"Ich kann mich als HC Strache nicht klonen"

(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
  • Drucken

Maßlosigkeit sei Ursache für das Wahldebakel in Kärnten gewesen, sagt FP-Chef Heinz-Christian Strache. Konsequenzen kündigt er auch in Niederösterreich an: Barbara Rosenkranz habe das Ergebnis zu verantworten.

Die Presse:Die Freiheitlichen haben am Sonntag in Kärnten 28 Prozent verloren. Haben Sie eine Erklärung für dieses desaströse Ergebnis?

Heinz-Christian Strache: Dieser Sonntag war alles andere als erfreulich, ich bin natürlich sehr enttäuscht. Aber der Wähler hat ein Machtwort gesprochen, und er hat am Ende immer recht. Wir haben diese regionale Botschaft verstanden: So wie bisher kann es in Kärnten sicher nicht weitergehen. Es braucht einen Neustart und eine Erneuerung.

Aber was waren aus Ihrer Sicht die Gründe für diese Wahlniederlage?

Der neue Landesobmann der Kärntner Freiheitlichen, Christian Ragger, hat die Fehler der Vergangenheit in seiner ersten Rede am Montag klar angesprochen, nämlich Arroganz, Maßlosigkeit und Disziplinlosigkeit. Es wird in Zukunft Demut, Bodenhaftung und Ehrlichkeit brauchen – und eine ganz scharfe Trennlinie zur Korruption. Diese Philosophie der FPÖ fordere ich auch in Kärnten ein.

Ragger hat am Montag Kurt Scheuch als Parteiobmann der FPK abgelöst. Haben Sie Ihre Schwesterpartei zu diesem Schritt gedrängt?

Wir sind Kooperationspartner, deshalb ordne ich in Kärnten gar nichts an. Aber wir haben noch am Sonntag in einigen Gesprächen klare Vorstellungen und Bedingungen artikuliert, die umzusetzen sind. Am Montag wurde in Kärnten ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt. Wer den FPÖ-Weg gehen will, muss eine gemeinsame Linie sicherstellen.

Soll die FPK wieder vollständig in die FPÖ integriert werden?

Dem personellen Neubeginn müssen in den nächsten Monaten strukturell und organisatorisch weitere Schritte folgen, damit am Ende ein Wiedervereinigungs-Parteitag stattfinden kann. Das ist das erklärte Ziel.

Die FPÖ hat am Sonntag auch in Niederösterreich verloren. Was ist denn dort schiefgelaufen?

Wir waren in der Materialschlacht zwischen Erwin Pröll und Frank Stronach zu wenig kantig und angriffig, zu passiv, zu wenig präsent. Ganz egal, wo ich hinkomme, die Menschen sagen mir: Wir wählen Sie auf Bundesebene, aber da und dort in den Ländern sind wir nicht optimal mit der FPÖ zufrieden.

Was wollen Sie damit sagen?

Ich kann mich als HC Strache nicht klonen, ich kann nicht in jedem Bundesland als Spitzenkandidat antreten – das ist das Problem. Deshalb müssen wir sicherstellen, dass mein Kurs künftig auch in den Ländern umgesetzt wird. Die Landesparteien können ja nicht immer machen, was sie wollen.

Wird es auch in der niederösterreichischen Landespartei Konsequenzen geben?

Man muss kein politischer Insider sein, um zu wissen, dass ein so bevölkerungsreiches Bundesland äußerst wichtig für die gesamtpolitische Betrachtung ist. Da braucht es natürlich eine optimale Aufstellung, damit wir künftig das Optimum herausholen können. Auch in Niederösterreich kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.

Sind die Tage von Barbara Rosenkranz als Landesparteichefin gezählt?

Das habe ich nicht gesagt. Aber der Spitzenkandidat hat immer die Verantwortung für das Ergebnis.

Für Donnerstag ist eine Sitzung des Landesparteivorstandes anberaumt. Wird Rosenkranz dort abgelöst oder nicht?

Man muss sich zusammensetzen, alles offen ansprechen und die richtigen Schlüsse ziehen. Aber solche Entscheidungen kann man nicht von heute auf morgen treffen.

Wieso nicht? Bei den Kärntner Freiheitlichen war das doch auch möglich. Wollen Sie sich bei Rosenkranz noch nicht festlegen?

Nein, mit Sicherheit nicht. Es ist nicht meine Art, Dinge personeller Art mit Journalisten zu debattieren.

Glauben Sie immer noch, dass Ihnen Frank Stronach nicht schadet? In Niederösterreich hat er die FPÖ aus dem Stand überholt, in Kärnten 11,2 Prozent. Dementsprechende Umfragen haben Sie bisher ins Reich großkoalitionärer Propaganda verwiesen. Jetzt haben Sie es schwarz auf weiß.

