Der heikle Spagat der Neos mit LIF-Reminiszenzen

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Die Neos-Überraschungskandidaten Niko Alm und Sepp Schellhorn sind noch ÖVP-Mitglieder. Es sei Zeit für etwas Neues.

Entweder sie haben Glück. Oder Pech. Ein Glück für die Neos wäre es, würden sie von den einen wegen der Weltanschauung gewählt, für die Sepp Schellhorn steht – verkürzt gesagt: für Wirtschaftsliberalismus. Und von den anderen für eine Weltanschauung, für die Niko Alm steht – verkürzt gesagt: für Gesellschaftsliberalismus. Ein Pech für die Neos wäre es allerdings, wenn Menschen, die wegen des Hoteliers Schellhorn die Neos wählen würden, es dann wegen des Anti-Kirchenprivilegien-Volksbegehrens-Initiators Alm nicht tun. Und umgekehrt.

Es ist ein Spagat, den die Neos da wagen. Für viele Bürgerliche, die auf der Suche nach einer Alternative zur ÖVP mit deren wirtschaftsliberalen Positionen sympathisieren, könnte der kämpferische Atheist Niko Alm ein abschreckendes Feinbild darstellen. Erinnerungen an Heide Schmidts LIF werden wach, das in den 1990ern das Kruzifix im Klassenzimmer bekämpfte.

„Es gibt keine Rechtsliberalen und keine Linksliberalen – es gibt nur Liberale“, sagt Sepp Schellhorn dazu. Es sei Zeit für etwas Neues. Die alten Kämpfe würden keinen mehr interessieren. In einer Partei wie Neos sei für Menschen wie ihn, aber auch für Menschen wie Niko Alm Platz.

Im Wirtschafts- und Bauernbund

Was Alm wie Schellhorn eint: Beide sind – noch – Mitglieder der ÖVP. Schellhorn ist Wirtschaftsbund-Mitglied, sitzt für die ÖVP im Gemeinderat von Goldegg und wirbt für Wilfried Haslauer bei der Salzburger Landtagswahl. Alm ist – mehr oder weniger spaßhalber – dem Wiener Bauernbund beigetreten, als der oberösterreichische Bauerbund-Obmann gefordert hatte, auch Atheisten sollten Kirchensteuern bezahlen.

Grundsätzlich gilt in der ÖVP: Wer für eine andere Partei kandidiert, ist automatisch ausgeschlossen. Im Falle von Niko Alm würde das auch schlagend. Im Gegensatz zum Bauernbund gibt es im Wirtschaftsbund jedoch die Möglichkeit, Mitglied dieser Teilorganisation zu sein, ohne gleich Mitglied in der ÖVP zu sein. Eine sogenannte außerordentliche Mitgliedschaft. Möglicherweise im Fall Schellhorn ein gangbarer Weg. „Wir werden uns mit ihm in Ruhe zusammensetzen und das besprechen, immerhin ist er ja ein wichtiger Proponent im Personenkomitee für Wilfried Haslauer“, sagt der Landesgeschäftsführer der Salzburger ÖVP, Wolfgang Mayer. Und Sepp Schellhorn selbst sagt: „Ich will jetzt einmal abwarten – allerdings habe ich nicht vor, auf Dauer zweigleisig zu fahren.“

Die ÖVP jedenfalls, der von den Neos die größte Gefahr droht und die diesen bisher mit der Taktik „Ned amol ignorieren“ begegnete, wird nun wohl nicht müde werden darauf hinzuweisen, dass sich hinter der bürgerlichen Fassade der Neos böse Antiklerikale verbergen.

Allerdings: Historisch betrachtet hat der Liberalismus, der ein Kind der Aufklärung ist, seit jeher der strikten Trennung von Staat und Kirche das Wort geredet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2013)

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