Neos: Der Liberalismus hat (zu) viele Gesichter

Hans Peter Haselsteiner
Hans Peter Haselsteiner(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Die wirtschaftspolitischen Ansichten Hans Peter Haselsteiners spalten die Neos-Gemeinde. Schadet das Antreten des Sponsors an vorderster Front mehr, als es nützt?

Wien. Am Freitag zogen die Neos mit einer großen Nummer in die Wahlschlacht: mit Guy Verhofstadt, dem früheren belgischen Premier. Er sprach von einem „dringend notwendigen Sauerstoffballon“ für Österreichs Politik in Form der Neos. Zudem würden die Neos für ein „starkes, integriertes Europa“ stehen. Daher wirbt die Partei nun auch in Städten wie Paris oder Rom um die Stimmen der 300.000 Auslandsösterreicher.

Vor einer Woche war eine andere große Nummer präsentiert worden: Hans Peter Haselsteiner – als potenzieller Minister und Koalitionsverhandlungsführer. Seither gehen die Meinungen in der Neos-Fangemeinde darüber auseinander, ob das eine gute Idee war.

Das in liberalen bzw. konservativ-liberalen Kreisen bestehende Unbehagen über Haselsteiners Antreten hat etwa der Publizist Christian Ortner in seinem wöchentlichen „Presse“-Gastkommentar artikuliert: Das Problem sei nicht so sehr der von Haselsteiner propagierte Grenzsteuersatz von 95 Prozent ab der 50.Million, sondern dass er eine Inflation von zehn bis zwölf Prozent für ein probates Mittel halte, um die Wirtschaft anzukurbeln. „Das hat mit Liberalismus ungefähr so viel zu tun wie der linke Rand der KPÖ mit Baroness Thatchers Gedankengut.“

Nikolaus Scherak, Chef der Julis, die Teil der Neos-Plattform sind, denkt ähnlich: „Der Staat muss Eigentum schützen. Aber wenn man darangeht, Schulden wegzuinflationieren, dann wird das Geld weniger wert.“ Der Gastronom und Neos-Kandidat Sepp Schellhorn geht ebenfalls auf Distanz zum früheren Strabag-Chef, wobei er keinen gröberen Konflikt heraufdräuen sieht: „Unser hart erarbeitetes Programm ist einzementiert. Haselsteiner ist erst später hinzugekommen und wird sich dem unterordnen.“ Das heißt: keine höheren Steuern und auch keine Erbschaftssteuer, über deren Wiedereinführung Haselsteiner zumindest nachdenken will. Über die von diesem propagierte Erhöhung der Grundsteuer könne man aber reden, sagt Schellhorn.

„Wenn man eine Marke wie HPH in den Wahlkampf einbringt, ist klar, dass er polarisiert“, sagt Neos-Chef Matthias Strolz dazu. „An manchen Ecken tut er auch weh, das stimmt.“ Haselsteiner unterschreibe aber ansonsten die Ideen der Neos. Und an die Adresse der Kritiker gerichtet: „Wer ein Haar in der Suppe finden will, der wird auch eines finden.“

Demoskop: Keine Auswirkung

Schadet Haselsteiner den Neos also mehr, als er nützt? „Haselsteiner wird den Neos kaum schaden, aber auch nicht auf einen Schlag 50.000 Stimmen bringen“, glaubt Meinungsforscher Peter Hajek. Mit seiner Bekanntheit verschaffe er den Neos aber mediale Aufmerksamkeit. „Und noch viel wichtiger ist: Man bindet den Großsponsor stärker an die Partei.“

Von Schellhorn über Haselsteiner bis Niko Alm, dem Anti-Kirchen-Volksbegehrer: Diese Breite ist für die Neos auch eine Gefahr. Jeder hat seine eigene Interpretation von Liberalismus. Dass Haselsteiner allerdings erst jetzt für Aufregung sorgt, ist wohl nur mit den Gesetzen der Mediengesellschaft zu erklären. Denn er hat ja schon bisher Wahlkampf für die Neos gemacht. Er hat ihn bezahlt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2013)

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