Dichter Nebel um die Länderfinanzen

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Finanzministerin Fekter könnte Transparenz für Länderfinanzen einfach verordnen. Man hat sich aber schon vor Jahrzehnten darauf geeinigt, das Problem per Versagerkommission zu Tode administrieren zu lassen.

Wien. Die Milliarden-Finanzskandale in den Bundesländern zeigen nun Wirkung. Allerdings nur ein wenig: Gestern haben Parteienverhandlungen über ein Spekulationsverbot mit öffentlichem Geld begonnen. Aber noch bevor die Bundesländer ihre Macht ausspielen können, zeigt sich, dass von vornherein ohnehin nur eine Alibilösung geplant ist: Die nebulosen Formulierungen, um die jetzt gerungen wird, könnten „mildere“ Spekulationsformen wie etwa Cross Border Leasing, Fremdwährungsfinanzierungen und „Veranlagungen“ von Wohnbaugeldern durchaus weiter ermöglichen. Der Schaden, den solche „Veranlagungen“ in den vergangenen Jahren in den Ländern angerichtet haben, übersteigt den aus den Salzburger „Hardcore“-Spekulationen aber deutlich.

Experten sind ohnehin der Meinung, dass ein noch so streng gefasstes Spekulationsverbot wenig wirkungsvoll ist, solange die „Bilanzen“ der Länder erstens auf der veralteten „Kameralistik“ basieren (womit die wahre Finanzlage völlig verschleiert werden kann) und zweitens keinen einheitlichen Standard aufweisen (womit sie nicht vergleichbar sind).

Dass der Bund und die übergreifenden Kontrollinstanzen – etwa der Rechnungshof – damit keinerlei Überblick darüber haben, was mit dem überwiesenen Steuergeld in den Ländern wirklich passiert und welche Finanzleichen in den diversen Landeskellern noch herumliegen, stößt dem Rechnungshof und auch dem Staatsschuldenausschuss schon seit einiger Zeit auf.

Länder mauern, Bund drückt sich

Allerdings, so die Fama: Da kann man leider nichts machen! Die Länder, zumindest die meisten, zeigen keinerlei Lust, Transparenz in ihre Rechenwerke einziehen zu lassen. Und sie berufen sich dabei auf eine Verordnung des Finanzministeriums, die sie zur Anwendung der Kameralistik (statt der besser geeigneten – seit heuer beim Bund bereits angewendeten – doppelten Buchhaltung) zwingt. Tatsächlich liegt der Schlüssel im Finanzministerium: Die Finanzministerin könnte die Länder mit einem Federstrich zu sauberer Bilanzierung nach dem Muster der Privatwirtschaft zwingen. Die Handhabe dafür liefert ihr der Paragraf 16 des Finanzverwaltungsgesetzes, in dessen erstem Absatz es heißt: „Der Bundesminister für Finanzen kann im Einvernehmen mit dem Rechnungshof Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften insoweit regeln, als dies zur Vereinheitlichung erforderlich ist.“

„Das heißt“, schreibt der Rechnungshofbeamte Michael Bernt in seiner im Jahr 2011 an der Wirtschaftsuniversität approbierten MBA-Abschlussarbeit (Master Thesis), „dass die Bundesministerin für Finanzen eine Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung für alle Gebietskörperschaften im Einvernehmen mit dem Rechnungshof erlassen könnte, ohne irgendeiner der Gebietskörperschaften zwingend Freiräume oder Wahlrechte einräumen zu müssen“.

Mit anderen Worten: Die Finanzministerin könnte die Misere per Verordnungs-Federstrich beseitigen, ohne in den Ländern lang herumfragen zu müssen. Das tut sie aber nicht. Stattdessen wird das Problem österreichisch gelöst: Es wird zu Tode administriert.

Schon 1974 wurde mit der sogenannten „Heiligenbluter Vereinbarung“ eine mit Vertretern aller beteiligten Institutionen und Körperschaften besetzte Kommission zur Lösung des Problems eingesetzt. Deren Mitglieder hätten sich den Ehrentitel „Versager des Jahrhunderts“ allerdings redlich verdient: Sie haben in 38 Jahren keinen Millimeter weitergebracht. Dafür sorgt schon die Konstruktion, die für jedes Detailproblemchen Einstimmigkeit auf allen Ebenen erfordert.

Ausdruck der „Realverfassung“

Zusammengefasst: Rechnungshof und Republik müssten über mangelnde Transparenz in Länderabschlüssen nicht lange herumjammern, sondern könnten diese schlicht per Verordnung verbindlich durchsetzen. Dass sie das nicht tun, wirft ein bezeichnendes Licht auf die „Realverfassung“, also auf die wahren Machtverhältnisse im Lande.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2013)

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