Mafiageld im Wiener "Media Quarter"?

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Ein Gericht sieht den Verdacht erhärtet, dass der Ex-Botschafter Kasachstans in Österreich, Rakhat Shoraz, einer Mafiaorganisation angehört hat. Shoraz gilt als Investor des Wiener "Media Quarter Marx".

Wien. Sie kamen am frühen Morgen des 3.Juli 2012. Beamte des Bundeskriminalamts Wien durchsuchten gemeinsam mit der für den Fall zuständigen Staatsanwältin Bettina Wallner sowohl die Privatwohnung als auch die Kanzlei des Wiener Anwalts L. Ziel der Aktion laut Durchsuchungsanordnung: Sicherstellung von Daten und Dokumenten, aus denen hervorgeht, „bei wem es sich um die wirtschaftlich Berechtigten“ von insgesamt 15 teils internationalen Firmen handelt.

Im Mittelpunkt des Interesses: die Firma A. V. Maximus Holding AG. Über diese war 2007 der nunmehr unter Geldwäscherei- und Untreueverdacht stehende Ex-Botschafter Kasachstans in Österreich, Rakhat Shoraz (vormals Rakhat Alijew), in die Finanzierung des „Media Quarter Marx“ (MQM) eingestiegen.

Beim MQM handelt es sich um jenes Vorzeigeprojekt der Stadt Wien, mit dem die historischen Gründe des früheren Schlachthofes St.Marx durch die Ansiedlung von Medienunternehmen verwertet werden. Eine Nutzung auch durch den ORF wurde überlegt, ist aber derzeit kein Thema. Anwalt L. fungierte als Treuhänder für Shoraz. Und steht auch unter Geldwäschereiverdacht.

Infolge der erwähnten Hausdurchsuchungen werden nun erstmals die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Beschuldigungen gegen Shoraz und Co. von einem Gericht zweiter Instanz, nämlich vom Oberlandesgericht (OLG) Wien, als plausibel, teils sogar als erhärtet eingestuft. Im entsprechenden OLG-Beschluss vom 17.Dezember 2012 wird eine Beschwerde des Anwalts L. gegen die Hausdurchsuchungen abgeschmettert.

„Beteiligung verschleiert“

Denn: „Tatsächlich besteht aufgrund der Ermittlungen und der anschaulich [...] dargestellten Gesellschaftsgründungen und -verflechtungen [...] der begründete Verdacht, dass über diese Gesellschaften Vermögenswerte, die aus strafbaren Handlungen stammen, gewaschen, sprich deren Herkunft und ihr Verbleib durch umfangreiche Verschiebungen und Investitionen verschleiert werden sollten.“

Das OLG spricht also von „diesen Gesellschaften“. Und: Es sei „evident“, dass die A. V. Maximus Holding AG „eine zentrale Rolle in diesem Firmenkarussell einnimmt“. Das ist interessant. Denn die Maximus ist an der VBM Beteiligungsmanagement GmbH beteiligt. Diese hat 60 Prozent Eigenkapital, privat investiertes Geld, in die Media-Quarter-Errichtung eingebracht: 6,8 Millionen Euro. Die restlichen 40 Prozent (öffentliches Geld) sind über die städtische Technologieagentur geflossen.

Die Staatsanwaltschaft Wien geht gar von undurchsichtigen „Geldtransaktionen“ der Maximus in Richtung VBM aus. Sie hat den Verdacht, „dass die Beteiligung von Dr. Rakhat Shoraz [...] verschleiert werden sollte“. Shoraz lebt nach Aufenthalten in Wien mittlerweile auf Malta (siehe Artikel).

Die Sprecherin der städtischen „Wirtschaftsagentur Wien“, Uschi Kainz, verweist nun auf einen Bericht der Wirtschaftsprüfungskanzlei „Consultatio“ (dessen Resümee liegt der „Presse“ vor): Es werde festgestellt, dass bei Gründung des Media Quarter „alle Sorgfaltspflichten“ erfüllt wurden. Der Geldwäschereiverdacht sei unbewiesen. Eine Investition der Maximus sei indes unstrittig. Allerdings sei seit Längerem nicht Shoraz, sondern dessen Frau „wirtschaftlich Berechtigte“ der Maximus. Das Strafverfahren gegen Shoraz und L. dauert jedenfalls an.

Zur Person

Rakhat Shoraz, vormals Alijew, steht laut Beschluss des Oberlandesgerichts Wien unter dem Verdacht der Geldwäscherei. Der kasachische Ex-Diplomat hat in
den Wiener Mediencluster „Media Quarter Marx“ investiert. [APA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2013)

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