Reformen: Der Regierung läuft die Zeit davon

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Reformen Regierung (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Vom neuen Lehrerdienstrecht bis zur Wehrpflichtreform: Warum große Vorhaben auf der Strecke zu bleiben drohen.

Wien/Aich/Beba/Ib/Maf/Pri. Die Zeit drängt. Ein knapper Monat bleibt der Regierung noch für Reformvorhaben in dieser Legislaturperiode. Danach ist die Frist für das parlamentarische Prozedere abgelaufen. Denn der Nationalrat verabschiedet sich Mitte Juli in die Sommerpause. Danach ist bis zur Nationalratswahl am 29.September keine Plenarsitzung mehr geplant, zumindest keine reguläre (Sondersitzungen sind allerdings möglich).

Vorsorglich hat der Ministerrat am Dienstag noch jene Gesetzesvorlagen an das Parlament weitergeleitet, die in jedem Fall noch vor dem Sommer beschlossen werden sollen – darunter das Bankeninsolvenzrecht und die neue Lehrerausbildung. Andere Reformen drohen angesichts des Zeitdrucks jedoch auf der Strecke zu bleiben.

Kaum Chancen für ein neues Lehrerdienstrecht

Seit mehr als einem Jahr wird über das neue Lehrerdienstrecht verhandelt. Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) gibt sich optimistisch, aber die Chancen für eine Einigung stehen schlecht. Erst vergangene Woche haben die Lehrervertreter den Regierungsentwurf, der im Wesentlichen höhere Einstiegsgehälter, eine flachere Gehaltskurve, mehr Unterrichtsstunden vorsieht, scharf kritisiert. Uneinigkeit herrscht auch innerhalb der Koalition: Schmied wünscht sich mehr Unterstützung von der ÖVP, doch Vizekanzler Michael Spindelegger will es sich mitten im Wahlkampf nicht mit der Lehrergewerkschaft verscherzen. Am Donnerstag wird weiterverhandelt.

Wohnen: Mietrechtverzögert eine Einigung

Die Regierungsarbeitsgruppe zum billigeren Wohnen tagt heute, Mittwoch, erneut. Selbst wenn es dabei Fortschritte zur Ankurbelung der Bauwirtschaft gibt, Kernpunkte werden auf die Zeit nach der Wahl verschoben. Das gilt speziell für ein neues Mietrecht, bei dem sich an den Zuschlägen die Geister scheiden, wie auch an der Zweckbindung der Wohnbauförderung.

Das Spekulationsverbot auf der langen Bank

Nach Auffliegen der Salzburger Finanzaffäre im Dezember waren sich alle einig: Spekulation mit Steuergeldern sollte verboten werden. Doch ein halbes Jahr später ist noch immer kein Beschluss in Sicht. Das Problem? Die Vereinbarung, die Bundesregierung und Landeshauptleute getroffen haben, geht den Oppositionsparteien nicht weit genug. Eine davon (bzw. die Stimmen von BZÖ und Team Stronach zusammen) brauchte es allerdings für eine Verfassungsmehrheit. Die Länder wollen die Regelung jetzt autonom einführen. Doch ohne Bundesgesetz können keine Sanktionen verhängt werden.

• Demokratiereform: Niederlage im Parlament

Im April hätte das Demokratiepaket eigentlich beschlossen werden sollen. Tatsächlich umgesetzt wurde bisher nur ein kleiner Teil – etwa die neue Vorzugsstimmenregelung. Darüber hinaus wollte die Koalition parlamentarische Bürgeranfragen ermöglichen, erfolgreiche Volksbegehren sollten vom Nationalrat verpflichtend behandelt werden müssen. Das Vorhaben scheiterte an der Zweidrittelhürde: Die Opposition will weitergehende Reformen.

• Amtsgeheimnis: Nach Euphorie Ernüchterung

Als eine Initiative zur (weitgehenden) Abschaffung des Amtsgeheimnisses startete, versprach die Koalition rasche Umsetzung. Doch eine Einigung ist bis auf Weiteres nicht in Sicht. Zwar ist für heute, Mittwoch, eine neue Verhandlungsrunde angesetzt. Einig dürfte man sich aber höchstens über die Neudefinition des Amtsgeheimnisses in der Verfassung werden, nicht aber über das einfache Gesetz, das die Details beinhaltet. Die ÖVP kritisiert die mangelnde Bereitschaft der SPÖ, staatsnahe Betriebe einzubeziehen. Die SPÖ meint hingegen, die vom Koalitionspartner gewünschte Enquete zum Thema würde das Vorhaben verzögern. Und entgegen der offiziellen Linie sind nicht alle Mitglieder der Koalitionsparteien von der Abschaffung des Amtsgeheimnisses begeistert.

• Wehrpflichtreform bleibt vorerst Stückwerk

Die Volksbefragung über ein Berufsheer hat überdeckt, dass ein anderes Vorhaben still und leise entsorgt wurde: Die Bundesheerreform, die von einer Kommission unter Leitung des inzwischen verstorbenen Helmut Zilk in Angriff genommen wurde, ist Stückwerk geblieben. Die nach der Volksbefragung angekündigte Reform der Wehrpflicht wird sich bis zur Nationalratswahl wohl auch nicht mehr ausgehen. Maximal die eine oder andere öffentlichkeitswirksame Maßnahme könnte noch verkündet werden, ehe eine neue Regierung und vielleicht ein neuer Minister die Aufgabe übernimmt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2013)

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