Finanzskandal: Brenner außer Protokoll informiert?

Brenner ausser Protokoll informiert
Brenner ausser Protokoll informiert(c) Dapd (Andreas Schaad)
  • Drucken

Unterlagen zeigen, dass Salzburgs Finanzlandesrat über Risikopapiere schon 2011 informiert wurde. Für 2013 und 2014 werden trotz Ausstiegs noch Verluste erwartet.

Salzburg/Wien. Führten die Spekulationsgeschäfte des Landes Salzburg zu einem positiven Buchwert von 74 Millionen oder steht das Portfolio 103 Millionen Euro unter Wasser? Während über das Ergebnis des am Mittwoch präsentierten Prüfberichts weiterhin diskutiert wird, belasten neue Unterlagen, die der „Presse“ zugespielt wurden, den scheidenden SPÖ-Finanzlandesrat und Vizelandeshauptmann David Brenner schwer. Er präsentiert sich nun als Aufdecker und wird am 23. Jänner sein Amt abgeben. Die vorliegenden Unterlagen deuten darauf hin, dass Brenner über Spekulationsverluste vor über einem Jahr unterrichtet wurde. Und zwar in einer Sitzung, die offiziell nicht stattgefunden hat.

In einem mit 20. Dezember 2011 datierten „Ergebnisprotokoll“ wird festgehalten, dass es am 20.September 2011 eine Sitzung betreffend das Finanzportfolio des Landes Salzburg gegeben hat. Dazu war von der Finanzabteilung aber „kein Protokoll“ ausgefertigt worden.

Interessant ist die Begründung, weil die Besprechung „nur der Information von Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. Brenner diente und in der Vorbesprechung zur Diskussion der weiteren Vorgangsweise weder Hofrat Dr. Paulus (der zuletzt suspendierte Leiter der Salzburger Finanzabteilung, Anm.) noch Herr Greiner (einer der beiden in der Vorwoche zurückgetretenen externen Berater, Anm.) anwesend waren“. Auf Anfrage der „Presse“, hieß es im Büro Brenner: Es habe sich im September 2011 nicht um ein offizielles Treffen des Finanzbeirates gehandelt, sondern nur mit einem Mitglied des Beirates. Man könne aber ein Protokoll darüber jederzeit nachreichen.

Kündigung schafft Probleme

Ein weiteres Schriftstück (es liegt der „Presse“ vor) belegt, dass mit einiger Sicherheit weitere Abgänge aus den Risikogeschäften bevorstehen, die sich durch den vorzeitigen Ausstieg ergeben. Im Protokoll vom 20. August 2012 wird festgehalten: „In den Jahren 2013 und 2014 wird es aufgrund von Kündigungen von bestehenden Swaps ... voraussichtlich negative Cashflows geben, die durch Einnahmen aus den ,Risikolosen Positionen‘ nicht zur Gänze ausgeglichen werden können.“

Der Ausstieg kann Salzburg noch teuer zu stehen kommen, das schließen auch Experten nicht aus. Ein ambitioniertes Portfolio mit erheblichen Risiken, nur für ganz wenige Profis, aber auf keinen Fall für Gebietskörperschaften geeignet: So bringt Willi Hemetsberger, Geschäftsführer der Inthuba Capital AG, die Finanzgeschäfte auf den Punkt. Inthuba hat die Depots des Landes durchleuchtet. Hemetsberger betonte, dass die 74 Millionen Euro, die sich nun als Überschuss ergeben, nur eine Momentaufnahme sind. Das kann sich ändern: Wenn die Zinsen nur um 0,01 Prozentpunkte steigen oder fallen, führt das zu einem Plus oder Minus von 600.000 Euro.

Ähnlich unberechenbar sind Verluste oder Gewinne bei Veränderung des Währungs- oder Emittentenrisikos. Ein Satz aus dem Bericht: „Wenn heute die Kreditspreads von Juni 2012 für die Bewertung herangezogen werden würden, wäre der Barwert der Wertpapiere um rund 63,5 Millionen Euro niedriger.“

„Die Streiterei um Zahlen bringt uns nicht weiter“, sagte ÖVP-Chef Wilfried Haslauer, der wie die Bundesfinanzierungsagentur den Saldo der Finanzgeschäfte Ende 2012 bei 103 Millionen Euro im Minus vermutet.

Am Mittwoch soll der Landtag den Haushalt 2013 genehmigen. Der Schuldenstand des Landes klettert durch die neu aufgetauchten Darlehen auf 3,5 Mrd. Euro. Offiziell war früher von 776 Millionen Euro an Schulden die Rede.

Für die Grünen ist es ein „Totalschaden, kein blaues Auge“. Abgeordnete Astrid Rössler geht davon aus, die gesamte Regierung, auch die ÖVP, müsse davon gewusst haben. Sie fordert den Vorsitz im Untersuchungsausschuss ab 30. Jänner für die Grünen.

Herbert Hübel, Anwalt der entlassenen Referatsleiterin Monika R., die die Geschäfte im Alleingang getätigt haben soll, konterte: „Es ist denkunmöglich, dass 1,8 Milliarden Euro an Krediten aufgenommen worden sind, ohne dass Burgstaller oder Brenner davon gewusst haben.“ Monika R. wurde am Donnerstag von der Korruptionsstaatsanwaltschaft befragt.

Auf einen Blick

Salzburger Finanzaffäre. Der von Finanzlandesrat David Brenner (Bild) vorgelegte Prüfbericht zu den Finanzgeschäften des Landes, der ein Plus von 74 Millionen Euro ausweist, heizt die Debatte zusätzlich an. Experten schließen mögliche weitere Verluste nicht aus. Aus einem Finanzprotokoll geht ebenfalls hervor, dass 2013 und 2014 wegen des Ausstiegs aus dem Risikogeschäft voraussichtlich mit negativen finanziellen Folgen zu rechnen sei. [DAPD ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Salzburg Referatsleiterin benoetigte keine
Politik

Salzburg: Referatsleiterin benötigte keine Vollmacht

Die entlassene Referatsleiterin hatte 2003 eine Vollmacht erhalten, um Finanzgeschäfte für das Land zu tätigen. Laut einem Rechtsgutachten hätte sie diese aber gar nicht gebraucht.
LANDTAGSSONDERSITZUNG ZUM  SALZBURGER FINANZSKANDAL: BURGSTALLER
Innenpolitik

Burgstaller: "Keine Koalition mit ÖVP unter Haslauer"

ÖVP-Landesparteichef Haslauer habe Salzburg "im Stich gelassen", sagt Landeshauptfrau Burgstaller. Offen lässt Burgstaller, ob sie als SPÖ-Spitzenkandidatin in die vorgezogenen Landtagswahlen geht.
Innenpolitik

Monika Rathgeber: „Ich wurde komplett vernichtet“

Monika Rathgeber klagt an. Die Frau, die hochriskante Spekulationsgeschäfte getätigt hat, weist Vorwürfe zurück und belastet frühere Vorgesetzte. Emotional wird sie, wenn es um die Aufarbeitung der Affäre geht.
Aktuelle Stunde zum Finanzskandal im Salzburger Landtag
Innenpolitik

Salzburger ÖVP schließt Eduard Paulus aus

Der suspendierten Leiter der Finanzabteilung muss wegen schädigendem Verhalten gehen.
Innenpolitik

Dichter Nebel um die Länderfinanzen

Finanzministerin Fekter könnte Transparenz für Länderfinanzen einfach verordnen. Man hat sich aber schon vor Jahrzehnten darauf geeinigt, das Problem per Versagerkommission zu Tode administrieren zu lassen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.