Grasser: Rechtsstreit um Akten droht

Grasser Rechtsstreit Akten droht
Grasser Rechtsstreit Akten droht(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Seit zwei Jahren wartet Österreich auf Akten, die im Verfahren gegen Ex-Finanzminister Grasser beschlagnahmt wurden. Jetzt droht ein langwieriger Rechtsstreit.

Wien. Die sprichwörtliche Schweizer Höflichkeit hört sich auf, wenn es um Karl-Heinz Grasser geht. Heinrich Schwägler, Schweizer Steuerberater und Treuhänder des ehemaligen Finanzministers, weist Anfragen brüsk zurück und selbst der stellvertretende Leitende Staatsanwalt in Zürich, Marcel Strassburger, reagiert auf Fragen ungehalten: „Das geht Sie nichts an.“

Die Nervosität ist nachvollziehbar: Bei Schwägler, weil es bei den Ermittlungen auch um sein Schicksal geht; bei Strassburger, weil seine Behörde seit mehr als zwei Jahren auf wichtigen Akten sitzt, die bei Hausdurchsuchungen in der Schweiz beschlagnahmt wurden. Diese Unterlagen, erklärt ein Wiener Staatsanwalt, könnten den Ausschlag geben, ob es zu einer Anklage gegen Grasser kommt. „Aber wir bekommen sie nicht.“

Man braucht möglicherweise noch viel Geduld: In der Schweiz droht jetzt ein Rechtskonflikt über die Aushändigung der Akten an Wien, der das Verfahren um Monate verzögern könnte.

Hoffnung auf Beweise

Die Causa reicht bis zum April 2011 zurück, als im Zug der Ermittlungen rund um den Verkauf der Bundeswohnungen (Buwog) Hausdurchsuchungen bei Steuerberatern und Treuhändern in Liechtenstein und der Schweiz stattfanden. Die Akten aus dem Fürstentum wurden nach einem langwierigen Rechtsstreit im Dezember 2012 an Wien übergeben. Zwar kamen Anfang dieses Jahres auch aus der Schweiz Akten. „Den Großteil und die wichtigsten Unterlagen haben wir aber noch nicht“, erklärt ein Ermittler.

Von den Unterlagen erhoffen sich die Wiener Staatsanwälte Beweise, dass Grasser Schmiergelder in die Schweiz verschoben hat. Der ehemalige Finanzminister, für den natürlich die Unschuldsvermutung gilt, bestreitet das. Konkret geht es um 500.000 Euro, die auf das Konto der Schweizer Firma Ferint gingen. Ferint war eine Aktiengesellschaft, als einziger Aktionär schien in einem Protokoll Heinrich Schwägler auf. Grasser erklärte, die 500.000 Euro von seiner Schwiegermutter erhalten zu haben. Das glauben die österreichischen Ermittler nicht.

Entscheidend für den Verdacht der Staatsanwaltschaft, dass es sich dabei um Bestechungsgelder handelt, ist die Frage, ob Grasser Treugeber und wirtschaftlicher Eigentümer des Ferint-Kontos war. Die Schweizer Akten sollen darüber Klarheit schaffen.

Wann sie das tun, steht in den Sternen. Nach nicht bestätigten Informationen verhandelt die Staatsanwaltschaft Zürich noch immer mit den Anwälten und den Vertretern Schwäglers. Dabei gehe es um eine „Zustimmung zur Herausgabe“ dieser Akten an Wien. Stimmt die Gegenseite nicht zu – und danach sieht es aus – trifft die Staatsanwaltschaft von sich aus eine Entscheidung. Gegen diese kann die Gegenseite freilich berufen. Damit droht auch in der Schweiz ein ähnlich langwieriger Rechtsstreit wie zuletzt um die Akten in Liechtenstein. Dort hatten Anwälte mehr als eineinhalb Jahre lang um die Überstellung nach Wien prozessiert. Das gibt eine Vorstellung von der Verzögerung, die droht, wenn der Aktenstreit auch in Zürich vor Gericht geht.

Mit der Auslieferung der Akten ist es nicht getan. Gestritten wird zwischen Wien und Zürich angeblich auch über die Frage, wer die Kosten für die Auswertung und Überstellung der Akten übernimmt. Zürich will nicht darauf sitzen bleiben.

Bereits seit mehr als vier Jahren ermittelt die Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien, ob beim Verkauf der Buwog Bestechungsgelder geflossen sind. Der Trauzeuge Grassers, Walter Meischberger, und der PR-Berater Peter Hochegger haben fast zehn Millionen Euro Erfolgsprovision von der Immofinanz kassiert, die den Zuschlag für die 60.000 Wohnungen erhalten hat. Die Immofinanz hat dafür 961,2 Millionen Euro geboten, die unterlegene CA Immo 959,3 Millionen Euro.

100.000 Seiten an Akten

Die Causa hat mittlerweile Dimensionen angenommen, die für Österreichs Justiz rekordverdächtig sind: Bisher gab es in der Angelegenheit etwa 500 Einvernahmen und 60 Hausdurchsuchungen. Der physische Buwog-Akt umfasst 100.000 Seiten. Dazu kommt noch sichergestelltes EDV-Material im Umfang von neun Terabyte.

Auf einen Blick

Die Schweiz hat seit mehr als zwei Jahren Akten, die im Zug der Ermittlungen gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser beschlagnahmt wurden. Über die Herausgabe an Österreich droht jetzt ein langwieriger Rechtsstreit. In Liechtenstein dauerte eine ähnliche Auseinandersetzung eineinhalb Jahre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2013)

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