Landeshauptmann Platter befahl einst über Polizei und Militär. 2013 kämpft er gegen die Erosion der ÖVP.
Innsbruck. Der Marsch durch die Wüste Gobi hat ihnen allen nicht gutgetan. Nicht nur der blaue Teil der schwarz-blauen Karawane spielt keine politische Rolle mehr, auch die schwarzen Granden aus der Ära Wolfgang Schüssel bekommen keinen Fuß mehr auf den Boden. Eine Politikergeneration steht auf dem Abstellgleis, wenn auch die Remise wie im Fall von Wilhelm Molterer gut geheizt ist (er ist Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank).
Ernst Strasser steht vor Gericht, Ursula Plassnik ist Botschafterin in Paris, Alt-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat sich angesichts der Korruptionsvorwürfe gegen die von ihm geführte Administration aus der Politik verabschiedet. Der Einzige aus einem Schüssel-Kabinett, der über ein wichtiges politisches Amt verfügt, ist Tirols Landeshauptmann Günther Platter. Der 58-jährige Zamser ist seit 2008 Landeschef in Tirol und muss sich 2013, voraussichtlich im April, im Amt behaupten. Nicht leicht. Die ÖVP steht in Umfragen auf einem historischen Tief von unter 40 Prozent Zustimmung, ein Wert, der im schwarzen Kernland dem Spitzenkandidaten den Kopf kosten könnte. Dazu droht neben der Konkurrenz durch ÖVP-Rebell Fritz Dinkhauser und eventuell von Frank Stronach auch noch eine andere Gegnerin: Die beliebte Innsbrucker Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer wird als Unterstützerin oder gar Spitzenkandidatin einer bürgerlichen Namensliste gehandelt.
Platter wird verteidigen müssen. Das hat er gelernt. Seine politische A-Karriere begann 2003 als Verteidigungsminister im Kabinett Schüssel II. Platter fiel nur einmal auf: Als er nach dem Rücktritt des Innenministers Ernst Strasser für zwei Wochen eine Machtfülle innehatte, die man nur von Militärjuntas kennt: Er führte Bundesheer und Polizei. Nach dem Ende von Schwarz-Blau/Orange folgte der gelernte Gendarm Liese Prokop, die zu Silvester 2006 verstarb.
Zu große Schuhe
2008 schloss sich der Kreis. Herwig van Staa, dem Platter 2002 in einer Kampfabstimmung um die Nachfolge von Wendelin Weingartner unterlegen war, musste nach Verlusten bei der Tiroler Wahl 2008 zurücktreten. Doch in seinen vier Jahren als Landeschef waren Platter die Schuhe seiner Vorgänger nicht nur um eine Nummer zu groß. Es ist ihm weder gelungen, die Kontrahenten aus Wirtschaft und Bauernbund hinter sich zu bringen, noch sich in der Bevölkerung großen Rückhalt zu erarbeiten. Eine schwierige Ausgangslage für das Superwahljahr. Aber wie geschaffen für den Mann, der als Einziger einer Karawane nach dem Marsch durch die Wüste übrig geblieben ist.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2012)