Pflege: Hundstorfer stoppt den ÖGB

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Für den Sozialminister ist ein Verbot für Selbstständige „kein Thema“. Auf die neue Pflegekarenz ab 2014 haben Angehörige keinen Rechtsanspruch.

Wien. Wie schon 2006 rückt auch heuer vor der Nationalratswahl das Thema Pflege für Politiker in den Mittelpunkt. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) wartet dabei für Betroffene und Angehörige mit zwei positiven Nachrichten auf. Erstens: Der Minister denkt nicht daran, das vom Gewerkschaftsbund (ÖGB) angestrebte Verbot der 24-Stunden-Betreuung daheim auf Selbstständigenbasis umzusetzen. Hintergrund dafür ist, dass die legale 24-Stunden-Betreuung zu Hause sonst zusammenbrechen würde. Zweitens: Für Angehörige von Pflegebedürftigen wird 2014 – allerdings in eingeschränkter Form – die Möglichkeit geschaffen, sich drei Monate lang vom Beruf karenzieren zu lassen.

Der größere Personenkreis ist von Hundstorfers Abfuhr für den ÖGB betroffen. Denn derzeit lassen tausende Österreicher Eltern oder Angehörige meist durch ausländisches Pflegepersonal, das auf Selbstständigenbasis arbeitet, betreuen. Der ÖGB-Bundesvorstand hat vor Ostern beschlossen, dass dies verboten werden soll, weil es sich um Scheinselbstständigkeit handle. Noch bevor das im Juni beim ÖGB-Bundeskongress als Leitantrag beschlossen wird, lässt Ex-ÖGB-Präsident Hundstorfer nun als zuständiger Sozialminister die Gewerkschafter abblitzen. „Ich sehe keinen Handlungsbedarf“, erklärt Hundstorfer der „Presse“: „Das ist für mich kein Thema.“ Denn das System der 24-Stunden-Betreuung funktioniere.

Bundesbehindertenanwalt warnt

Hundstorfer ist damit auf einer Linie mit seinem Vorgänger Erwin Buchinger. In dessen Amtszeit bis 2008 ist die gesetzliche Regelung für die 24-Stunden-Betreuung beschlossen worden, jetzt ist Buchinger als Behindertenanwalt des Bundes nach wie vor auch mit dieser Regelung konfrontiert. Er wird im Gespräch mit der „Presse“ in Richtung ÖGB noch deutlicher als der amtierende Sozialminister: „Ich halte diese Forderung nicht für richtig.“ Denn: „Damit würde dieses bewährte System infrage gestellt.“ Schließlich beruhe dieses zum überwiegenden Teil auf dem Selbstständigenmodell. Die Gewerkschafter argumentieren hingegen, meist werde unselbstständige Tätigkeit umgangen, und das Pflegepersonal habe zu wenige Arbeitnehmerrechte.

Mit der neuen Pflegekarenz werden für Angehörige neue Möglichkeiten eröffnet, Betreuung und Pflege selbst für maximal drei Monate zu übernehmen und ein Karenzgeld der öffentlichen Hand bis zu 1400 Euro brutto im Monat zu erhalten. Basis dafür ist ein von Hundstorfer mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) vereinbarter Gesetzesentwurf, der jetzt seit Freitag bis 24.Mai in Begutachtung ist. Gelten soll die Neuregelung, die von Opposition wie Interessenvertretung begrüßt wurde, ab 1. Jänner 2014.

Es gibt allerdings Einschränkungen bei der Pflegekarenz. Ein Hauptkritikpunkt: Es besteht für Angehörige kein Rechtsanspruch, den Beruf dafür bis zu drei Monate zu unterbrechen. Auch Bundesbehindertenanwalt Buchinger hält das für ein gravierendes Manko.

Größte Gruppe ausgeschlossen

Weiters gilt die Karenz erst für die Pflege (erwachsener) Personen ab Pflegestufe 3 mit höherem Betreuungsaufwand. Zahlenmäßig bleibt demnach der Großteil der Betroffenen, nämlich jene, die hunderttausende Pflegegeldbezieher in den Stufen 1 und 2 betreuen wollen, ausgenommen. Das Sozialressort rechnet vorerst mit rund 2000 Nutzern der Pflegekarenz und Kosten von rund 3,5 Millionen Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2013)

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