Mensdorff atmet auf: Kronzeuge schwächt Aussage ab

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Fortsetzung der Verhandlung gegen Alfons Mensdorff-Pouilly: Jener Brite, der die Anklage stützt, wies Erinnerungslücken auf und schwächte seine vor der britischen Anti-Betrugsbehörde gemachten Angaben stark ab.

Wien. Viel war im Vorfeld über die Aussage eines gewissen Mark Cliff spekuliert worden. Der 55-jährige Brite galt als wichtigster Zeuge der Anklage. Als Kronzeuge. Würde also dieser Mark Cliff, ein international tätiger Finanz- und Unternehmensberater, seinen Branchenkollegen Alfons Mensdorff-Pouilly (59) belasten?

Am Dienstag waren sehr bald alle Spekulationen hinfällig: Der per Videokonferenz einvernommene Zeuge Cliff schwächte seine vor der britischen Anti-Betrugsbehörde SFO (Serious Fraud Office) gemachten Angaben stark ab. Und „Graf Ali“, wie manche Vertraute den Beschuldigten, den Ehemann von Ex-ÖVP-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat, nennen – der durfte aufatmen.

Zur Erinnerung: Mensdorff hat Geldwäscherei im Zusammenhang mit Geschäften der Rüstungsfirma British Aerospace (BAE Systems) zu verantworten. Er soll zwischen 2000 und 2008 Teil eines verdeckten Netzwerks gewesen sein, das unter anderem mittels Bestechung in Zentral- und Osteuropa diverse Waffendeals angebahnt haben soll. Mensdorff bestreitet dies.
Zu oft verwendete nun der britische Zeuge Sätze, die man in Österreich noch aus dem Korruptions-U-Ausschuss kennt: „Ich kann mich an Details nicht mehr erinnern.“ Oder: „Ich verweise auf meine Aussage vor dem SFO.“

Dabei hatte alles wie geplant begonnen: Auf dem Wege der sogenannten Rechtshilfe hatte sich Cliff im Hastings Magistrates Court in der englischen Grafschaft East Sussex eingefunden, wo er sich unter sorgsamer Aufsicht britischer Richter den Fragen des Wiener Prozessleiters Stefan Apostol stellte. Von kleineren technischen Aussetzern abgesehen, funktionierte die Schaltung nach England gut: Auf einem Bildschirm und einer zusätzlich aufgestellten Großbildleinwand flimmerten die Szenen aus Hastings direkt in den Großen Schwurgerichtssaal. Ebendort hatten an der Seite des Richters gleich zwei Dolmetscherinnen Positionen bezogen.

Bestechung? „Nicht sicher!“

Cliff hatte sich als Vermögensverwalter des 2007 an Krebs verstorbenen BAE-Mitarbeiters Timothy Landon betätigt. Landon wiederum gilt als Mentor von Mensdorff-Pouilly. Er war es, der den „Grafen“ bei BAE Systems eingeführt hatte. Vor dem SFO hatte Cliff ausführlich von dubiosen Machenschaften bei BAE Systems berichtet. Die Ermittlungen in Großbritannien wurden jedoch eingestellt, da sich BAE im Jahr 2010 zu Bußzahlungen von 326 Millionen Euro bereit erklärt hatte. Eine Vereinbarung, die Cliff mit dem SFO geschlossen hat, sieht jedoch dessen Kooperation mit Behörden außerhalb von Großbritannien vor. Vor diesem Hintergrund wartete man nun in Wien auf die Aussage.

Doch Cliff wollte nun etwa nicht bestätigen, wonach die auf den Britischen Jungferninseln errichtete Firma Foxbury für BAE Systems ein „Weg gewesen sei, Gelder an den Grafen zu leiten“.

Vor dem SFO hatte Cliff noch von „Drittparteizahlungen“ gesprochen, die Mensdorff getätigt haben soll. Auch den Ausdruck „Bestechungsgelder“, den der Zeuge verwendet hatte, wollte dieser nun nicht mehr gebrauchen: „Ich kann nicht sicher sein, ob es sich um Bestechungsgelder handelte. Das war eine Antwort auf eine Frage des SFO.“ Richter Apostol: „Wären Sie von sich aus auf die Idee gekommen?“ Antwort: „Nein, ich habe mich nicht damit beschäftigt.“ Sodann erklärte Cliff: „Es ist nicht so, dass ich nicht helfen möchte. Aber mein Gedächtnis ist nicht so gut wie damals.“

Zum SFO hatte der Zeuge gesagt, Mensdorff sei dabei gewesen, als im Oktober 2001 bei BAE über „Drittparteizahlungen“ diskutiert wurde, wobei sich die BAE-Manager dabei auf „liberale Zahlungen“ und eine Verschleierungstaktik der Geldflüsse geeinigt haben sollen.

Urteilsverkündung am 17. Jänner

Nur in einem Punkt belastete der Zeuge Mensdorff: Cliff „glaubt“ nun, dass die Briefkastenfirma Brodmann Business SA dem Beschuldigten Mensdorff zuzurechnen sei. Seines Wissens sei dies „Alis Firma“ gewesen. „Aber ich kann nicht sicher sein.“

Via Brodmann sollen 12,6 Millionen Euro geflossen sein. Das Geld soll BAE Mensdorff zwecks Einflussnahmen auf Beschaffungsvorgänge zur Verfügung gestellt haben. Mensdorff selbst will bei Brodmann nur Treuhänder für Landon gewesen sein. Nächster Verhandlungstag: 16. Jänner, Urteilsverkündung voraussichtlich am 17. Jänner.

Auf einen Blick

Geldwäscherei und Falschaussage wirft der Wiener Staatsanwalt Michael Radasztics dem Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly vor. Dabei geht es um das Weiterreichen mutmaßlicher Schmiergeldzahlungen im Auftrag der britischen Rüstungsfirma BAE Systems. Neben Mensdorff auf der Anklagebank sitzt dessen „Geldbote“ Kurt D. Auch ihm wird Geldwäscherei angelastet. Allerdings schwächte ein als Kronzeuge gehandelter Brite seine Aussagen am Dienstag stark ab. Damit scheint das Fundament der Anklage zu wackeln. Urteile am 17. Jänner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2013)

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