Monika Rathgeber: „Ich wurde komplett vernichtet“

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Monika Rathgeber klagt an. Die Frau, die hochriskante Spekulationsgeschäfte getätigt hat, weist Vorwürfe zurück und belastet frühere Vorgesetzte. Emotional wird sie, wenn es um die Aufarbeitung der Affäre geht.

Salzburg. Das Blitzlichtgewitter ließ die 41-Jährige ungerührt über sich ergehen, sie scherzte und lachte über den Auflauf. „So viele Kameras, das ist ja furchtbar“, sagte sie und blickte kokett über den dunklen Rand ihrer Brille. Schwarze Lederjacke, ein gemustertes Seidentuch, schwarze Hose. Nur die hochhackigen spitzen Schuhe setzen einen extravaganten Akzent im sonst so dezent gewählten Outfit der Innviertlerin, gegen die seit Dezember wegen des Vorwurfs der Untreue, des Amtsmissbrauchs und der Urkundenfälschung ermittelt wird.

„Mein Name ist Monika Rathgeber, ich bin 41 Jahre alt und arbeite seit 1990 im Amt der Salzburger Landesregierung“, begann die entlassene Referatsleiterin und betonte umgehend: „Mir war bei meiner Arbeit immer das Wohl des Landes das Wichtigste.“

Sie erzählt, wie sie sich um ein gutes Betriebsklima, um offene Türen und Transparenz bemüht habe. Dass es da geheime Konten gegeben habe, dass sie ein Schattenportfolio im Alleingang verwaltet habe, stellt sie vehement in Abrede. Die Kredite bei der Bundesfinanzierungsagentur seien über Abteilungsleiter Eduard Paulus gelaufen. „Die bekommt man ja nicht auf Zuruf“, sagte Rathgeber. Ihr wird im Finanzbericht des Landes vorgeworfen, 1,8 Mrd. Euro an Krediten eigenmächtig aufgenommen zu haben.

„Es war alles bekannt“

Dass jetzt alle in Politik und Finanzabteilung so tun, als ob man von den rund 3,3 Mrd. Euro Schulden nichts gewusst hätte, verwundere sie. Deshalb hat sie sich den Rechnungsabschluss 2011 von der Homepage des Landes heruntergeladen: Zählt man die im Budget des Landes ausgewiesenen Verbindlichkeiten mit jenen der Landesbetriebe und Fonds zusammen, komme man auf exakt jene 3,3 Mrd. Euro, die nun als so überraschend dargestellt werden, doziert sie. Zahlen sind ihr Metier. „Es war alles bekannt“, meint sie.

Und was ist mit den Unterschriften, die sie gefälscht haben soll? Die verfälschten Protokolle? Auch diese Vorwürfe bestreitet Rathgeber. Ihr Chef Paulus und Finanzlandesrat David Brenner (SPÖ) seien über das Finanzmanagement und das Budget immer informiert gewesen. Alle Kontoauszüge landeten auf dem Schreibtisch von Paulus, sagte sie. Sie habe nichts verspekuliert, sondern 150 Mio. Euro für das Land erwirtschaftet, betont Rathgeber.

Emotional wird sie, wenn es um die Aufarbeitung der Affäre geht. „Wir hatten immer alle Daten griffbereit. Ich verstehe überhaupt nicht, warum es so lange dauert, die Daten herbeizuschaffen“, ärgert sie sich. „Die Bürger über eineinhalb Monate in Angst und Schrecken zu versetzen macht mich fassungslos.“

Mit dem Stolz der Überlegenheit

Im Mai 2012 sei es zum Bruch mit ihrem Vorgesetzten Paulus gekommen, weil sie sich weigerte, seine Weisungen zu befolgen. „Ich konnte das nicht tun, weil ich dem Land nicht schaden wollte“, sagt Rathgeber in einem stolzen Tonfall, der wohl ihre Überlegenheit gegenüber ihrem einstigen Vorgesetzten ausdrücken soll.

Doch er schickte sie auf Zwangsurlaub, entzog ihr Vollmachten, holte einen Ersatz, der ein „Schattenportfolio“ vorfand. Alles Unsinn, meint Rathgeber. Die Geschäfte wären nicht im Reporting an die Deutsche Bank enthalten gewesen, weil es sich nicht um das Portfolio des Landes, sondern um jenes anderer Rechtspersönlichkeiten – wie dem Unterstützungsfonds des Landes – gehandelt habe. Dass im Herbst viele Positionen panikartig aufgelöst worden sind, hält sie für einen schweren Fehler. Aber Brenner wollte angesichts von Landtags- und Medienanfragen „ein lupenreines Portfolio“, erzählte Rathgeber.

Am Abend des 26. November habe sie auf die Gefahren des überhasteten Ausstiegs hingewiesen. SPÖ-Politiker Brenner habe angesichts eines drohenden Verlustes befürchtet, zurücktreten zu müssen. Sein Pressesprecher, Roland Graffius, habe ihr gesagt, bevor Brenner oder Paulus über die Klinge springen, werde sie das zuerst tun, berichtete Rathgeber am Freitag. Und so sei es dann auch gekommen. „Ich wurde komplett vernichtet.“

Graffius bestätigte am Freitag die Aussage, betonte aber, dass es sich dabei nicht um eine Drohung gehandelt habe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2013)

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