Auskunft zu Mord, Pension und Asyl

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Eine neue Homepage erleichtert Eingaben an Behörden. In der Vergangenheit hatten nur wenige Bürger Mut für brisante Fragen. Doch manchmal wird die Auskunft tatsächlich unter Berufung auf das Amtsgeheimnis verwehrt.

Wien. Wie geht der Staat damit um, wenn Bürger Auskunft begehren? Man weiß es nicht so recht, denn es gibt keine Studie darüber, welche Anfragen Behörden beantworten wollen und wann sie sich um eine Auskunft drücken. Künftig soll das anders werden. Denn die neue Internet-Seite www.fragdenstaat.at hilft nicht nur wissbegierigen Bürgern, die Anfrage korrekt an Ministerien oder Landesregierungen zu stellen. Auf der Seite soll auch verbrieft werden, auf welche Fragen man eine sinnvolle Antwort bekommen hat und wann die Behörden sich auf die Amtsverschwiegenheit berufen.

Hinter dem Projekt steht nicht der Staat, sondern die Initiative „transparenzgesetz.at“. Sie will mit der Homepage die aktuelle politische Diskussion am Köcheln halten. Zuletzt hat ja die Regierung signalisiert, eine Aufweichung des Amtsgeheimnisses zu prüfen. Die Initiative fordert ein komplettes Umdenken: So solle Transparenz die Regel werden und das Amtsgeheimnis nur mehr ausnahmsweise zur Anwendung gelangen. Momentan gibt es zwar bereits ein Auskunftspflichtgesetz, das die Behörden zwingt, Anfragen von Bürgern preiszugeben. Wenn es um Akten geht, berufe sich die Verwaltung aber nur zu oft auf das Amtsgeheimnis, monieren die Kritiker.

Ist mein Grätzel gefährlich?

Wobei die Bürgeranfragen, die momentan in den Ministerien eintrudeln, meist keine sind, für die man in verschlossenen Akten wühlen muss. Im Innenministerium etwa sei das brennendste Thema die Besetzung der Votivkirche, erklärt Helmut Greiner vom Bürgerservice. Die Hälfte der Bürger frage an, warum man nichts gegen die Besetzer unternehme, und die andere Hälfte sei pro Asylwerber eingestellt. Das Ministerium erklärt in diesen Fällen einfach die Sach- und Rechtslage. Mehr Details verlangen die Leute da schon, wenn eine neue österreichische Kriminalitätsstatistik in den Medien kursiert. Dann würden Bürger genau wissen wollen, wie viele Morde es in ihrem lokalen Grätzel gibt, sagt Greiner. Bekommen diese Leute die exakte Auskunft? Das werde nach kriminaltaktischen Erwägungen im Einzelfall entschieden, sagt Greiner. Rund 50 bis 70 Briefe und E-Mails mit Bürgeranfragen treffen im Innenministerium jeden Tag ein, dazu kommen rund hundert Anrufe: „Aber wenn es gerade eine Demonstration von Asylwerbern gibt, verdoppelt sich diese Zahl“, sagt Greiner im Gespräch mit der „Presse“.

Die Kultur in den Ministerien ist unterschiedlich: Während man im Justizministerium weder über die Themen von Anfragen noch über deren Zahl Auskunft geben kann, führt man im Sozialministerium genau Buch. Neben den zigtausenden Anfragen, die per Mail, Telefon oder Brief kommen, wurden im Vorjahr auch 1200 Bürger verzeichnet, die persönlich im Ministerium vorbeikamen, um Auskunft zu begehren. Hier interessieren sich die Leute vor allem für Pensionsthemen. „Fragen, die das Amtsgeheimnis betreffen, gibt es aber praktisch nicht“, erklärt ein Sprecher von Minister Rudolf Hundstorfer.

Keine Auskunft über Vorzugsstimmen

Doch es gibt sie, die Bürger, die politisch unangenehme Fragen stellen und abgewiesen werden. So kämpfte ein Niederösterreicher in Langenzersdorf vergeblich darum, dass das Ergebnis der Vorzugsstimmen bei der Gemeinderatswahl veröffentlicht wird. Das Problem: Laut niederösterreichischem Landesrecht „kann“ die Gemeinde das Vorzugsstimmenergebnis veröffentlichen. Von „müssen“ ist im Gesetz aber keine Rede, und darauf stützt sich die Gemeinde.

Bürger, denen eine Auskunft verwehrt wird, können zwar zu Gericht gehen. Die Richter können aber nur feststellen, dass eine Institution das Auskunftspflichtgesetz verletzt hat. In die Akten schauen darf nur die Behörde, und man bleibt auf sie angewiesen. Darum fordere man die Einführung eines „unabhängigen Informationsbeauftragten“, betont Hubert Sickinger. Der Politologe ist einer der Initiatoren der Plattform „transparenzgesetz.at“. Ein künftiger Informationsbeauftragter solle selbst das Recht haben, in alle Akten Einsicht zu nehmen, sagt Sickinger. Gleichzeitig könnte diese Person auch für den Datenschutz zuständig sein und entscheiden, ob ein Akteninhalt nun veröffentlicht werden darf oder nicht.

In zwei Wochen will der Verfassungsdienst des Kanzleramts seine Vorschläge für mehr Transparenz präsentieren. Vielleicht würde die Gesetzesänderung für mehr tiefergehende Anfragen von Bürgern sorgen: Denn auch im Kanzleramt beschränken sich die Eingaben von Bürgern fast nur auf Servicethemen oder auf die schlichte Kundgebung der eigenen politischen Wünsche. Vor allem das Thema Wehrpflicht (pro und kontra) sorgte zuletzt für Bürgerpost an den Kanzler.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2013)

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