Telekom-Prozess: „Naiv schon, aber niemals illegal“

Telekom Prozess
Telekom Prozess (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Tag drei der Verhandlung um Telekom-Geld und das BZÖ. Die Zwischenbilanz: Keiner der insgesamt zehn Angeklagten will als treibende Kraft gelten.

Wien. Fast eine Million Euro Telekom-Geld für den Wahlkampf des BZÖ im Jahr 2006; illegale Parteienfinanzierung; Abwicklung der Transaktionen mittels parteinaher Werbeagenturen; Motiv der „Freigiebigkeit“ seitens der Telekom: die von der Politik betriebene Änderung einer „Telefonzellen-Verordnung“ zum Vorteil des teilstaatlichen Unternehmens.

Mit diesen Eckpunkten zog Staatsanwalt Hannes Wandl vorige Woche in einen wahren Monsterprozess. Generalvorwurf: Untreue. Die Hauptangeklagten: Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer und Lobbyist Peter Hochegger. Mittlerweile sind drei Verhandlungstage vergangen. Die erste Zwischenbilanz zeigt: Am Sachverhalt an sich wird kaum gerüttelt. Nur bei der Frage nach der Strafbarkeit, also dort, wo es um Geständnisse im Sinne der Anklage geht, wird die Sache ziemlich zäh. Denn: Keiner will der Ideengeber gewesen sein. Keiner will sich als Mastermind hinstellen lassen.

Sehr deutlich wurde dies am Montag bei der Einvernahme des Werbers Kurt Sch. (47): „Ich stehe dazu, ich habe das gemacht, aber ich habe nicht im Entferntesten daran gedacht, dass ich Befugnisse missbrauche.“ Also: „Nicht schuldig“. Warum soll eigentlich der Chef einer kleinen Werbeagentur, der für die Orangen in der heißen Phase des Wahlkampfes 2006 grafisches Material ausgearbeitet hat und dafür von der Telekom (und nicht direkt vom BZÖ) entlohnt wurde, Beihilfe zur Untreue begangen haben? Warum soll Sch. Befugnisse missbraucht haben?

Fischer: „Nur gegengezeichnet“

Letzteres ist schnell erklärt: Der Missbrauch einer Befugnis ist Tatbestandsmerkmal des Verbrechens der Untreue (dieses ist mit bis zu zehn Jahren Haft bedroht). Untreue – als unmittelbarer Täter – soll Ex-Telekom-Vorstand Fischer begangen haben. Er soll also seine Befugnis missbraucht haben, indem er das Geld, 960.000 Euro, freigab. Der Werber soll, laut Anklage, „nur“ Beihilfe geleistet haben.

Wen soll Fischer eigentlich geschädigt haben (Untreue verlangt ja den Vorsatz, jemanden zu schädigen)? Ganz einfach: die Aktionärsgemeinschaft, die Eigentümer des Unternehmens. Insofern fragte Staatsanwalt Wandl am ersten Prozesstag rhetorisch: „Was wäre in der Hauptversammlung der Telekom los gewesen, wenn der Vorstand gesagt hätte: ,Wir würden gerne eine Million Euro an das BZÖ spenden!‘“? Wenn nun ein Werber an die Telekom Scheinrechnungen schickt (die Telekom hatte die Rechnungen zuvor selbst „gebastelt“) – müssen dann nicht alle Alarmglocken läuten? Selbstverständlich, meint der Staatsanwalt. Und kommt so zur Beteiligung an der Untreue (und damit eben implizit auch zur Beteiligung an Befugnismissbrauch).

„Ich war naiv“, sagte nun Werber Sch. „Aber für mich war das in den kühnsten Träumen nie etwas Illegales.“ Er habe einfach angenommen, die Telekom und die Partei würden sich das schon untereinander ausmachen. Punkt.

„Die Telekom“ aber bestand laut Anklage im Wesentlichen aus Rudolf Fischer und dem Ex-Controller Gernot Schieszler. Letzterer hat Kronzeugenstatus. Und Fischer bestreitet alle Vorwürfe. Er habe den Verwendungszweck des Geldes zwar gegengezeichnet. Aber als Vorstand lese man nicht immer alles zur Unterschrift Vorliegende durch. Anders als Kurt Sch. – ihm hatte die Telekom 720.000 Euro überwiesen – bekannte sich nun die Werberin Tina H. (bei ihr langten 240.000 Euro für den Wahlkampf ein) schuldig. Nicht nur faktisch, auch rechtlich.

Bleiben noch die angeklagten Ex-Politiker, Ex-BZÖ-Nationalratsabgeordneter Klaus Wittauer (er wird von Tina H. belastet) und Ex-BZÖ-Bundesgeschäftsführer Arno Eccher. Wittauer gibt immerhin zu, sich als Vermittler zwischen Hochegger, der Agentur des Webers Sch. und der Partei eingesetzt zu haben. Insofern gesteht er auch einen Beitrag an der Untreue. Aber den großen Geldverteiler will er keineswegs verkörpern. Eccher wiederum sagt, ihm bzw. seiner Agentur Orange sei von Sch. Geld weitergeleitet worden. Aber er habe nicht wissen können, dass dies Telekom-Geld gewesen sei.

Nur kleine Rädchen im Getriebe

Hochegger selbst nimmt sich maximal aus dem Spiel. Obwohl er von Wittauer belastet wird, sagt er, die Telekom habe ihn damals gar nicht gebraucht. Also: „Nicht schuldig“. So ergibt sich nach Tag drei das Bild: Entweder man war gar nicht bzw. nicht so richtig mit dabei. Oder man war dabei, aber nur als kleiner Teil eines großen Ganzen. Dieses große Ganze will definitiv niemand schultern. Heute, Dienstag, wird weiterverhandelt.

Was sonst noch geschah

Wegen übler Nachrede will der BZÖ-Abgeordnete Peter Westenthaler den Tiroler Ex-BZÖ-Mandatar Klaus Wittauer klagen. Dieser hatte Westenthaler in die Nähe der Telekom-Gelder gerückt. Westenthaler sagt, er habe mit den Geldern nichts zu tun.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2013)

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