Sepp Schellhorn: "Spindelegger ist eine Marionette"

Sepp Schellhorn Spindelegger eine
Sepp Schellhorn Spindelegger eine(c) Clemens FABRY
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Der Hotelier Sepp Schellhorn wartet auf seinen Ausschluss aus der ÖVP. Weil er bei der Nationalratswahl für die Neos antritt – und die Wirtschaftskammer entmachten will.

Die Presse:Sie sind Mitglied im Wirtschaftsbund, vertreten die ÖVP in Ihrer Heimatgemeinde Goldegg und haben in Salzburg den ÖVP-Kandidaten Wilfried Haslauer unterstützt. Bei der Nationalratswahl kandidieren Sie für die Neos. Wie passt das zusammen?

Sepp Schellhorn: Das ist durchaus zeitgemäß. Wenn es hybride Wählerschichten gibt, die regional anders wählen als im Bund, sind auch hybride Kandidaten legitim. Die Neos-Statuten erlauben das auch, jene der ÖVP nicht. Deshalb warte ich auf den Brief. Es wäre das erste Mal in fünf Jahren, dass ich etwas von Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner gehört hätte.

Sie gehen davon aus, dass Sie aus der ÖVP ausgeschlossen werden?

Kritische Geister werden dort bekanntlich nicht gern gehört.

Wenn ich Sie richtig verstehe, haben Sie auf regionaler Ebene kein Problem mit der ÖVP, nur mit der Bundespartei.

So ist es. Im Bund ist Sachpolitik nicht mehr möglich. Deshalb muss ich sagen: Rot-Schwarz gehört weg. SPÖ und ÖVP hatten 60 Jahre Zeit, das Land zu reformieren. Dabei haben sie kläglich versagt.

Was ist der Grund für die Reformstarre der Bundes-ÖVP? Michael Spindelegger? Die Struktur? Oder beides?

Ich glaube, dass Spindelegger in diesem System gar keine Chance hat. Weil es sich die Schattenregierung, also die Sozialpartner und die Landeshauptleute, schon davor gerichtet hat. Spindelegger ist eine Marionette seiner eigenen Partei. So kann man kein Land verändern.

Müssen die Sozialpartner und die Landeshauptleute entmachtet werden?

Man muss Reformen einleiten. Entweder man erlaubt einen Wettbewerb zwischen den Bundesländern, indem man ihnen die Steuerhoheit überträgt. Oder man löst die Landtage auf. Die Sozialpartner sind ein eigenes Kapitel: Sie sind nach der Wenderegierung Schüssel in alter Stärke zurückgekommen.

Trauern Sie Schwarz-Blau nach?

Nein. Man muss Wolfgang Schüssel aber zugutehalten, dass er Reformen angegangen ist. Alle anderen nach ihm haben das nicht getan.

Aber es gibt auch jede Menge mehr oder weniger bewiesener Skandale aus dieser Wendezeit.

Allerdings. Die Ernüchterung kam dann später. So sehr ich im ersten Moment über Andreas Khol verärgert war, dass er Karl-Heinz Grasser als Vizekanzler bzw. ÖVP-Chef verhindert hat, so dankbar bin ich ihm heute. Schauen Sie sich die Hypo Alpe Adria in Kärnten an: Das ist ein Erbe aus dieser Zeit. Schüssel war ein hervorragender Politiker, aber er hat auch vieles geduldet, um an der Macht zu bleiben.

Sie gehen davon aus, dass Schüssel das eine oder andere gewusst hat?

Wenn in meinem Unternehmen etwas schiefläuft, bin ich als Chef auch dafür verantwortlich.

Sie decken bei Neos den bürgerlich-liberalen Flügel ab. Wo im ideologischen Spektrum würden Sie die neue Bewegung als Ganzes einordnen?

Neos ist etwas Frisches, das basisdemokratisch organisiert ist. Es war einzigartig, wie unsere Kandidatenliste zustande gekommen ist, unter anderem durch ein Online-Voting.

Dabei haben Sie allerdings nicht so gut abgeschnitten. Der Parteivorstand hat Sie dann auf Platz vier vorgereiht.

Es war von Anfang an klar, dass das Voting nicht das einzig entscheidende Kriterium ist. Man muss dem Parteivorstand gewisse strategische Entscheidungen überlassen.

Ist das Voting dann nicht eine Farce?

Man findet überall einen Fehler, wenn man sucht. Wir haben immerhin etwas Neues versucht.

Unter dem Neos-Dach haben sich Ex-ÖVPler, ehemalige Grüne, das Liberale Forum und die Jungen Liberalen zusammengetan. Droht die Partei nicht zwischen diesen unterschiedlichen Strömungen zerrieben zu werden?

Gerade diese Vielfalt macht es aus. Es gibt einen offenen Diskurs – und keine bündische Schweigepflicht wie in der ÖVP. Unsere Positionen werden gemeinsam erarbeitet und dann von allen vertreten.

Ich stelle mir die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und beispielsweise dem Liberalen Forum trotzdem schwierig vor. Das LIF steht doch wirtschaftspolitisch eindeutig links von Ihnen.

Es gibt weder links- noch rechts- noch neoliberal, es gibt nur liberal. Wenn man für einen freien Wettbewerb eintritt, die Zwangsmitgliedschaft bei den Kammern abschaffen und die Steuerquote auf 40 Prozent drücken will, ist man in der liberalen Gesinnung richtig.

Haben Sie eigentlich das Kirchenvolksbegehren Ihres Parteikollegen Niko Alm unterschrieben?

Nein – aber nicht, weil ich für oder gegen die Kirche bin. Sondern weil es sinnlos ist, etwas zu unterschreiben, das im Parlament bestenfalls fünf Minuten behandelt wird. Da wird das Volk nicht ernst genommen. Ein Volksbegehren sollte verpflichtend in einer Nationalratssitzung behandelt werden müssen, wenn es von vier Prozent der Wahlberechtigten unterzeichnet wurde.

Wagen Sie als Salzburger eine Prognose für die Konstellation in der nächsten Landesregierung?

Der Fisch liegt auf dem Teller: Schwarz-Grün-Stronach wäre ein gutes Projekt. Schwarz-Rot-Grün würde der Wähler nicht goutieren.

Hans Mayr, Stronachs Filialleiter in Salzburg, ist gleichzeitig Bürgermeister von Goldegg. Wie stehen Sie zu ihm?

Er ist ein sehr guter Bürgermeister. Sachlich haben wir eine gute Basis, damit hat es sich schon. Wir kommen zwar aus dem gleichen Stall, sind aber andere Wege gegangen.

Was halten Sie von Frank Stronach?

Es ist schon einmal eine Sonne vom Himmel gefallen. Wobei: Stronach ist eher eine Sternschnuppe.

Zur Person

Sepp Schellhorn (45), Hotelier, Haubenkoch, Ex-Präsident der Hoteliersvereinigung und ÖVP-Gemeindevertreter in Goldegg (Salzburg), kandidiert bei der Nationalratswahl für Neos (Das neue Österreich). Er will unter anderem die Zwangsmitgliedschaft bei den Kammern abschaffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2013)

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