungsgesetz ist, führte die Grünen-Chefin darauf zurück, dass der "heimliche ÖVP-Chef, NÖ-Landeshauptmann Erwin Pröll" wieder einmal Widerstand leiste.

BZÖ ortet "Reformunfähigkeit"

"Reformunfähigkeit" warf BZÖ-Chef Josef Bucher den beiden Regierungsparteien vor. "Faymann hat zu verantworten, dass immer mehr österreichische Souveränität an die EU abgetreten wird, ohne dass die Bevölkerung in einer Volksabstimmung darüber entscheiden kann. Die Österreicher haben genug gezahlt für Griechenland und genug von den Lügen ihrer Regierungspolitiker", so Bucher.

Robert Lugar vom Team-Stronach hielt dem Kanzler vor, "den Spekulanten und Abzockern weiterhin die Mauer zu machen". Faymann präsentiere keine Lösungen, sondern nur Politik-Sprech. Auch Lugar übte Kritik an der EU-Politik des Regierungschefs. Faymann sei am Gängelband der EU-Zentralbürokratie.

(APA)

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