Luftige Geschäfte um den Kauf der Eurofighter

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Die Staatsanwaltschaft ermittelt, der Herstellerkonzern EADS geht nun in die Offensive: Aber dessen Verteidigungslinie wegen des Vorwurfs etwaiger Schmiergeldzahlungen im Zuge des Flugzeugdeals hat mehrere Haken.

Wien. Der Eurofighter-Konzern EADS geht in die Offensive. Nachdem der Flugzeughersteller zu Schmiergeldvorwürfen in Österreich jahrelang geschwiegen hatte, entsandte EADS jetzt einen eigenen Beauftragten nach Wien, der die Faktenlage aus Sicht des Konzerns darlegen soll. Der Hintergrund: Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaften in Deutschland und Österreich bergen Sprengkraft für EADS. Da geht es gar nicht so sehr um mögliche Pönalezahlungen oder die Rückabwicklung des Geschäfts in Österreich, sondern um internationale Folgewirkungen. Wird Schmiergeld nachgewiesen, ist EADS aus vielen Märkten draußen.

Fünf Prozent Pönale vereinbart

Der Beauftragte heißt Wolf-Peter Denker, ein alter Hase in der Flugzeugindustrie, der jahrzehntelang im kaufmännischen Bereich bei EADS und Vorgängerfirmen tätig gewesen ist. Er muss eine Firmenkonstruktion erklären, von der die Staatsanwaltschaft annimmt, dass über sie Schmiergeld geflossen ist. Es geht um Vector Aerospace, die Firma hat laut Denker 100 Millionen, laut anderen Quellen bis zu 180 Millionen Euro von EADS bekommen. Denker erklärt diese Transaktionen so: Eurofighter hat im Zuge des Verkaufs der Kampfflugzeuge für das Bundesheer Gegengeschäfte im Umfang von 200Prozent der Kaufsumme (ursprünglich vier Milliarden Euro, nach Abbestellung von drei Fliegern 3,5 Mrd. Euro) vereinbart. Bei Nichterreichen dieser Gegengeschäfte wäre eine Pönale von fünf Prozent fällig.

Eurofighter habe zwei Dinge im Auge gehabt, sagt Denker. Erstens habe der Flugzeughersteller nicht die Kapazitäten und nicht die Kenntnisse der österreichischen Industrie gehabt, um sich selbst um die Gegengeschäfte kümmern zu können. Zweitens wollte man die Pönale aus der Bilanz herausbringen (die Risikoposition müsste rückgestellt werden und vermindert den Gewinn). Daher habe man einen „Offset-Provider“ gesucht, der das Risiko übernimmt und sich der Abwicklung der Gegengeschäfte annimmt. Wie man auf Vector Aerospace gekommen ist? Das lässt sich laut Denker im EADS-Konzern nicht mehr rekonstruieren. Wie Vector Aerospace gearbeitet hat? Auch das will man bei EADS nie gewusst haben. „Entscheidend war der Erfolg“, so Denker.

Wenn ein Gegengeschäft vom Wirtschaftsministerium anerkannt wurde, bekam Vector Aerospace eine Provision. So einfach ist die Sache aus Sicht von EADS gelaufen. Und die jetzt kolportierten Schmiergeldzahlungen? Sollte es die gegeben haben, fühlt sich EADS selbst geschädigt.

Die ganze Argumentation hat Haken. Das beginnt schon bei der Ausgangslage. Wenn Eurofighter tatsächlich in Nichtkenntnis der heimischen Industrie einen Offset-Provider benötigte: Warum nimmt es dafür eine britische Briefkastenfirma mit italienischem Eigentümer? Und warum hat diese Firma, über die immerhin 100 bis 180 Millionen Euro gelaufen sind, keine nennenswerte Struktur in Österreich aufgebaut?

Die zweite Frage lautet: Warum musste überhaupt so viel Geld in die Hand genommen werden? Als Gegengeschäft wurden nicht nur Lieferungen an Eurofighter selbst angerechnet, sondern alle Geschäfte mit Unternehmen, die im EADS-Konzern vertreten sind. So gehört etwa der Autohersteller Daimler zum Konsortium.

Nun ist es nicht so, dass Österreichs Unternehmen überzeugt werden müssten, diese hochkarätigen Industrieunternehmen zu beliefern. Im Gegenteil: Sie versuchen das ohnehin, und stehen dabei im harten Preiswettbewerb.

Ein Offset-Provider könnte bestenfalls diese konzerninterne Steuerungsfunktion übernehmen. Hat er aber nicht, denn dann müsste EADS genau wissen, wie Vector Aerospace gearbeitet hat. Aber auch heimische Firmen, die Gegengeschäfte abgeschlossen haben, haben zu Protokoll gegeben, dass ihnen Vector Aerospace bzw. von dieser Firma beauftragte Vermittler völlig unbekannt sind.

Regeln der Logik

Was aber hat Vector Aerospace wirklich gemacht? Bekannt ist, dass Teile des Geldes auf andere Briefkastenfirmen aufgeteilt und von dort an bisher großteils unbekannte Empfänger weitergeleitet wurden. 3,2 Millionen Euro gingen an eine Firma des Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly, der, wie es Peter Pilz in einer parlamentarischen Anfrage beschreibt, drei Millionen in bar abgehoben und an jemanden ausbezahlt hat, der in Mensdorffs Unterlagen als „der Russe“ aufscheint.

Mit den Gegengeschäften dürfte das alles recht wenig zu tun haben. Wohl aber möglicherweise mit dem Zustandekommen des Kaufvertrages selbst. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Sollte sich deren Verdacht erhärten, dass so Schmiergelder geflossen sind, wird sich EADS wohl nicht so einfach als Geschädigter hinstellen können. Dann hätte Vector Aerospace nur im Auftrag von EADS handeln können. Alles andere ergibt nach den Regeln der Logik keinen Sinn.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2013)

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