Prozess in Salzburg: Rathgeber belastet Paulus

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Rathgeber: "Alle Dokumentationen liefen über Paulus"APA/NEUMAYR/MMV
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Heute hat der Prozess um die Entlassung der Leiterin des Finanzreferats begonnen. Das Land wirft Rathgeber Urkundenfälschung und Verfälschung von Sitzungsprotokollen vor.

Am Salzburger Arbeitsgericht hat am Freitag der erste Prozess zum Finanzskandal begonnen: Die frühere Referatsleiterin Monika Rathgeber geht gegen ihre fristlose Entlassung vor. Die Vertragsbedienstete hat das Land Salzburg auf "Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses" geklagt. In der ersten Verhandlung am Landegericht Salzburg belastete die 41-Jährige vor allem den inzwischen suspendierten Leiter der Finanzabteilung Hofrat Eduard Paulus.

Nach Ansicht von Rathgebers Rechtsanwalt Herbert Hübel hat die ehemalige Vertragsbedienstete keinen Entlassungsgrund gesetzt. Und wenn doch Gründe vorliegen würden, dann seien diese "verfristet", sagte Hübel. Das Land, vertreten durch Rechtsanwalt Alfred Ebner, beharrte darauf, dass die Entlassung gerechtfertigt sei. Er lehnte einen Vergleich ab. Im Zeitraum 22. Jänner 2008 bis 21. Dezember 2010 seien insgesamt 15 Ergebnisprotokolle der Finanzbeiratssitzungen von Rathgeber verfälscht worden, weiters habe sie bei Finanzgeschäften neun Unterschriften ihres Mitarbeiters in Urkunden hineinkopiert.

"Paulus sagte: 'Wenn du dich traust'"

Die ehemalige Referatsleiterin wirkte anfangs noch sehr gefasst, brach aber später mehrmals in Tränen aus. Sie schilderte, wie es zu den angeblichen Protokollfälschungen gekommen war: Anlässlich einer "Follow-up"-Prüfung des Rechnungshofes im Jahr 2011 habe Paulus gemeint, der Bericht dürfe nicht mehr so schlecht ausfallen wie im Jahr 2009. Es habe geheißen, dass alle positiven Aspekte hervorzuheben und die Risikoreduktion zu intensivieren sei.

Am 22. November 2011 sei sie von Finanzabteilungsleiter Paulus informiert worden, dass der Rechnungshof die Finanzbeiratsprotokolle einsehen wolle. "Ich sagte, da stehen Dinge drinnen, die sie uns vorwerfen können, und fragte ihn, ob wir ihnen (den Prüfern, Anm.) die verkürzten Ergebnisse übermitteln können." Die Antwort von Paulus habe gelautet: "Wenn du dich traust", zitierte Rathgeber. "Ich hab das als Zustimmung gewertet und habe dann die Protokolle in der Nacht auf 23. November verkürzt und sie dann persönlich überreicht." Ein Vorwurf, den Paulus bei seiner Einvernahme als Zeuge am Freitag entschieden und scharf zurück wies. "Das ist eine absolute Unwahrheit."

In den verkürzten Protokollen seien die Meinungsverschiedenheiten, die es bei den Sitzungen des Finanzbeirates gegeben habe, nicht mehr enthalten gewesen, erklärte Rathgeber. "Ich wollte die veränderten Protokolle Paulus zeigen, doch er wollte sie nicht sehen." Die Daten selbst seien aber in den Protokollen verblieben, "täuschen wollte ich nicht". Ihr Kollege Christian M. habe davon gewusst, dass sie die veränderten Protokolle ausgefolgt habe. Dem Rechnungshof sei aber nicht erläutert worden, dass es eine Originalversion gegeben habe.

"Alle Dokumentationen liefen über Paulus"

Den Vorwurf der "Urkundenfälschung" wies Rathgeber zurück: Die gefeuerte Referatsleitern räumte aber ein, bei sieben oder acht Bankgeschäften zur rascheren Abwicklung die Unterschrift des Kollegen Christian M. kopiert zu haben. "Er hatte die Entstehung der Vertragsgeschäfte ja gekannt. Ich bin davon ausgegangen, dass er keine Einwendungen hatte."

Aufgrund seiner schwer kranken Frau sei er oft nicht erreichbar gewesen, und auch Paulus sei "oft abwesend" gewesen. Nur zu Beginn seiner Tätigkeit als Abteilungsleiter habe Paulus Finanzgeschäfte unterzeichnet. "Dann hat er auf mich und meinen Kollegen verwiesen." Rathgeber sagte weiters, dass die Hypo täglich eine Bewertung der einzelnen Geschäfte samt Konotauszüge und Verträge übermittelt habe, andere Banken monatlich. "Alle Dokumentationen liefen über Hofrat Paulus."

Nervosität nach Anfrage der Grünen

Als im Herbst 2012 der Finanzbeirat beschloss, 253 bisher offenbar nicht bekannte Derivatgeschäfte aufzulösen, habe sie vor hohem Schaden für das Land gewarnt, schilderte Rathgeber. Bei einer Besprechung in der Abteilung zwei Tage vor der Sitzung des Budget-Ausschusses des Landtages habe sie ihre Warnung wiederholt, dass dem Land Schaden drohe: 100 Millionen Euro durch die Auflösung der Derivate und 240 Millionen Euro durch zusätzliche Fixzinsverpflichtungen. In Summe also jene 340 Millionen Euro, die den Skandal ausgelöst haben. "Ich habe nur das gemacht, für das ich da war. Ich habe über mögliche Verluste informiert."

