Verfassung bremst bei neuen Steuerplänen

Verfassung bremst neuen Steuerplaenen
Verfassung bremst neuen Steuerplaenen(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Die Fantasien der SPÖ von einer Vermögensteuer verlieren an Drohkraft. Um sie zu beschließen, brauchte die Partei nach den Wahlen eine Zweidrittelmehrheit.

Wien. In Österreich blühen die Steuerideen – und das nicht erst, seit der Wahlkampf offiziell begonnen hat. Die SPÖ geht mit der Vermögensteuer – die mittlerweile „Millionärssteuer“ heißt – hausieren. Die ÖVP hat den Slogan „keine neuen Steuern“ ausgepackt. Auch das hat man von der Volkspartei, die seit 26 Jahren ohne Unterbrechung in der Regierung sitzt, schon öfter gehört. Trotzdem verlangen nur vier OECD-Länder mehr Abgaben von ihren Bürgern.

Wie sehen die Steuerpläne der Parteien im Detail aus? Wie viel ist Utopie, worauf müssen sich die Österreicher wirklich einstellen?


Vermögensteuer. Am heftigsten diskutiert ist das Lieblingsprojekt der SPÖ: die „Millionärssteuer“. Wirklich bekannt ist aber noch wenig. Nur so viel: Die Vermögensteuer soll ab einem Nettovermögen von einer Million Euro greifen. Ausnahmen für Hauptwohnsitze soll es keine geben, versteuert werden muss alles außer „Hausrat“, der auch Schmuck einschließt. Bisher schließt die ÖVP Vermögensteuern aus. Und selbst wenn sich die beiden Großkoalitionäre nach der Wahl doch einigen würden, dürfte es nicht reichen: Laut Experten brauchte die Regierung eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat, um die Vermögensteuer einzuführen.

Zumindest, wenn die Steuer nicht nur Haus, Auto und die Bilder an der Wand erfassen soll. Sondern auch das, was bei Banken deponiert ist und wohl den Großteil der Vermögenswerte ausmacht: „Vor allem Bankeinlagen, Kontoguthaben, Anleihen“, sagt der Steuerberater Christian Ludwig. Diese unterliegen nämlich dem Endbesteuerungsgesetz. Das steht im Verfassungsrang und besagt, dass mit der Kapitalertragsteuer unter anderem auch Vermögensteuern abgegolten sind.

Woher die Zweidrittelmehrheit kommen soll, ist unklar. Die FPÖ will keinen Vermögensbestand besteuern, sagt Vizeparteichef Norbert Hofer zur „Presse“, kann sich bei „Spitzeneinkommen“ aber einen „zeitlich befristeten Beitrag“ vorstellen. Schützenhilfe kann sich die SPÖ von den Grünen erwarten. Auch ihnen geht es steuertechnisch in Österreich zu wenig an die Substanz. Mangels klarer Konzepte könne man aber nicht sagen, ob die SPÖ-Pläne unterstützt würden, heißt es in der Parteizentrale. Die Devise sei offenbar „plakatieren statt konzipieren“. Vom BZÖ gibt es für jede Steuererhöhung ein kategorisches Nein. Die Orangen fordern stattdessen den kompletten Umstieg auf eine „Flat Tax“ für Arbeitnehmer und Unternehmen.


Erbschaftssteuer
. Angesichts dieser Schwierigkeiten ist es gut möglich, dass die SPÖ den Wahlkampfschlager „Millionärssteuer“ nach den Wahlen fallen lassen und stattdessen auf die Erbschaftssteuer drängen wird. Damit gäbe es ähnliche Probleme: Auch hier ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, wenn die Vermögenswerte auf Bankkonten und -depots miterfasst werden sollen. Denn auch hier schlägt das Endbesteuerungsgesetz zu: Die Erbschaftssteuer ist mit der KESt ebenfalls abgegolten.

Als mögliche Bündnispartner für die Erbschaftssteuer kommen die Grünen infrage. Sie fordern die Wiedereinführung einer progressiven Erbschafts- und Schenkungssteuer ab 500.000 Euro – auch für Privatstiftungen – und erhoffen sich Einnahmen von bis zu zwei Milliarden Euro. Die FPÖ lehnt Erbschaftssteuern ab. Und die ÖVP will derzeit sowieso am liebsten gar nicht über Steuern reden.

Eine weitere Schwierigkeit: „Vor Neueinführung einer Erbschaftssteuer müsste das Bewertungsgesetz in Ordnung gebracht werden“, so Steuerberater Ludwig. Denn dass die unterschiedlichen Bewertungsregeln für Liegenschaften und andere Vermögenswerte (Stichwort Einheitswerte) verfassungswidrig sind, steht schon fest. Das führte zur Aufhebung der „Erbschaftssteuer alt“ durch den Verfassungsgerichtshof.

Entlastung für Familien. Von den Steuerplänen, die angeblich in den Schubladen der ÖVP herumliegen, ist wenig bekannt. Nur so viel: Familien sollen um 2,7 Milliarden Euro steuerlich begünstigt werden. Konkret geplant ist ein Steuerfreibetrag von je 3500 Euro pro Kind und Elternteil. Wer keine Lohnsteuern bezahlt, weil er zu wenig verdient, profitiert davon nicht. Vom Familiensplitting, wie es die Freiheitlichen fordern, hat sich die Volkspartei verabschiedet. Auch das BZÖ lehnt ein Familiensplitting ab. Dafür gebe es mit ihnen einen Kinderabsetzbetrag in Höhe von 9000 Euro pro Jahr – ohne Negativsteuer. Die SPÖ hält von den Vorschlägen der ÖVP wenig und setzt vor allem auf Direktzahlungen.


Neue Ökosteuern.Kernpunkt des sieben Milliarden Euro schweren Steuerprogramms der Grünen sind neue Ökosteuern: eine flächendeckende Lkw-Maut, eine Flugticketabgabe, eine Energieabgabe und eine CO2-Steuer auf fossile Energieträger. Dafür soll Arbeit um 3,8 Milliarden Euro entlastet werden. Für diese „Ökologisierung des Steuersystems“ könnten sich SPÖ und ÖVP wohl erwärmen. Schon 2010 haben sie unter diesem Deckmantel die Senkung der Abgaben auf Arbeit versprochen. Gekommen ist es bekanntlich ganz anders. Die Mineralölsteuer wurde erhöht, auf die Lohnsteuersenkung warten die Österreicher noch immer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2013)

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