Platters ÖVP sollte sich nicht zu früh freuen

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Nach seinem Abschied aus der Politik ist Dinkhausers Erbe heiß begehrt. Ein beträchtliches Wählerpotenzial ist auf der Suche nach Alternativen. Die Grünen buhlen sogar um eine offizielle Wahlempfehlung.

Am Ende hat ihm seine Gesundheit einen Strich durch die Rechnung gemacht. Seine Gesundheit und die Angst vor dem drohenden Absturz bei den Ende April stattfindenden Tiroler Landtagswahlen – nach vier Oppositionsjahren, in denen sich bei dem bald 73-Jährigen Resignation breitgemacht und in denen er viel von seiner einstigen Strahlkraft verloren hat.

Am Dienstag zog Fritz Dinkhauser schließlich die Reißleine und gab in einer emotionalen Rede seinen Abschied aus der Politik bekannt. Gleichzeitig deutete er die Auflösung seiner Liste Fritz an.

Damit werden die Karten in der Tiroler Politlandschaft neu gemischt. Das Erbe Dinkhausers ist heiß begehrt, erreichte er doch bei den letzten Wahlen 2008 sensationelle 18,4Prozent – ein beträchtliches Wählerpotenzial, das sich nun nach politischen Alternativen umsieht und dessen logisches Auffangbecken nur teilweise das bürgerliche Lager ist. Dessen ist sich offensichtlich auch die ÖVP bewusst. Denn wohl ahnend, dass die Wähler ihres Dissidenten nicht geschlossen zu ihr abwandern werden, fiel die Freude von Landeshauptmann Günther Platter äußert verhalten aus – in einer kurzen Aussendung nahm er Dinkhausers Entscheidung „zur Kenntnis“. Kein Angebot an seine Wähler, keine Ansätze von Versöhnung.

Denn Platter weiß, dass Dinkhauser angesichts seiner ÖVP-Vergangenheit der wohl wichtigste Mobilisierungsfaktor war, um seine Funktionäre hinter sich zu scharen. Zudem kommt ihm das Feindbild schlechthin abhanden, um den Wahlkampf auf ein Duell zwischen sich und ihm zu konzentrieren. Wie 2008, als Herwig van Staa und Dinkhauser einander jeweils zum Staatsfeind erklärten und mit markigen Sprüchen beinahe die gesamte Medienaufmerksamkeit auf sich zogen. Dinkhauser triumphierte zwar – aber größtenteils nicht auf Kosten der Volkspartei. Vielmehr gelang es ihm, Nichtwähler für sich zu gewinnen und im grünen sowie roten Teich zu fischen, indem er sich als einziger ernst zu nehmender Gegner von van Staa als Landeshauptmann positionierte. Die Stimmenverluste der ÖVP waren vor allem der Unbeliebtheit ihres Spitzenkandidaten zu verdanken, der es nicht schaffte, Stammwähler in erhofftem Ausmaß an die Urnen zu locken. Rückkehrer wird es jetzt nach dem Aus der Liste Fritz natürlich geben. Ob aber der große Zustrom folgt, ist mehr als fraglich.

Distanzierung und Anbiederung

Auch die vergangene Woche präsentierte neue Liste, Vorwärts Tirol, rund um die beiden Ex-Landesräte Anna Hosp (ÖVP) und Hans Lindenberger (früher SPÖ) dürfte von Dinkhausers Rückzug kaum profitieren – verkündete der doch unverzüglich, keine Gemeinsamkeiten mit ihr zu haben und eine Zusammenarbeit schon vor Wochen abgelehnt zu haben. Und davon, dass Hosp, die mit Dinkhauser seit jeher auf Kriegsfuß steht, und Lindenberger Protestwähler mobilisieren, ist angesichts ihres bescheidenen Charismas nicht auszugehen. Hinzu kommt, dass sich die beiden im Vorfeld nicht deutlich von der ÖVP distanziert haben. Und wie wichtig diese Distanzierung ist, hat Christine Oppitz-Plörer (Für Innsbruck) gezeigt, die ihren Bürgermeistersessel im vergangenen Frühjahr erst nach einem verbalen Rundumschlag gegen Platter retten konnte.

Günstiger steht der Wind für die SPÖ und die Grünen. Letztere haben die Zeichen der Zeit bereits erkannt und Dinkhausers Wählern noch am Dienstag schöne Augen gemacht. Die Grünen seien die einzige Alternative, richteten sie aus. Und bereiten hinter den Kulissen bereits weitere, konkrete Angebote vor. Und spekulieren sogar auf eine offizielle Wahlempfehlung des 72-Jährigen.

Genau darauf könnte es ankommen. Wem es gelingt, Dinkhausers „Segen“ zu bekommen, seinen Wählern zu vermitteln, dessen Erbe fortführen zu wollen, der dürfte sie auch für sich gewinnen. Wer ihn – wie die ÖVP und Vorwärts Tirol – als politischen Irrtum darstellt und seinen Anhängern bescheinigt, dem Falschen gefolgt zu sein, wird am Dinkhauser-Kuchen eher nicht mitnaschen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2013)

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