Der wach geküsste Landtag: Salzburg-Koalition in Zielgerade

GRUeNE SALZBURG: LANDESAUSSCHUSS-SITZUNG
GRUeNE SALZBURG: LANDESAUSSCHUSS-SITZUNGAPA/Neumayr/MMV
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ÖVP, Grüne und das Team Stronach verhandeln nach der Wahl am 5. Mai intensiv über die Bildung einer Koalition. Bis 12. Juni soll die Regierung stehen.

Salzburg. Es war im Frühjahr 2004, als Wahlsiegerin Gabi Burgstaller den Salzburgern ein neues Regieren, eine offenere und transparente Politik versprochen hat. Die Sache, nicht die parteipolitische Brille sollte für die Neuauflage der Großen Koalition unter sozialdemokratischer Führung entscheidend sein. Neun Jahre später stürzten die Wähler die SPÖ nach dem Auffliegen des Finanzskandals von Platz eins, die Ära Burgstaller ist in Kürze Geschichte.

Nun verspricht Wilfried Haslauer, der am 5. Mai die ÖVP bei einem historischen Tiefststand von 29 Prozent zur stärksten Kraft in Salzburg machte, eine neue Politik. Seit eineinhalb Wochen verhandelt er mit Grünen und dem Team Stronach über eine Koalition. Selbst wenn die Skepsis gegenüber der Stabilität dieser Zusammenarbeit groß ist, schlägt der neuen Konstellation in Salzburg auch viel Sympathie entgegen. Man sieht die Chance auf Reform und Veränderung.

Rot und Schwarz standen – abseits des Finanzskandals – für Stillstand und gegenseitige Blockade. Von Anfang an hatte Misstrauen die Zweckgemeinschaft von Burgstaller und Haslauer bestimmt. Nun verspricht der VP-Chef Sachpolitik vor Parteipolitik. Die Chancen dafür stehen gut, der Finanzskandal hat die Bereitschaft für echte Reformen erhöht. Die Grünen pochen auf Transparenz bei Entscheidungen und den Abschied vom Parteibuch bei Postenbesetzungen. Jeder Partner soll die Möglichkeit haben, die Verwirklichung seiner Ideen und Konzepte auch als Erfolg feiern zu können. Dieses Klima der gegenseitigen Wertschätzung bestimme die Koalitionsgespräche, heißt es unisono.

Bei so heiklen Kapiteln wie Finanzen, Sicherheit, Demokratiereform, Wirtschaft, Landwirtschaft oder Klimaschutz hat man sich weitgehend geeinigt. Über die Inhalte wurde Stillschweigen vereinbart. Nur einen Punkt haben die drei Partner kommuniziert: Jene Personen, die ein Amt in der Regierung übernehmen wollen, müssen sich einem Hearing im Landtag stellen.

Wenn dieses wohl auch kaum mehr als Symbolkraft hat, ist es doch ein Signal, dass die künftige Regierung für eine neue Rollenverteilung zwischen dem Landesparlament und der Regierungsbank stehen will. Die Zeit des reinen Abnickens von Gesetzen im Landtag ist vorbei. Vor allem auch deshalb, weil nun die Opposition in Salzburg eine nie gekannte Stärke hat. Die SPÖ wird gemeinsam mit den Freiheitlichen keine Gelegenheit auslassen, um der neuen Regierung auf die Finger zu klopfen.

Die Koalition muss auch noch Hürden in den eigenen Reihen überwinden. Ein Teil der grünen Basis hat mit der Zusammenarbeit mit dem Team Stronach nur mäßige Freude. Auch die Bundesgrünen tun sich schwer, dass die Kollegen in Salzburg die Partei des austrokanadischen Politeinsteigers ministrabel machen. Auch wenn es in Salzburg bisher keine internen Streitigkeiten gab, kommt die Skepsis gegenüber der Verlässlichkeit und den oft schrägen Ideen des Parteigründers nicht von ungefähr.

Auch die Grünen selbst bergen Risikopotenzial. Von den Neo-Mandataren haben die meisten kaum Erfahrung in der Politik. Das bringt frischen Wind und unkonventionelle Zugänge, aber auch viel Platz für Frustration und Konflikt. Cyriak Schwaighofer, der den Klubvorsitz übernehmen soll, wird alle Hände voll zu tun haben, seine Fraktion beisammenzuhalten. Schwarz-Grün-Gelb hätte im Landtag nur eine mit drei Mandaten abgesicherte Mehrheit bei insgesamt 36 Abgeordneten.

Und auch Wilfried Haslauer steht noch vor Entscheidungen. Seine Ankündigung, die Regierung von sieben auf fünf Personen zu verkleinern, wird er nicht einhalten können. Weil es als ausgemacht gilt, dass die ÖVP drei Regierungssitze übernimmt, muss er einen Kandidaten aus seinem vor der Wahl präsentierten Regierungsteam enttäuschen. Ob er auf die einzige VP-Frau oder den Vertreter der Landwirtschaft verzichten wird, ist offen.

Happy End im Finanzskandal?

Salzburg. Steigt Salzburg ohne Verluste aus dem Finanzskandal? Die „Wiener Zeitung“ berichtet jedenfalls, das Land könnte mit weniger Schulden als noch vor Bekanntwerden der Affäre dastehen. Der Abbau der 2012 aufgetauchten Verbindlichkeiten in Höhe von 1,8 Milliarden Euro gehe schneller voran als erwartet. „Es sind mehr als 80 Prozent verkauft worden, und es gibt einen schönen Gewinn“, so ein namentlich nicht genannter Insider.

Fahrplan

Die Verhandlungen über die künftige Koalition in Salzburg werden am Montag fortgesetzt. Ziel der drei Parteien ist es, bis 12.Juni die Verhandlungen abzuschließen. Am 18. Juni soll ein Hearing der künftigen Regierungsmitglieder im Landtag erfolgen, am 19. Juni die konstituierende Sitzung des Landtags mit der Wahl der Regierungsmitglieder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2013)

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