Sie dürfen nicht denselben Fehler wie SPÖ und ÖVP machen und automatisch auf die Bundesebene schließen. Wir werden sehr bald, in Tirol und Salzburg, sehen, dass es sich um regionale Phänomene handelt, die sehr stark von den Personen abhängig sind. Und viele der Personen, die Stronach geholt hat, sind in anderen Parteien gescheitert.

Im Bund wird allerdings Frank Stronach selbst als Spitzenkandidat antreten.

Es wird sich bald herausstellen, dass ein 80-Jähriger nicht der Zukunftsrevolutionär sein kann, der einen nachhaltigen Erneuerungsprozess im Land einleitet. Ich bin seit Jahren der einzige Vertreter der Österreicher, auf den man sich verlassen kann.

Ihre Rezepte gegen die Bundesregierung kennt man schon, aber gegen Stronach scheinen Sie noch keines gefunden zu haben.

Die Analysen zeigen, dass Stronach in Niederösterreich Stimmen von allen Parteien geholt hat. In Kärnten war es hingegen völlig anders: Da ist der größte Teil unserer Wähler in den Nichtwählerbereich und dann zur SPÖ gewandert. Wenn man das richtig interpretiert, dann sieht man, dass jene, die Frank Stronach wählen, nicht von den Freiheitlichen kommen.

Das ist Ihre Interpretation. Wie werden Sie Frank Stronach thematisch begegnen? Er ist der FPÖ in vielen Bereichen ähnlich, etwa in der EU-Kritik.

Ich ändere meine Themen nicht, ich bleibe konsequent – und vertrete dort, wo ich in der Verantwortung bin, die Interessen der Österreicher. Das ist ja das Grundproblem gewesen: In manchen unserer Landesparteien wurde das nicht so gehandhabt. Und daraus erklären sich auch die Wahlergebnisse.

In letzter Zeit hatte man den Eindruck, Sie schlagen absichtlich gemäßigtere Töne in der Zuwanderungspolitik an, um neue Wählerschichten in der politischen Mitte anzusprechen. Werden Sie das Thema anlässlich Stronach wieder verstärkt aufnehmen? In Krisenzeiten hat das der FPÖ oft genützt.

Da liegen Sie falsch: Schauen Sie sich unsere Plakate und Inserate der vergangenen Wochen und Monate an – wir haben dieses Thema immer gleichermaßen vorangetrieben. Ich stehe einer völlig unverantwortlichen Zuwanderungspolitik, die Asylbetrug zulässt und die Integration zum Teil nicht einfordert, nach wie vor sehr kritisch gegenüber.

Stellen Sie auch nach wie vor den Kanzleranspruch – trotz Stronach?

Ich habe ein klares Ziel: Ich will die 20 Prozent überspringen – je höher, desto besser für das Land. Drei Parteien gehen Kopf an Kopf in diese Wahl, da ist alles möglich.

Auf einen Blick

Heinz-Christian Strache (43) ist seit 2005 FPÖ-Chef. Er übernahm die Partei, nachdem Jörg Haider das BZÖ gegründet hatte. Bis dorthin war Strache Gemeinderat in Wien gewesen.Bei der Nationalratswahl 2008 erreichte die FPÖ mit Strache als Spitzenkandidat 17,5 Prozent und wurde zur drittstärksten Partei. In Umfragen liegt die FPÖ derzeit bei rund 20 Prozent. Im Vorjahr hatte man zwischenzeitlich die ÖVP überholt, doch dann gründete Frank Stronach eine Partei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Innenpolitik

Was nun, Heinz-Christian Strache?

Nach dem FPK-Debakel ist der FPÖ-Chef zwar unumschränkter Herrscher in seiner Partei. Doch was nützt ihm das, wenn die Wähler zu Frank Stronach überlaufen?
Ministerrat
Leitartikel

Die 1990er sind zurück: Große Koalition ohne Alternativen

Werner Faymann und Michael Spindelegger führen weiterhin ein Rückzugsgefecht, doch nach Ende des politischen Dauerbebens auf deutlich stabilerem Boden.
Gastkommentar

Ein Wahlsonntag, der gleich mehrere Botschaften parat hat

Was Zeitungen meinen. Die Landtagswahlen in Niederösterreich und Kärnten fanden über die nationalen Grenzen hinaus Beachtung.
Kommentare

Widerstand im Strache-Land

Nach dem Erfolgsrausch die Mühen der Ebene: Der FPÖ-Chef lernt neue Seiten kennen.
Innenpolitik

Was nun, Heinz-Christian Strache?

Nach dem FPK-Debakel ist der FPÖ-Chef zwar unumschränkter Herrscher in seiner Partei. Doch was nützt ihm das, wenn die Wähler zu Frank Stronach überlaufen?

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.