Grasser: Steuerakt platzt in den Wahlkampf

Grasser Steuerakt platzt Wahlkampf
Grasser Steuerakt platzt Wahlkampf(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
  • Drucken

Der Abschlussbericht der Steuerbehörde im Fall Grasser ist da. Er soll fünf Millionen Euro hinterzogen haben. Die Höchststrafe beträgt in solchen Fällen das Dreifache des betreffenden hinterzogenen Betrags

Auch wenn sich ÖVP und FPÖ schon zig Male von dem Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser distanziert haben – er ist und bleibt einer der wichtigsten Vertreter der schwarz-blauen Regierung. Daher werden auch jedes Mal, wenn ein neuer Vorwurf gegen ihn erhoben wird, automatisch die Korruptionsskandale rund um diese Ära wieder aufgewühlt und in Erinnerung gerufen– etwa die Causa Telekom oder die Causa Buwog, um nur zwei zu nennen. Die derzeitigen Parteichefs Michael Spindelegger (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) würden diesen Teil samt dazugehöriger Gerichtsverfahren wohl am liebsten einfach aus dem Geschichtsbuch streichen. Ganz besonders jetzt: sechs Wochen vor der Nationalratswahl.

Aber alles der Reihe nach: Karl-Heinz Grasser soll insgesamt 4,95 Millionen Euro nicht korrekt versteuert haben, berichtete die Tageszeitung „Kurier“ am Samstag. Das soll aus dem Abschlussbericht der Steuerstrafbehörde, der stolze 851 Seiten umfasst, hervorgehen. Laut Ermittlern soll Grasser Einnahmen in dieser Höhe mit Hilfe eines schwer durchschaubaren Netzes an (mutmaßlichen) Briefkasten-Offshore-Firmen nicht korrekt versteuert haben. Grassers Anwalt, Manfred Ainedter, will "natürlich alles tun", um den Vorwurf der Finanz der mutmaßlichen Steuerhinterziehung gegen seinen Mandanten "zu widerlegen". Zum "umfangreichen Papier" - der Abschlussbericht soll samt Beilagen 851 Seiten umfassen - will Ainedter Stellung nehmen, wenn er nächste Woche aus seinem Urlaub zurück sei, so der Anwalt zur Zeitung "Österreich" (Sonntag). Es könne angesichts des Berichts natürlich sein, dass es zu einer Anklage gegen Grasser komme. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Der von den Ermittlern festgestellte „Wertbetrag“ hat eine besondere Bedeutung: Er dient als Grundlage für den möglichen Strafrahmen im Finanzstrafverfahren. Kommt es nun aufgrund der Ermittlungen zu einer Anklage durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), droht Grasser eine extrem saftige Strafe.


15 Millionen Strafe. Denn die Höchststrafe beträgt in solchen Fällen das Dreifache des betreffenden hinterzogenen Betrags – im Fall Grasser also bis zu 14,85 Millionen Euro. Die konkrete Höhe der Strafe wird aber erst ein Strafrichter in einer Hauptverhandlung festsetzen. Tatsächlich dürfte Grasser den Abschlussbericht mit einer gewissen Erleichterung zur Kenntnis genommen haben. Immerhin war ursprünglich von einer hinterzogenen Summe um die acht Millionen Euro die Rede. Hätte sich diese Summe bestätigt, dem Ex-Finanzminister hätte eine theoretische Höchststrafe von 24 Millionen Euro gedroht.

Die untersuchten Einnahmen stammen vor allem aus einem Engagement bei der Meinl-Gruppe (Vertriebsprovisionen) – und sind laut Steuerbehörden Grasser selbst zuzuordnen und nicht etwa den zwischengeschalteten Gesellschaften. Karl-Heinz Grasser war zu dieser Zeit übrigens auch gar nicht Minister – aber wie gesagt: Sechs Wochen vor der Wahl können sowohl Schwarz als auch Blau solche Schlagzeilen nicht gebrauchen.

Anklage vor Wahl? Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bestätigte indes, dass sie den angesprochenen Abschlussbericht erhalten habe und dieser auch den Beschuldigten bereits übermittelt sei. Neben Grasser steht nämlich sein ehemaliger Steuerberater Peter Haunold von der Firma Deloitte unter Verdacht. Offen bleibt, ob die Staatsanwaltschaft überhaupt Anklage erheben wird – und falls ja, ob sie dies noch vor der Wahl machen will.

Die beiden Beschuldigten haben jedenfalls sowohl für den Abschlussbericht als auch ein mögliches Verfahren bereits vorgebeugt: Sie beschuldigen sich in aller Öffentlichkeit gegenseitig. Grasser klagte bereits vergangenen Monat seine Steuerberater und wirft ihnen vor, ihn falsch beraten und über die rechtlichen Risken nicht aufgeklärt zu haben. Somit liege die Verantwortung für eine mögliche Steuerhinterziehung bei den Beratern – sagt zumindest Grasser. Deloitte weist die Vorwürfe wiederum vehement zurück.


Zugang zu Akten? Damit Staatsanwalt Gerald Denk die Aussagen der beiden beschuldigten Parteien besser bewerten kann, braucht er laut „Kurier“ im Idealfall Zugang zu beschlagnahmten Steuerberater-Unterlagen. Und um diesen zu erhalten, braucht er eine positive Entscheidung des Oberlandesgerichtes über die Herausgabe dieser Akten. Wann die vorliegt, ist allerdings noch unklar.

Der Fall wird also noch weiter Schlagzeilen in der heißen Phase des Wahlkampfes machen – zum Leidwesen von so manchen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Hat Grasser 4,95 Mio. Euro nicht versteuert?

Die Finanzstrafbehörde hat ihren 851 Seiten dicken Abschlussbericht zu Karl-Heinz Grassers Finanzstrafverfahren vorgelegt.
Österreich

Hat Grasser 4,95 Mio. Euro nicht versteuert?

Die Finanzstrafbehörde hat ihren 851 Seiten dicken Abschlussbericht zu Karl-Heinz Grassers Finanzstrafverfahren vorgelegt.
Former Austrian Finance Minister Grasser talks to the media as he arrives at court in Vienna
Österreich

Finanz nimmt weitere Grasser-Konten unter die Lupe

Es geht um Barzahlungen in Höhe von 1,6 Mio. Euro. Grasser soll während seiner Zeit als Finanzminister zu Weihnachten und zum Geburtstag Geld-Geschenke von seinen Eltern bekommen haben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.