Analyse: Grüne Städte, weites schwarzes Land

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Die Grünen erobern die Städte im Westen. Die ÖVP rund um Obmann Michael Spindelegger konzentriert sich mit Blick auf die Nationalratswahl auf das weite Land. Beide buhlen um das bürgerliche Lager.

Wien. Die Grünen übernehmen die Landeshauptstädte: Bei der Tiroler Landtagswahl verdrängten sie Ende April die ÖVP von Platz eins, eine Woche später wurden sie auch in der Stadt Salzburg stärkste Partei. Generell galt einmal mehr: Je städtischer, desto besser schneiden die Grünen ab.

Sogar in Seekirchen am Wallersee, einer Kleinstadt im Flachgau mit 10.000 Einwohnern, überholte man am Sonntag die ÖVP. Wobei das grüne Rekordergebnis bei der Salzburger Landtagswahl – 20,2 Prozent – vor allem auch deshalb zustande kam, weil die Partei in ausnahmslos allen Gemeinden dazugewonnen hat. Daher will man sich in der grünen Bundeszentrale keinesfalls auf den Status „Stadtpartei“ reduzieren lassen: Man sei auch auf dem Land erfolgreich. Und doch ist die Freude groß über den Sieg im schwarzen Innsbruck bzw. roten Salzburg.

Die Gründe für die Liebe der Wähler zu den West-Grünen? Dort sind die Grünen die bessere bürgerliche Alternative – im Gegensatz zu den Parteifreunden in Wien, die viel weiter links stehen. Leidtragende dieser Entwicklung ist vor allem die ÖVP, die Wolfgang Schüssels einst ausgegebenes Ziel – die Städte zurückzuerobern – bisher nicht erreicht hat.

Die heutige Parteispitze rund um Obmann Michael Spindelegger hat den Fokus daher längst auf das flache Land gelegt – ohne dies natürlich offiziell zu bestätigen. Mit Blick auf die Nationalratswahl im Herbst will man sich vor allem auf die großen Bundesländer Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark konzentrieren. Die Städte mit ihren inhomogenen Wählern und Interessengruppen (Auto versus Fahrrad, Eltern versus Kinderlose etc.) will die Partei mit starken Einzelkämpfern wie Sebastian Kurz bearbeiten.

Die Landtaktik der ÖVP ging nicht nur bei der Heeresvolksbefragung im Jänner auf, sondern auch bei den Landtagswahlen in diesem Jahr. In Tirol etwa verteidigte Landeshauptmann Günther Platter vor allem deshalb Platz eins für die ÖVP, weil er fern von Innsbruck erfolgreich war. In Salzburg kam der ÖVP zwar vor allem zugute, dass die SPÖ noch stärkere Verluste hinnehmen musste – allerdings auch deshalb, weil man auf dem Land ein gewisses Niveau halten konnte.

Die Gründe für den grünen Höhenflug in den Städten sind vielschichtig. In Salzburg profitierte die Partei vor allem vom Finanzskandal. In einer Nachwahlbefragung des Sora-Instituts gaben drei Viertel der Grün-Wähler an, die Partei aufgrund ihrer Kompetenzen im Bereich Kontrolle von Missständen gewählt zu haben.

Im skandalgeprüften Kärnten ist es ähnlich gewesen: Bei der Landtagswahl am 3. März verdoppelten die Grünen ihr Ergebnis bekanntlich auf 12,1 Prozent. In der Landeshauptstadt Klagenfurt starteten sie von Platz vier und wurden am Ende zweitstärkste Partei hinter der SPÖ. Es sind nicht nur die Verfehlungen der anderen, die den Grünen helfen. Mit ihren Themen – erneuerbare Energien, Green Jobs, Bildung, bewusste Ernährung – sprechen sie besonders das Lebensgefühl von (eher) wohlhabenden Städtern an.

In Salzburg punktete die Partei am stärksten bei Frauen unter 44Jahren, bei denen sie 31 Prozent erreichte (ex aequo mit der SPÖ). Bei den Jungwählern landeten die Grünen auf Platz zwei hinter der FPÖ (22 bzw. 25 Prozent), im Segment der Älteren, die mehrheitlich Schwarz oder Rot wählten, erreichte man immerhin zwölf Prozent.

Auf einen Blick

In der Stadt Salzburg erreichten die Grünen bei der Landtagswahl am Sonntag 26,32 Prozent und verdrängten damit die SPÖ (24,78 Prozent) von Platz eins. Bei der Tiroler Landtagswahl eine Woche davor hatten die Grünen Innsbruck erobert und die ÖVP überholt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2013)

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