Am 3. März wählt das schwarze Kernland seinen Landtag. Es könnte Prölls letzte Wahl sein. Bis zum Sommer hatte es noch so ausgesehen, als ob nichts Pröll auf dem Gipfel seiner Macht stören könnte.
St. Pölten. Erwin Pröll ist fast ein Drittel seines Lebens Landeshauptmann von Niederösterreich. Wenn der Radlbrunner am Heiligen Abend seinen 66. Geburtstag feiert, wird er genau 20 Jahre, zwei Monate und zwei Tage im Amt sein – und das will er bleiben. Am 3.März 2013 wählt Niederösterreich seinen Landtag. Prölls ÖVP geht mit einer absoluten Mehrheit von 54,4 Prozent ins Rennen.
Bis zum Sommer hatte es noch so ausgesehen, als ob nichts Pröll auf dem Gipfel seiner Macht stören könnte: Mit dem Abgang der letzten Schüssel-Loyalisten in der Bundes-ÖVP nach der Wahlniederlage 2008 verschwanden Prölls innerparteiliche Gegner – zuerst machte Pröll seinen Neffen Josef, nach dessen Abtritt den ehemaligen Landesbeamten Michael Spindelegger zum Parteichef. Auch im Bundesland gab es – der straffen Organisation der Volkspartei im weiten Land wegen – keine relevanten Gegner, die die Absolute hätten gefährden können.
Problemflut im Herbst
Der Herbst aber brachte gleich drei Themen, die Prölls Absolute nun doch ins Wanken bringen könnten. Zuerst traf die Ausweitung der Wiener Kurzparkzonen Niederösterreich und seine vielen Pendler weitgehend unvorbereitet. Dann verkündete Frank Stronach (für den Pröll wegen eines gescheiterten Projekts „der größte Schmähtandler“ ist) unter kräftiger Unterstützung ehemaligen ÖVP-Jungadels wie Karin Prokop, auch in Niederösterreich mit seiner neuen Partei antreten zu wollen. Und zuletzt brachten die Verluste des Landes Salzburg ein Thema wieder an die Öffentlichkeit, das die Niederösterreicher schon 2008 ad acta zu legen gehofft hatten: die Spekulation mit öffentlichem Geld.
Denn das Finanzthema ist der wunde Punkt von Prölls Niederösterreich – dessen Bilanz sich in anderen Belangen wie Infrastruktur, Kultur oder Sozialleistungen durchaus sehen lassen kann: nicht nur, dass das Land bei der Veranlagung vorzeitig verkaufter Wohnbaudarlehen weit nicht so erfolgreich war wie ursprünglich angepeilt – wodurch unterm Strich langfristig Millionenverluste drohen. Parallel gibt Niederösterreich seit Jahren mehr aus als es einnimmt (seit 2011 kaschiert man das, indem Finanzvermögen aufgelöst wird, um ein „Nulldefizit“ zu simulieren). Der Effekt: Das Land steht heute mit mehr als dreimal so hohen Finanzschulden (rund 3,45 Milliarden Euro) da wie bei Prölls Amtsantritt. Ein „strukturelles“ Nulldefizit ist erst 2016 vorgesehen.
Dass diese Themen damit zu tun haben könnten, dass Pröll die Landtagswahl am frühesten in Betracht gezogenen Termin angesetzt hat, bestreitet die Volkspartei natürlich vehement. Nicht zuletzt, weil Pröll wohl auch ohne Absolute – etwa mit Unterstützung der Grünen oder Stronachs – Landeshauptmann bleiben dürfte. Trotzdem – 2018 wäre er 71 – wird es wohl Erwin Prölls letzte Wahl in Niederösterreich sein; ein Gedanke, der so manchem ÖVP-Funktionär mehr Angst macht als Parkpickerl, Stronach und Finanzen zusammen. Denn ein Nachfolger von ähnlichem Format ist derzeit nirgendwo in Sicht.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2012)