Von der selektiven Erinnerung an das Thema Parteienfinanzierung

Hubert Gorbach
Hubert Gorbach (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Der Fluss der Telekom-Gelder Richtung BZÖ zeigt beispielhaft das Dilemma „diskreter“ Finanzierung. Anstelle von Erklärungen taten sich Widersprüche auf.

Warum hat die teilstaatliche Telekom Austria (TA), die 2006 fast eine Million Euro Richtung BZÖ fließen ließ (das BZÖ stellte damals den Infrastrukturminister, nämlich Hubert Gorbach), diese Transaktion nicht einfach als Parteispende abgewickelt? Warum ließen sich (laut Anklage im Telekom-Strafverfahren) Verantwortliche des TA-Vorstandes damals darauf ein, das Geld via Scheinrechnungen an Werbeagenturen zu schleusen?

Diese Fragen standen im Hintergrund, als am Dienstag in Wien das Telekom-Verfahren fortgesetzt wurde. Anstelle von Erklärungen taten sich entweder Widersprüche oder – siehe die Aussage von Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach – Erinnerungslücken auf.

Gewiss, einer der Akteure hätte sagen können, dass in Österreich so etwas wie eine transparente Parteispendenpraxis nicht existiert (hat). Jemand hätte auch sagen können, dass in der Regel weder der Geber noch der Nehmer Interesse am Bekanntwerden einer Parteispende (gehabt) hat. Auch hätte gesagt werden können, dass es für Geber steuerlich vorteilhafter, aber illegal ist, so zu tun, als kaufe man eine Leistung (Beispiel: „Studien“ von parteinahen Werbeagenturen), als offiziell einer Partei Geld zu spenden. Nichts davon wurde gesagt.

Dafür aber traten Widersprüche zutage: etwa aufgrund der Zeugenaussage von Ulrike Pöchinger. Sie war Kabinettsmitarbeiterin von BZÖ-Justizministerin Karin Gastinger. Nun ist sie die Frau von Christoph Pöchinger, des einstigen Pressesprechers der Ministerin. Dieser sitzt wegen Beihilfe zur Untreue auf der Anklagebank. Er soll eine Werberin bei einem verbotenen Telekom-Deal bestärkt haben, bestreitet dies jedoch.

Gorbach: „Das ist mir nicht erinnerlich“

Frau Pöchinger sagte, sie habe sich keineswegs gewundert, als sie erfuhr, dass das Geld für Gastingers (später abgebrochenen) Vorzugsstimmenwahlkampf nicht, wie angenommen, vom BZÖ selbst, sondern von der Telekom kam: „Es gab kein großes Erstaunen. Die Telekom war sehr präsent.“ So habe der Konzern Gastinger zum Hahnenkammrennen eingeladen, der damalige Kabinettschef Michael Schön sei zur Akropolis-Rallye eingeladen worden (gegen Gastinger und Schön wurde ermittelt, das Verfahren wurde eingestellt). Irgendwann habe Christoph Pöchinger bei einer Kabinettssitzung über die Telekom als Geldgeberin informiert. Gastinger hatte hingegen als Zeugin vor der Polizei ausgesagt, sie habe angenommen, dass es BZÖ-Geld gewesen sei.

So viel zum Thema Widerspruch. Nun zu den Erinnerungslücken. Diese manifestierten sich im Stehsatz des Zeugen Gorbach (gegen ihn läuft ein Verfahren, weil dessen Sekretärin nach seiner Amtszeit Telekomgeld bekommen hat): „Das ist mir nicht erinnerlich.“ Gemeint waren da etwaige Gespräche mit dem Lobbyisten Peter Hochegger über „Telekom-Themen“. Auch über Parteifinanzen könne er – obgleich er zeitweilig Bündnisobmann war – nichts sagen. „Ich war nicht involviert.“ Selbst die Frage „Wussten Sie, dass Hochegger für die Telekom tätig ist?“ beantwortete Gorbach mit: „Nein.“

Fazit: Offenbar bereitet kaum ein (Tabu-)Thema so große Schwierigkeiten wie das Thema Parteienfinanzierung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2013)

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