Für Nervosität in der Finanzabteilung dürfte auch eine dringliche Anfrage der Grünen gesorgt haben, die eine Auflistung jedes einzelnen Derivatgeschäftes des Landes und Einsicht in die Protokolle des Finanzbeirats forderte. Christian M. habe deshalb im Oktober von Paulus die Aufforderung bekommen, die Protokolle auszudrucken. "Er hat Paulus bereits zu diesem Zeitpunkt darauf aufmerksam gemacht, dass es Manipulationen gab. Paulus sagt aber, er habe davon erst am 5. Dezember erfahren", so Rathgeber.

Am 5. Dezember sei sie krank gewesen, am 6. Dezember habe sie im Büro niemanden angetroffen. Dann habe sie erfahren, dass gerade eine Pressekonferenz läuft, in der sie beschuldigt wird. "Dass ich entlassen bin, das habe ich im Internet gelesen."

Brenner und Paulus widersprechen

Der am 23. Jänner wegen des Skandals aus seinen politischen Ämtern geschiedene SP-Finanzreferent Brenner schilderte in seiner Zeugeneinvernahme, dass Rathgeber bis vor dem 17. Juli sein vollstes Vertrauen genossen habe. Am 17. Juli habe ihm Paulus mitgeteilt, dass die Referatsleiterin ein abgeschlossenes Finanzgeschäft entgegen den Empfehlungen des Finanzbeirates und entgegen der Weisung von Paulus verlängert habe. Brenner hatte Rathgeber daraufhin die Vollmachten über die Finanzgeschäfte entzogen.

Brenner sagte, er sei erstmals am 5. Dezember aufgrund eines von ihm angeforderten Berichtes der Finanzabteilung mit Protokollveränderungen und Urkundenfälschungen konfrontiert worden. In dem Bericht sei auch die Entlassung von Rathgeber empfohlen worden, erklärte Brenner. Am 6. Dezember informierte er den Landtag und die Medien, dass laut Rathgeber ein Spekulationsverlust von bis zu 340 Millionen Euro drohe.

"Ihr könnt mir doch nicht mein Baby wegnehmen"

Die Aussagen von Brenner bestätigte am Freitagnachmittag auch der derzeit suspendierte Leiter der Finanzabteilung, Eduard Paulus. Er listete als Zeuge vor Gericht chronologisch die arbeitsrechtlichen Verfehlungen seiner ehemaligen Mitarbeiterin auf. Monika Rathgeber hat sich seinen Aussagen zufolge mehrfach nicht mehr an klare Anweisungen gehalten und damit sein Vertrauen verloren.

In einem Protesttelefonat beschwerte sich Rathgeber auch bei Finanzreferent Brenner. "Sie sagte, ihr könnt mir doch nicht mein Baby wegnehmen", so Paulus. "Sie war sehr betroffen, auch weil meiner Meinung nach die Arbeit ihr Hobby war. Ich kann mir bei ihr eine Überidentifikation mit dem Job vorstellen."

"Wie eine griechische Tragödie"

Am 19. Juli habe sie der Leiter der Personalabteilung, Gerhard Loidl, überzeugen können, für zwei Monate auf Urlaub zu gehen. "Doch nach dem Urlaub sind die Probleme weitergegangen", so Paulus. Und noch vor Ende ihres Urlaubs habe sie von ihrem privaten Email-Account die Kündigung eines Bankgeschäft bestätigt. "Das war für mich ganz klar ein Verstoß gegen den Entzug der Bankenvollmacht."

Dann erst begannen die Ereignisse wirklich aus dem Ruder zu laufen. "Das hat sich entwickelt wie eine griechische Tragödie", sagte Paulus. Man sei auf die 253 Derivat-Geschäfte gestoßen, die zwar die alle dokumentiert und abgezeichnet waren, nicht aber in den regelmäßigen Berichten an die Deutsche Bank aufschienen.

Paulus: Rathgeber-Geständnis im November

Dann berichtete Paulus von dem angeblichen Geständnis Rathgebers am 26. November im Büro von Brenner: "Sie sagte, sie hat schon immer mehr Geschäfte gemacht, als berichtet und hat zugegeben, die Rechenstelle in Frankfurt nicht korrekt informiert zu haben." Sie habe von einer großen Schieflage des Portfolios nach der Finanzkrise gesprochen und geschätzt, dass bei einer Auflösung ein Minus von 340 Millionen Euro sichtbar werden würde.

Am 5. Dezember - und keineswegs zuvor - habe er erstmals auch vom Vorwurf von Unterschriften- und Protokollmanipulationen erfahren, sagte Paulus. Er habe darauf am Folgetag von Brenner die Weisung erhalten, Rathgeber zu entlassen. Die Kündigung sei dann in seiner Anwesenheit am 7. Dezember von Personalabteilungsleiter Loidl am Telefon ausgesprochen worden.

(APA/Red.)

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