Salzburger Finanzskandal: 600 Aktenordner beschlagnahmt

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Die Aufarbeitung der 340 Millionen teuren Finanzaffäre wird für den scheidenden Salzburger Finanzlandesrat David Brenner zum Wettlauf mit der Zeit, wie auch eine Einschätzung des Rechnungshofs zeigt.

Salzburg/Wien. Für unzählige Bankmitarbeiter entfällt der Weihnachtsurlaub dieses Jahr. Kurz vor Weihnachten trudelte bei 34 Bankhäusern ein Schreiben der Salzburger Landesregierung ein. Unterschrieben vom Leiter der Finanzabteilung Eduard Paulus. Der oberste Finanzbeamte des Landes ersucht die Institute darin, bis 14. Jänner einen detaillierten Bericht über sämtliche Bankgeschäfte des Jahres 2012 mit dem Land Salzburg abzuliefern.

Im Gespräch mit der „Presse“ bestätigte Paulus am Freitag diese Vorgehensweise. „Es war der Wunsch des Bundesrechnungshofes, dem wir gerne nachgekommen sind“, sagte Paulus, der frühere Vorgesetzte von Monika R., die angeblich 340 Millionen Euro bei riskanten Finanzgeschäften verspekuliert haben soll. Die Angabe über die horrende Summe stammt von der 41-jährigen Innviertlerin selbst. So hoch bezeichnete sie die Buchverluste. Ob diese Zahl den Tatsachen entspricht, will der scheidende SPÖ-Finanzlandesrat David Brenner bis 23. Jänner geklärt haben. Ein schier aussichtsloses Unterfangen, konstatieren Experten.

Tausende Transaktionen

„Alle unterschätzen die Zahl der Geschäfte“, sagt einer dieser Fachleute. Allein die von Monika R. getätigten Devisentermingeschäfte werden alle zwei bis drei Monate neu abgeschlossen. Es handle sich also vermutlich um hunderte, wenn nicht tausende Einzelgeschäfte. Und das auch nur im Jahr 2012. Dass Brenner am Tag seines Rücktritts alle Unterlagen auf den Tisch legen kann, scheint fast ein Ding der Unmöglichkeit. Wie prekär Brenners Wettlauf gegen die Zeit ist, zeigt die Einschätzung des Rechnungshofs. Dieser will seinen Prüfbericht zum Salzburger Finanzskandal bis Mai nächsten Jahres vorlegen. Selbst diesen Termin erachten Experten noch immer als sehr ambitioniert.

Es ist schon für die Banken eine große Herausforderung, alle Geschäfte bis 14. Jänner aufzulisten. Dann bleiben Brenners Experten gerade einmal neun Tage, um die Massen an Informationen aufzuarbeiten. Was erschwerend hinzukommt: Bis zum 14. Jänner scheinen dem Land Salzburg mehr oder weniger die Hände gebunden zu sein. „Wir sind auf die Hilfe der Banken angewiesen. Unsere 600 Aktenordner über die Finanzgeschäfte wurden ja von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt und nach Wien abtransportiert“, sagte Paulus auf Anfrage der „Presse“.

Am Freitag präsentierte SP-Finanzlandesrat Brenner Sitzungsprotokolle des Finanzbeirates, die Monika R. gefälscht haben soll. Die frühere Referatsleiterin soll laut Brenner 19 Sitzungsprotokolle manipuliert haben. Und zwar im Zeitraum von Februar 2009 bis Jänner 2011. „Das entspricht etwa dem Zeitpunkt, an dem der Bundesrechnungshof die Finanzgeschäfte des Landes zu prüfen begann“, sagte Brenner.

Mitte Dezember, eineinhalb Wochen nachdem der Skandal publik geworden war, hat Brenner seinen Rücktritt angekündigt. Bis zur Landtagssitzung am 23. Jänner ist er im Amt. Die Unterlagen, die er vorgelegt hat, sollen wieder untermauern, dass der Skandal auf die Tat einer Einzelperson zurückzuführen ist, die mit großer krimineller Energie Vorgesetzte, Politiker und den Rechnungshof hinters Licht geführt hat. Damit tritt Brenner auch Anwalt Herbert Hübel entgegen. Er vertritt die Beschuldigte, weist alle Vorwürfe gegen seine Mandantin zurück und meint, diese habe nur ausgeführt, was man ihr aufgetragen habe. Er bekämpft auch die fristlose Entlassung von Monika R.

Am Freitag präsentierte Brenner ein Protokoll zur Sitzung des Finanzbeirates vom 15. April 2009. Darin wird empfohlen, „keine zusätzlichen Neugeschäfte abzuschließen, da die Märkte immer noch sehr volatil und instabil sind“. Im von Monika R. geänderten Protokoll heißt es, „Neugeschäfte vorerst nur zur Reduktion von Risiken abzuschließen“.

Brenner zieht ein weiteres „Beweisstück“ hervor. Es datiert vom 22. Jänner 2008. „Mit Blick auf die zuletzt abgeschlossenen Geschäfte droht bei bereits zwei weiteren Geschäften eine Limitüberschreitung“, lautet ein Satz. Und ein weiterer: „Von den Mitgliedern wird einhellig festgehalten, dass sämtliche Limits einzuhalten und Maßnahmen zu ergreifen sind, die die Einhaltung der Limits sicherstellen.“ Beide Sätze finden sich in der nachträglich korrigierten Fassung nicht mehr, betont Brenner. Da heißt es plötzlich: „Alle Limits sind eingehalten. Der Finanzbeirat begrüßt die seitens des Landes vorgenommenen Risikoreduzierungen.“

Die Unterlagen seien bereits dem Rechnungshof und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft übermittelt worden, sagte Brenner am Freitag.

Auf einen Blick

Das Land Salzburg ist bei der Aufarbeitung des Finanzskandals auf die Hilfe der Banken angewiesen. In einem Brief werden die Institute aufgefordert, bis 14.Jänner alle Unterlagen über die Finanztransaktionen zu übermitteln. Die 600 Aktenordner, die das Land über die Finanzgeschäfte angelegt hatte, wurden von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt und nach Wien abtransportiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2012)

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