Telekom-Prozess: Nur einer wurde freigesprochen

Ex-TA-Vorstand Rudolf Fischer am Montag vor Beginn des Prozesses.
Ex-TA-Vorstand Rudolf Fischer am Montag vor Beginn des Prozesses.APA/HELMUT FOHRINGER
  • Drucken

Die nächtlichen Telekom-Urteile brachten eine finanzielle Schlappe für das BZÖ, einen erstmals verurteilten Peter Hochegger und einen erstmals freigesprochenen Rudolf Fischer.

Richter Michael Tolstiuk vom Straflandesgericht Wien hält nicht viel davon, Prozesse zu vertagen. Hat er erst einen „Fahrplan", wird dieser auch befolgt. Freitag, der 13., war als Urteilstag im Untreueprozess zum Thema „Telekomgeld fürs BZÖ" geplant. So, fast so, kam es dann auch. Es war bereits Samstag, etwa 0.30 Uhr, als Lobbyist Peter Hochegger (64) zweieinhalb Jahre Freiheitsstrafe bekam; als Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer (nach zwei vorangegangenen, nicht rechtskräftigen) Verurteilungen diesmal freigesprochen wurde. Und als das BZÖ ausgerechnet im Wahlkampf die aus Bündnissicht schlimme Botschaft vernahm, dass 960.000 Euro aus der Parteikasse abgeschöpft werden sollen.

Hochegger, dessen frühere Umtriebigkeit heutzutage auch noch ÖVP und SPÖ auf den Kopf fällt, nahm den Schuldspruch „mit Gleichmut" hin. „Es ist so, ich kann es nicht ändern. Ich werde mich nun zurückziehen und entspannen." Richter Tolstiuk und seine beiden Senatsmitglieder, zwei Laienrichter (eine Frau, ein Mann), haben Hochegger einfach nicht geglaubt.

Dieser hat erklärt, er werde vom Kronzeugen, dem Ex-Telekom-Manager Gernot Schieszler, zu Unrecht belastet. Er sei gar nicht als Mittelsmann zwischen der Telekom und dem BZÖ aufgetreten. Er habe dem Konzern auch nicht mitgeteilt, dass sich das BZÖ (es stellte zur Tatzeit, 2006, mit Hubert Gorbach den Infrastrukturminister) etwa eine Million Euro erwarte, um daraufhin eine für die Telekom bis dato ungünstige Telefonzellenverordnung abzuändern. Aber wie gesagt: Das Gericht glaubte Hochegger nicht.

Dafür glaubte es Fischer; jedenfalls war dem 60-Jährigen kein Anklagevorwurf nachzuweisen. Staatsanwalt Hannes Wandl hätte Fischer gern ein drittes Mal verurteilt gesehen. Fischer war es nämlich, der seine Unterschrift unter jene Papiere setzte, die die Geldflüsse an Werbeagenturen und damit in Richtung BZÖ ermöglichten.

Ja, Fischer habe unterschrieben, aber wohl „vorsatzlos", meinte der Senat. Er sei - und dies müsse man ihm im Zweifel zubilligen - als „Werkzeug" missbraucht worden. Er habe nicht erkannt, dass für die Zahlungen an Agenturen keine Leistungen zurückkamen. Und dass diese Agenturen in Wahrheit als BZÖ-Geldtöpfe bzw. als BZÖ-Werbemaschinerien eingesetzt wurden.

Schon wegen der Aktienkursaffäre hatte Fischer drei Jahre Haft bekommen. In der Causa Rumpold folgten drei Jahre teilbedingt. Wenn also jemand einen Freispruch gut brauchen kann, dann Fischer. Zur Erklärung: Die beiden früheren Strafen dürfen in der nächsten Instanz nicht einfach addiert werden. Vielmehr muss - sofern die Verurteilungen „halten" - eine Gesamtstrafe neu bemessen werden.

Und das BZÖ? Wie reagiert es auf die gerichtlich verhängte „Abschöpfung der Bereicherung" von 960.000 Euro? Die Summe (sie ist von der Partei bereits rückgestellt) entspricht immerhin einem Viertel des aktuellen Wahlkampfbudgets. Offiziell zeigt man sich so gleichmütig wie Hochegger nach dem Urteil. „Das BZÖ nimmt die Entscheidung zur Kenntnis, wird den Rechtsweg beschreiten, sich notfalls an den betroffenen Personen, die allesamt nicht mehr beim BZÖ sind, finanziell schadlos halten", hieß es in einer noch in der Nacht verbreiteten Aussendung.

BZÖ-Rechtsvertreter Alexander Scheer hatte bis zum Schluss hartnäckig um jeden Cent gekämpft. Dann sagte er: „Ich verstehe das Urteil nicht." Der Verständnismangel gründet sich auf den Umstand, dass selbst der Staatsanwalt zuletzt „nur" mehr 746.000 Euro abschöpfen lassen wollte.

Der Richter begründete die - nicht rechtskräftige - Abschöpfung der 960.000 Euro so: Diese Summe sei praktisch zur Gänze im BZÖ-Wahlkampf 2006 verwendet worden. Frei nach der Formel: Telekom-Geld für die Politik - zulasten der Telekom-Aktionäre. Man könnte den Richterspruch auch mit der Formulierung übersetzen: illegale Parteienfinanzierung.

Weitere Strafen. Auch Ex-BZÖ-Mandatar Klaus Wittauer wurde wegen Beihilfe zur Untreue und Falschaussage vor dem Korruptions-U-Ausschuss bestraft. Der 53-Jährige bekam zwei Jahre Haft, wovon der Großteil, 21 Monate, bedingt (auf Bewährung) verhängt wurde. Wittauer hatte Reue gezeigt und der Telekom die Zahlung von 100.000 Euro zugesichert. Werber Kurt S. (48) fasste wegen Untreuebeteiligung zweieinhalb Jahre aus. Auch bei ihm wurde der Großteil, 25 Monate, bedingt ausgesprochen. Letztlich traf es Christoph Pöchinger (39), den einstigen Sprecher von BZÖ-Justizministerin Karin Gastinger: zwei Jahre Haft, davon 16 Monate bedingt, wegen Untreuebeteiligung und Falschaussage.

Sämtliche Urteile sind nicht rechtskräftig. Daher kommt ein altbekannter Grundsatz zum Tragen: Es gilt die Unschuldsvermutung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15. September 2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.