Waldner: Kaiser-Rücktritt bei Anklage Koalitionsbedingung

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Wirklich begeistert sei die Bundes-ÖVP von der Kärntner Koalition nicht, sagt der Landesrat.

Die Presse: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Dreierkoalition in Kärnten zustande kommt?

Wolfgang Waldner: Zu etwa 90Prozent ist die Arbeit getan.

Kann es noch scheitern?

Theoretisch ist alles möglich. Wir müssen auch alle noch in unsere Gremien gehen.

Die Dreierkoalition ist ein Experiment. Geht man das mit Bauchweh an? Oder mit Vorfreude?

Ich bin ein positiver und optimistischer Mensch, deshalb gehe ich es mit Vorfreude an. Bauchweh habe ich selten.

Wäre das ein Vorbild für den Bund?

Jedes Land ist anders, Kärnten erst recht. Aber ich finde, dass jeder Politiker bereit sein muss, neue Wege zu finden, wenn es die Umstände erfordern. Es hängt ja auch davon ab, wie die Mehrheitsverhältnisse sind.

In Kärnten wäre sich Rot-Schwarz ausgegangen.

Ja, aber wir wollen das Proporzsystem abschaffen, das eint uns. Das ist eine Systemänderung, die wir nur mit Zweidrittelmehrheit machen können. Die anderen Dinge auch: die Schulden in den Griff zu bekommen beispielsweise.

Zweierkoalitionen sind oft schon sehr lähmend, weil man Kompromisse suchen muss. Ist man bei Kompromissen zu dritt überhaupt noch regierungsfähig?

Das wird man sehen. Wenn wir es schaffen, eine Vereinbarung zu erzielen, bin ich optimistisch, dass wir es auch schaffen, das gemeinsame Programm umzusetzen. Da sind drei positive Menschen am Werk, die das wollen.

Ist die Bundes-ÖVP begeistert von dem, was Sie hier machen?

Begeisterung ist in dem Zusammenhang keine Kategorie, aber wir haben freie Hand. Das wird in Kärnten entschieden, die Verantwortung liegt bei der Kärntner ÖVP.

In Wien schießt sich die ÖVP auf die Grünen ein, während Sie eine Koalition planen. Sind die Kärntner Grünen anders?

Das weiß ich nicht, ich kenne von den Kärntner Grünen nur die Verhandler, vor allem Rolf Holub. Der ist ein angenehmer, kompetenter, sachorientierter Gesprächspartner. Daher glaube ich, dass er auch in der Regierung ein guter Partner sein kann.

Die neue Kärntner Regierung wird sich in erster Linie einmal mit der alten beschäftigen. Was erwarten Sie bei den Aufräumarbeiten?

Wir machen jetzt einen umfassenden Kassasturz in allen Bereichen. Ich habe die Idee einer Blitzprüfung eingebracht: eine kurzfristige Bestandsaufnahme durch Experten innerhalb von vier Wochen nach der ersten Regierungssitzung. Das ist dann die Basis für unsere Disposition im Finanz- und Budgetbereich. Und die Justiz arbeitet ohnehin, da wird meiner Meinung nach noch einiges herauskommen.

Ermittlungen gibt es auch gegen den designierten Landeshauptmann Peter Kaiser. Hängt ein Damoklesschwert über der neuen Regierung?

Für uns ist die Trennlinie nicht eine Anzeige oder Ermittlungen, sondern eine Anklageerhebung durch die Korruptionsstaatsanwaltschaft. Wir werden in der Koalitionsvereinbarung festhalten, dass es in dem Fall einen Rücktritt geben muss. Das war eine Bedingung für Verhandlungen. Aber das sehen die anderen Parteien genauso.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2013)

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