Telekom: Ein Prozess im Wahlkampf

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Das Finale des Telekom-Prozesses leitet das Finale des Wahlkampfes ein: Mit (Ex-)Politikern im Zeugenstand und einem brisanten Gutachten. Dieses wirft nun auch neue Fragen zu Geldern im Bereich der Stadt Wien auf.

Das Finale des Großprozesses um mutmaßlich illegale Parteienfinanzierung durch die Telekom Austria (TA) geht ab morgen, Montag, in Wien über die Bühne – garniert mit einem brisanten (der „Presse“ vorliegenden) Gutachten, das Geldflüsse der teilstaatlichen TA hin zu ÖVP, SPÖ, FPÖ und BZÖ nachzeichnet. Also erst das Prozessfinale, kurz darauf das Wahlkampffinale. Gewiss, dieses – von vielen misstrauisch beobachtete – Timing wurde von der Justiz sozusagen hausgemacht.

Aber: Erstens ist nicht sicher, ob, wie geplant, am kommenden Freitag, dem 13. (!) September, tatsächlich die Urteile fallen. Das Strafverfahren um Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer, den Lobbyisten Peter Hochegger, die beiden Ex-BZÖ-Männer Klaus Wittauer und Arno Eccher, einen Werber und einen Ex-Pressesprecher, könnte auch vertagt werden. Und zweitens: Wäre das Finale eines politischen Prozesses wegen der bevorstehenden Nationalratswahl verschoben worden, wäre dies tatsächlich nicht zu Unrecht als untragbar angesehen worden.

So steht nun ein Aufmarsch prominenter Zeugen bevor. Rund um das eigentliche Prozessthema – nämlich die laut Anklage von der Telekom vorgenommene Zahlung von 960.000 Euro im September 2006 für den Wahlkampf des BZÖ – ist am Montag etwa Ex-ÖIAG-Chef Peter Michaelis geladen. Ferner sollen BZÖ-Bundessprecher Heimo Lepuschitz und Rüdiger Schender, früher Kabinettschef des einstigen Vizekanzlers und Verkehrsministers Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ) kommen.

Am Dienstag soll Gorbach selbst aussagen. Als Zeuge. Im eingangs erwähnten Gutachten, erstellt vom Rechnungswesenexperten Matthias Kopetzky, fällt der Name Gorbach. Und auch jener von dessen Sekretärin K. Diese sei 2007 bis 2009 von der Hochegger-Firma Valora AG finanziert worden sein. Also von jener Firma, die einen eigenen Telekom-Geldtopf verwaltete.

Spannend wird am Dienstag auch die Aussage von Michael Fischer. Er war früher ÖVP-Organisationsreferent. Zu der von ihm geleiteten ÖVP-nahen Werbeagentur MediaSelect flossen Gelder, die der ÖVP (etwa für Inserate) zugutekamen. Mutmaßlich Telekom-Gelder. Die MediaSelect legte nämlich Rechnungen an die Valora. Letztere griff in ihren Telekom-Geldtopf und zahlte: Laut Gutachten 190.800 Euro in den Jahren 2006 und 2007. Erbrachte die MediaSelect Leistungen für die Valora? „Leistungserbringung nicht nachvollziehbar“, heißt es in der Expertise.

Der Mittwoch sollte eigentlich Ex-BZÖ-Justizministerin Karin Gastinger gehören. Diese ließ sich aber bereits als Zeugin entschuldigen. Ihr ehemaliger Kabinettschef, Michael Schön, mittlerweile Staatsanwalt in der Korruptionsstaatsanwaltschaft, soll aber sehr wohl erscheinen. Auch Ex-BZÖ-Chef Peter Westenthaler hat für diesen Tag eine Ladung erhalten.

Mit dem ÖVP-Wahlkampfleiter, Generalsekretär Hannes Rauch, erhält das Verfahren am Donnerstag einen letzten Höhepunkt: Rauch ist als Zeuge geladen – zu der Frage, ob es im Rahmen der Nationalratswahl 2006 Abwerbeversuche der ÖVP in Richtung Gastinger gegeben habe. Am Freitag könnten die Urteile verkündet werden.

Valora-Geld für die Stadt Wien? Indes brachte das jüngste Gutachten auch eine neue, mit dem Prozess in keinem Zusammenhang stehende Facette hervor, die die SPÖ-dominierte Bundeshauptstadt betrifft: Die für die Organisation großer City-Events zuständige Stadt Wien Marketing GmbH, eine 100-Prozent-Tochter der Stadt Wien, stellte laut Gutachten ebenfalls Rechnungen an die Valora: in den Jahren 2006 und 2007 im Umfang von insgesamt 37.800 Euro. Das Geld soll geflossen sein, weil die Telekom als Sponsor in diesen beiden Jahren je einen Tisch für den im Rathaus stattfindenden „Wiener Weinpreis“ gebucht hat.

Kam dann überhaupt jemand von der Telekom? Und wenn ja: wer? Dies lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Ein Telekom-Branding wies der Tisch laut Wien-Marketing-Geschäftsführung jedenfalls nicht auf, zumal man (zwar nicht speziell für den Weinpreis) eine Partnerschaft mit der Konkurrenz, T-Mobile, habe.

Laut Gutachten ist die Leistungserbringung der Marketinggesellschaft „nicht vollständig nachvollziehbar“. Und: Es scheine möglich, „dass Rechnung und Zahlung tatsächlich auchnicht in Zusammenhang mit dem Wiener Weinpreis verwendet worden sein könnten“. Stadt-Wien-Marketing-Geschäftsführer Michael Draxler versicherte der „Presse“, dass durch die Vergabe des Tisches „definitiv eine Leistung erbracht“ worden sei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2013)

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