Salzburger Finanzskandal: Schlamperei bei Klärung

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Noch immer gibt es keine genauen Zahlen, wie viel Geld bei den Spekulationen in Salzburg verloren wurde und was mit 597 Mio. Euro passiert ist. Einer der Gründe: Beschlagnahmte Akten wurden unvollständig kopiert.

Salzburg. Die Zeit ist knapp: Nächste Woche soll sich der Budgetausschuss des Salzburger Landtags mit dem Voranschlag für den Haushalt 2013 befassen. Doch wie es um die Salzburger Finanzen bestellt ist, kann niemand sagen.

Weder auf die Frage, wofür die zur Finanzierung des Landeswohnbaufonds vorgesehene Milliarde der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) tatsächlich verwendet wurde noch auf jene nach der Höhe von Verlusten mit Spekulationsgeschäften, gibt es Antworten. „Es gibt noch immer keine Information, wo das Loch der Darlehen der Bundesfinanzierungsagentur zu finden ist“, sagte VP-Chef Wilfried Haslauer nach der Sitzung der Landesregierung verärgert: „Der Verbleib von 597 Millionen Euro der ÖBFA ist nach wie vor ungeklärt.“ Noch-Finanzreferent David Brenner (SPÖ) vertröstete seine Kollegen auf nächste Woche. Bis 16. Jänner soll klar sein, welche Risken in den Landesfinanzen schlummern und welchen Sprengstoff sie für das heurige und für künftige Budgets bergen. 34 Banken sollen dem Land bis dahin sämtliche Finanzgeschäfte auflisten. Noch ist nicht einmal klar, ob dies alle Institute sind, bei denen mit Steuergeld spekuliert worden ist.

Die Stimmung zwischen den Koalitionspartnern ÖVP und SPÖ war am Montag frostig. Diskutiert wurden ein Zwischenbericht zur Aufarbeitung der Finanzaffäre sowie das von Burgstaller vorgeschlagene Spekulationsverbot. Die ÖVP ist grundsätzlich für ein Verbot und für eine Umstellung der Buchhaltung.

Der vierseitige Zwischenbericht über die Aufarbeitung des Finanzskandals, der noch vom mittlerweile suspendierten Leiter der Abteilung, Hofrat Eduard Paulus, unterschrieben worden ist, listet Maßnahmen auf, die seit dem 6.Dezember 2012 gesetzt wurden. An diesem Tag hat Finanzreferent David Brenner (SPÖ) bekannt gegeben, dass Monika R., mittlerweile entlassene Mitarbeiterin der Finanzabteilung, eigenmächtig über Jahre nicht genehmigte Spekulationsgeschäfte getätigt habe und ein Verlust von 340 Millionen Euro drohe.

Es fehlen Kopien von Akten

Laut Zwischenbericht weist das Derivatportfolio des Landes nun eine Bewertung von 150 Millionen Euro plus auf. Aussagekraft haben diese Zahlen wenig. Die Verluste könnten anderswo versteckt sein, etwa in den 1,3 Milliarden Euro, die das Land an Wertpapieren hält. Und selbst wenn alle Derivativgeschäfte auf dem Tisch liegen, ist noch lang nicht gesagt, „dass man diese mir nichts, dir nichts beenden kann“, sagen Finanzexperten auf Anfrage der „Presse“.

Widersprüchlich bleibt die Verwendung der Wohnbaugelder. Immerhin geht es dabei um 51 Darlehen, die eine Summe von 1,83 Milliarden Euro ergeben – abgeschlossen zwischen dem 5. September 2003 und dem 13. April 2012. Was damit getan wurde, lässt sich vorerst nicht nachvollziehen. Grund: Die Mitarbeiter in der Finanzabteilung haben die 600 Akten, die von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt wurden, nicht vollständig kopiert. Eine Schlamperei mehr in diesem Skandal.

Laut Rechnungsabschluss 2011 waren noch 1,675 Milliarden Euro an ÖBFA-Darlehen offen. Im Wohnbauförderungsfonds sollen 540,62 Millionen Euro an ÖBFA-Mitteln liegen, weitere 537,39 Millionen entfallen auf das Land. „Mit dem verbleibenden Rest von 596,98 Millionen Euro wurden offensichtlich Veranlagungen getätigt“, heißt es in dem Zwischenbericht. Das weist Monika R. über ihren Anwalt Herbert Hübel zurück. „Von den ÖBFA-Darlehen ist kein einziger Cent verspekuliert worden“, sagte Hübel zur „Presse“.

Zur Erinnerung: Im Oktober 2012 ist entdeckt worden, dass es neben dem offiziellen Portfolio mit 49 Derivaten, deren Wertentwicklung monatlich von der Deutschen Bank Frankfurt überprüft wurde, auch ein inoffizielles Portfolio mit 259 Positionen gegeben hatte.

Ab heute (Dienstag) werden Mitarbeiter des Bundesrechnungshofes in Salzburg Quartier beziehen. Sie sollen bis Ende März einen Bericht vorlegen. Am 23. Jänner wird Landesrat Brenner zurücktreten, die ÖVP wird Neuwahlen beantragen. Gewählt wird im Mai.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2013)

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