Von Venedig nach Afghanistan: Die Geschichte der Drohnen

Drohne
Drohne(c) EPA (ISI / HANDOUT)
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Erfunden hat sie ein Österreicher, heute macht man damit
Luftaufnahmen, überwacht Seegebiete – oder tötet Terroristen.

Im Sommer des Jahres 1849 ereignet sich am Rand des sumpfigen Umlandes der Lagunenstadt Venedig Unvorstellbares: Der Stadt, einem Zentrum der norditalienischen Erhebung gegen die Habsburgermonarchie, nähern sich seltsame Flugobjekte: Ballons. An ihnen hängen Bomben.
Feldmarschall Radetzky hat Venedig seit Monaten belagert, die Reichweite der Geschütze war angesichts des schwierigen Umlandes zu gering, um die Stadt zu treffen, also hat er den Artillerieoffizier Franz von Uchatius, einen Niederösterreicher, geholt: Der hatte seit 1848 mit Bomben experimentiert, die man an Ballone band und durch Abbrennen einer Zündschnur oder elektrisch per Draht ferngesteuert abwarf. Mehr als 110 „Ballonbomben“ flogen gegen Venedig, richteten aber wenig an: Ungünstige Winde trieben die meisten ab, die Waffe verschwand in der Versenkung.

Doch Uchatius (1811–1881) wurde zum Erfinder jener Maschinen, die heute „Drohnen“ heißen und die vor allem seit dem US-geführten „Krieg gegen den Terror“ der breiten Öffentlichkeit bekannt wurden. Dabei sind Drohnen nicht aufs Militärische beschränkt: Im Grunde ist jedes ferngesteuerte Flugzeug bzw. jeder Hubschrauber eine Drohne, sofern es nicht nur als Spielzeug dient – obwohl man durchaus auch von Spielzeugdrohnen sprechen kann: So eine ist etwa die „AR.Drone“ der französischen Firma „Parrot“, ein bizarr wirkendes Gerät von der Größe eines kleinen Koffers, das vier Rotoren hat, per Smartphone gesteuert wird und integrierte Kameras hat; man kann damit etwa Nachbars Garten bestens ausspionieren.

Hunderte Drohnenmodelle


Drohnen gibt es in allen Größen und für viele Anwendungen, wobei „Beobachten“ das Hauptgeschäft ist, mit Kameras oder Sensoren, etwa auch für Strahlung und Gifte. Man benutzt sie für Luftaufnahmen, Wetterbeobachtung, zur Seeaufklärung, für Transporte, Filmproduktionen, etc. Laut Experten gibt es mehr als 680 Drohnenmodelle, die in vielen Staaten gebaut werden; wenngleich die meisten nicht als Waffenträger dienen, ist doch der militärische und polizeiliche Anwendungsbereich vorherrschend.
Im Ersten Weltkrieg baute Lawrence Sperry in den USA Autopiloten in „Curtiss“-Doppeldecker und schuf fliegende Bomben, die aber nicht zum Einsatz kamen. Ferngesteuerte Flugzeuge wurden von Deutschen und Briten im Zweiten Weltkrieg zur Aufklärung und als Zielscheiben für Luftabwehr und Jägerpiloten benutzt, auch der deutsche „V1“-Marschflugkörper war im Grunde eine Drohne.
Die USA klärten mit „Firebees“ im Vietnamkrieg auf, die Israelis suchten mit „Mastiff“-Drohnen im Libanonkrieg 1982 die Standorte der syrischen Luftabwehr, iranische Ingenieure montierten im Krieg gegen den Irak in den 1980ern Panzerfäuste an große Modellflugzeuge – daher gilt der Iran als Erfinder der raketenbewaffneten, wiederverwendbaren Kampfdrohne.

Eine neue Form des Krieges


Diese entwickelten die USA erst in den 1990ern, vor allem die „Reaper“ (Sensenmann) und „Predator“, (Raubtier), die Panzerabwehrraketen und Bomben abwerfen (das taten sie erstmals 2001/02 über Afghanistan gegen die Taliban) und die u. a. auch an Italien, Großbritannien und die Türkei verkauft wurden. Zählt man Kampfdrohnenbauten etwa in Israel und China dazu, dürften ein Dutzend Länder so etwas besitzen. Und: Andere militärische Drohnen, etwa die französische „Harfang“, sind primär Aufklärer, könnten aber von Erbauern und Exportkunden mit findigen Ingenieuren durchaus bewaffnet werden. Kampfdrohnen könnten bald schon in mehr als 75 Ländern fliegen.
Mit den Predators und Reapers leiteten die USA eine neue Form der Kriegsführung ein, den „Drohnenkrieg“ gegen Terroristen, vor allem in Pakistan, Afghanistan, Jemen und Somalia. Die Angriffe forderten bisher wohl zwischen 3500 und 5000 Todesopfer, darunter nicht wenige Zivilisten.
Uchatius' Ballonbombenidee wurde übrigens noch einmal aufgegriffen: Die Japaner schickten 1944/45 mehr als 9000 Ballonbomben über den Pazifik gegen die USA. Der Erfolg war minimal: Sechs Menschen starben.

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