Auf der Suche nach 445 Millionen Euro

Suche nach Millionen Euro
Suche nach Millionen Euro(c) APA NEUMAYR MMV (NEUMAYR MMV)
  • Drucken

Rechnungshof-Chef Moser liest Salzburg die Leviten. Wohnbaubeirat tagt am Samstag. In der Koalition im Bund spitzt sich der Konflikt um ein Spekulationsverbot zu.

Salzburg/Wien. Von vorweihnachtlicher Ruhe ist nach dem Finanzskandal in Salzburg keine Spur – im Gegenteil. Denn im Zuge der Nachforschungen offenbart sich jetzt, dass 445 Millionen von 1,7 Milliarden Euro, die das Land bei der Bundesfinanzierungsagentur ausgeliehen hat, vorerst spurlos verschwunden sind. Bis Donnerstag waren die 445 Millionen jedenfalls nicht auffindbar. „In Salzburg versteht das kein Mensch“, wetterte daher Vizelandeshauptmann ÖVP-Chef Wilfried Haslauer im Gespräch mit der „Presse“. Auf Landesseite wird nun mit einem Neun-Punkte-Programm versucht zu klären, wie es dazu kommen konnte, dass unter Finanzlandesrat David Brenner (SPÖ) durch eine Beamtin bis zu 340 Millionen Euro mit riskanten Finanzgeschäften verspekuliert werden konnten.

Ins Schussfeld wegen des bei der Bundesfinanzierungsagentur aufgenommenen Geldes geriet Wohnbaulandesrat Walter Blachfellner (SPÖ), der sich zu Unrecht im Kreuzfeuer sieht. Denn 1,05 der 1,7 Milliarden wurden zwar unter dem Titel Wohnbau ausgeborgt. Die Gebarung sei über die Finanzabteilung gelaufen, beteuert Blachfellner. Er habe dann vom Land 605 Millionen Euro für Wohnbauzwecke beantragt, sagt er der „Presse“. Es könne nachgewiesen werden, dass diese 605 Millionen Euro für den Wohnbau verwendet wurden. Nun wurde der Wohnbaubeirat für morgen, Samstag, zu einer Sondersitzung einberufen.

Zwischenergebnis bis Ende März

Eine andere Krisensitzung fand schon am Donnerstag statt: Der Präsident des Bundesrechnungshofes, Josef Moser, reiste nach Salzburg. Hauptzweck seiner Visite, wie Moser nach einem „sehr konstruktiven“ Treffen mit Vertretern des Landes der „Presse“ erklärte, war die Koordinierung der Prüfaktivitäten, damit es zu keinen Doppelerhebungen kommt. Fixiert wurde auch, dass der Rechnungshof bis Ende März 2013 ein Zwischenergebnis übermittelt.

Zugleich liest der Rechnungshof-Präsident den Finanzverantwortlichen des Landes die Leviten: Denn er drängte auf eine Umstellung des Rechnungswesen nach dem Vorbild des Bundes und eine zeitgemäßere Buchführung. Darauf hat der Rechnungshof schon bei früheren Kontrollen hingewiesen – offensichtlich ohne Erfolg.

Haslauer wurde in einem anonymen Schreiben aus der Beamtenschaft vorgehalten, er hätte als Vize-Aufsichtsratschef der Salzburger Hypo schon früher über die riskanten Finanzgeschäfte des Landes informiert sein müssen. „Über derartige angebliche Verluste wurde nie berichtet“, versicherte Haslauer. Zudem habe das Land, wie nun bekannt sei, mit 34 Banken Geschäfte gemacht. Er habe sich 2009 aus allen Aufsichtsratsfunktionen zurückgezogen, um sich auf seine Politiktätigkeit zu konzentrieren.

Auf Bundesebene eskaliert zeitgleich der seit Tagen schwelende Konflikt um ein Spekulationsverbot mit Steuergeld, über das sich SPÖ und ÖVP im Grunde einig sind. In welcher Form diese Regelung verankert werden soll, ist jedoch strittig. Die SPÖ pocht – wie auch sämtliche Oppositionsparteien – auf eine eigene Verfassungsregelung, die ÖVP lehnt diese strikt ab und spricht sich für einen 15a-Vertrag zwischen Bund und Ländern aus.

ÖVP-Front mit Spindelegger

Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, traten ÖVP-Chef Michael Spindelegger, Finanzministerin Maria Fekter und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner mit den vier ÖVP-Landeshauptleuten vor die Kameras. Ihr Argument für eine 15a-Vereinbarung: Eine solche sei schneller umsetzbar. Schon im Jänner könnte diese unterzeichnet werden, der Nationalrat tage hingegen erst Ende Jänner. Auch ein weiteres Argument spricht aus Sicht der ÖVP gegen eine Verfassungsregelung: Durch eine solche könnte die Budgetautonomie der Länder gefährdet werden.

Die SPÖ hält dagegen. Finanzstaatssekretär Andreas Schieder warnt: „Eine 15a-Vereinbarung kann jederzeit gekündigt werden.“

Der steirische SPÖ-Landeschef, Franz Voves, hat die Nase vom Streit auf Bundesebene voll. Er will die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Spekulationsverbot verlassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.