Salzburg: 445 Millionen Euro sind wieder aufgetaucht

Gabi Burgstaller
Gabi Burgstaller (c) Dapd (Kerstin Joensson)
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Die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller entzieht zwei Spitzenbeamten ihr Vertrauen und legt ein Maßnahmenpaket gegen künftige Spekulationen vor.

Salzburg. Die Zeit der Schockstarre angesichts eines riesigen Spekulationsskandals in der landeseigenen Finanzabteilung ist für Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller vorbei. Und sie hat zum Jahresbeginn eine vorsichtig positive Nachricht: Jene hektisch gesuchten 445 Millionen Euro, die Salzburg im Namen des Wohnbaufonds beim Bund ausgeborgt hat, sind nicht verschwunden, sondern finden sich als Wertpapiere im Depot des Landes.

Die Mitarbeiterin der Finanzabteilung, für die die Unschuldsvermutung gelte, dürfte im Namen des Wohnbaufonds Kredite bei der Bundesfinanzierungsagentur aufgenommen und für Wertpapierankäufe verwendet haben, berichtete Burgstaller am Mittwoch. Immerhin sitzt das Land Salzburg nach bisherigem Wissensstand auf einem Wertpapierberg mit einem Nominale von 1,2 Milliarden Euro. Ob die Papiere ihr Geld wert oder nur Ramsch sind, soll bis zum 16.Jänner geklärt sein.

Das Land hat für den Wohnbaufonds bei der Bundesfinanzierungsagentur Kredite in der Höhe von 1,05 Milliarden Euro aufgenommen. Im Fonds selbst kamen aber nur 605 Millionen an. Über den Verbleib des Rests herrschte in den vergangenen Wochen Rätselraten. Bis endgültig Klarheit darüber besteht, was in der Finanzabteilung in den vergangenen zehn Jahren passiert ist, könnten bis zu zwei Jahre vergehen, sagte Burgstaller. Sie will einen unabhängigen Experten gewinnen, der weisungsfrei die Aufklärungsarbeit vorantreibt.

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Paulus in Ungnade gefallen

Wer für diese Position infrage kommt, wollte sie noch nicht sagen. Eduard Paulus, der derzeitige Leiter der Finanzabteilung, wird es jedenfalls nicht sein. Sie habe kein Vertrauen mehr zu ihm, sagte Burgstaller. Auch ein anderer, der ÖVP zuzurechnender Beamter ist in Ungnade gefallen: Landesamtsdirektor Christian Marckhgott habe zu wenig getan, um nach dem Finanzskandal die Aufklärung voranzutreiben und die Struktur in der Abteilung zu verbessern.

Die Kritik der Grünen an Harald Kutschera, einem ehemaligen Mitarbeiter der Deutschen Bank, der seit 1.Oktober in der Finanzabteilung federführend bei der Aufklärung mitwirkt, versteht Burgstaller: „Die Optik ist keine sehr gute.“ Aber sie habe den Eindruck, dass Kutschera viel und gut arbeite. „Es braucht sicher jemanden, der sein Handeln auch entsprechend kontrolliert und beurteilen kann.“ Hofrat Paulus sei dazu nicht in der Lage.

Die SPÖ-Politikerin legte am Mittwoch einen Sechs-Punkte-Plan vor, um künftig zu verhindern, dass Steuergelder in risikoreiche Finanzgeschäfte fließen. Sie will ein Spekulationsverbot in der Verfassung. Sollte sich der Bund dazu nicht durchringen, will Burgstaller dies im Weg einer 15a-Vereinbarung der Länder oder über die Landesverfassung machen. Ihr Modell: Risikogeschäfte sollen verboten werden, und darauf aufbauend soll eine Positivliste genau definieren, welche Art von Geschäften dem Land erlaubt sind.

Ihr Maßnahmenpaket will Burgstaller nächste Woche mit dem Koalitionspartner besprechen. Enttäuscht ist sie von ÖVP-Chef Wilfried Haslauer, der im „Presse“-Interview eine künftige Koalition mit einer von Burgstaller geführten SPÖ ausgeschlossen hat. „Das demaskiert unglaublich. Der ÖVP geht es nicht darum, Schaden vom Land abzuhalten, sondern nur darum, den Landeshauptmann zu stellen.“

Ihre eigene Zukunft ließ Burgstaller offen. Ob sie selbst wieder antrete, werde sie in den kommenden Wochen entscheiden: „In so einer Situation kommen die eigenen Interessen ganz zum Schluss. Es zählt die Frage: Was tut dem Land jetzt am besten?“

Auf einen Blick

445 Millionen Euro Wohnbaufördergelder sind gefunden: Das Land Salzburg hat die Mittel bei der Bundesfinanzierungsagentur aufgenommen und in Wertpapiere angelegt. Landeshauptfrau Gabi Burgstaller legte am Mittwoch ein Maßnahmenpaket gegen künftige Spekulationen mit öffentlichen Mitteln vor: Risikogeschäfte sollen den Ländern per Verfassungsgesetz verboten werden. Eine Positivliste soll explizit anführen, welche Geschäfte erlaubt sind.

Kein Vertrauen mehr hat Burgstaller in zwei ihrer Spitzenbeamten: in den Leiter der Finanzabteilung, Eduard Paulus, und in Landesamtsdirektor Christian Marckhgott. Beide werden der ÖVP zugerechnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2013)

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