Interne Proteste gegen den Konsenskurs bei der Gesundheitsreform haben den Ärztekammer-Präsidenten Artur Wechselberger zu einem Meinungsumschwung veranlasst. Minister Stöger versuchte zu beruhigen.
Wien/Red. Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) und Hauptverbands-Chef Hans Jörg Schelling reagierten am Montag mit Unverständnis auf die neuerliche Drohung der Ärztekammer: Er sei „irritiert“, sagte Stöger. Schelling sprach von einem „Zickzackkurs“. Die Kritik wiesen beide zurück.
Was war geschehen? Am Freitag hatte sich die Vollversammlung der Ärztekammer entschlossen, ihre Kampagne gegen die Gesundheitsreform zu beenden, zumal es einige Zugeständnisse der Reformverhandler (Bund, Länder und Sozialversicherungen) gegeben habe – unter anderem mehr Kassenärzte. Stöger und Schelling erklärten daraufhin, besagte Maßnahmen seien ohnehin im Reformkonzept vorgesehen. Und stießen damit die Ärzte vor den Kopf: „Überheblich“ und „selbstgefällig“ nannte Präsident Artur Wechselberger am Sonntag den Minister und den Hauptverbands-Chef. Die Proteste würden daher nur bis zur Unterzeichnung der Reformverträge zwischen Bund und Ländern am Mittwoch (19. Dezember) ausgesetzt.
Allerdings war das nicht der einzige Beweggrund. Nach der Ankündigung, den Widerstand zu beenden, soll es auch kammerintern wütende Proteste gegeben haben. Zahlreiche Ärzte machten ihrem Ärger Luft. Außerdem ist die Standesvertretung gespalten. Die Landeskammern in Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark treten dem Vernehmen nach weiterhin für eine harte Linie – sprich: Streiks im Jänner – ein. Diesem Druck dürfte der konsensorientierte Wechselberger schließlich nachgegeben haben.
Am Montag formulierte er eine Bedingung: Die Stärkung des niedergelassenen Bereichs müsse explizit in den Verträgen festgehalten werden, andernfalls würden die Proteste fortgesetzt. Stöger versuchte zu beruhigen: In der Vereinbarung, die am Mittwoch von den Landeshauptleuten unterzeichnet wird, sei ausdrücklich von einer Stärkung der Primärversorgung die Rede: Ziel sei, Leistungen von den Krankenhäusern in Spitalsambulanzen, selbstständige Ambulatorien und Kassenarztpraxen zu verlagern.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2012)