Strache: „Rot-Blau ist eine interessante Option“

Austrian Chancellor and leader of the Social Democratic Party Faymann and Head of the Freedom Party Strache, pose before a TV debate after first projections in the Austrian general election in Vienna
Austrian Chancellor and leader of the Social Democratic Party Faymann and Head of the Freedom Party Strache, pose before a TV debate after first projections in the Austrian general election in ViennaREUTERS
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Interview. Heinz-Christian Strache würde gern mit der SPÖ regieren und die ÖVP in Opposition schicken. Dass Bundespräsident Heinz Fischer ein Veto einlegen könnte, glaubt der FPÖ-Chef nicht.

Die Presse: Eigentlich müssten Sie ein Interesse daran haben, dass die Große Koalition fortgesetzt wird. Dann hat die FPÖ gute Chancen, in fünf Jahren stärkste Partei zu werden.

Heinz-Christian Strache: Keine Frage: Das Match um Platz eins ist eröffnet. Aber natürlich sind wir auch bereit, Verantwortung in einer Regierung zu übernehmen.

Wollen Sie wirklich mitregieren, oder tun Sie nur so, um den staatsmännischen Schein zu wahren?

Verhandeln zu wollen heißt nicht, dass man auch zusammenkommt. Aber der Wille ist bei uns jedenfalls vorhanden. Fehlt nur noch, dass die SPÖ ihre undemokratische Ausgrenzung beendet.

Rot-Blau ist Ihre erste Option?

Rot-Blau ist eine interessante Option. Es gäbe viele Schnittmengen, zum Beispiel in der Sozialpolitik.

Schnittmengen gäbe es auch mit der ÖVP und Frank Stronach.

Aber mit der SPÖ wäre eine Zweierkoalition möglich, mit der ÖVP nicht. Das führt uns zum nächsten Problem: Das Team Stronach erlebt gerade einen Erosionsprozess.

Trauen Sie Stronach nicht?

Die Struktur seiner Partei ist alles andere als nachhaltig.

Also keine Regierung mit ihm?

Es geht noch nicht ums Regieren, sondern ums Verhandeln. Dabei grenzen wir niemanden aus. Aber die FPÖ wird sicher nicht um jeden Preis in eine Regierung gehen.

Was sind Ihre Bedingungen?

Wir wollen mehr direkte Demokratie, wie in der Schweiz. Die Bevölkerung soll Volksabstimmungen erzwingen können, damit Entscheidungen nicht gegen ihren Willen getroffen werden. Wie beim Europäischen Stabilitätsmechanismus.

Sie wissen, dass Sie sich damit aus dem Spiel nehmen. So viel direkte Demokratie will weder die SPÖ noch die ÖVP.

Deshalb eilen beide Parteien auch von einer Wahlniederlage zur nächsten. Langsam werden sie gewisse Inhalte überdenken müssen.

Gibt es Themen, bei denen auch die FPÖ kompromissbereit wäre, um am Ende mitregieren zu können?

Journalisten denken immer fünf Schritte im Voraus. Jetzt müssen wir erst einmal zu Gesprächen eingeladen werden.

Aus Ihrer Partei ist zu hören, dass man Rot-Blau auch deshalb bevorzugt, weil man die SPÖ für paktfähiger hält. In einer Regierung mit der ÖVP, heißt es, würden die Bünde und gewisse Landeshauptleute regelmäßig Vereinbarungen torpedieren.

Nur so viel: Es wäre interessant, die ÖVP, die uns zur höchsten Staatsverschuldung geführt hat, nach 27Jahren Regierungsverantwortung einmal in Opposition zu erleben.

Wie wahrscheinlich ist Rot-Blau?

Um ehrlich zu sein: nicht sonderlich wahrscheinlich, obwohl es immer mehr SPÖ-Funktionäre gibt, die nicht verstehen, warum uns die Parteispitze weiterhin ausgrenzt.

Sie hatten diese Woche ein langes Gespräch mit dem Bundespräsidenten. Glauben Sie, dass Heinz Fischer versuchen würde, eine Regierungsbeteiligung der FPÖ zu verhindern?

Es stünde ihm rein rechtlich gar nicht zu, eine demokratische Mehrheitsbildung zu verhindern.

Allerdings kann der Bundespräsident einen Minister ablehnen, wie wir wissen: Thomas Klestil hat 1999 den FPÖ-Kandidaten Thomas Prinzhorn verhindert.

Ich glaube, dass das damals in Absprache mit der Parteiführung der FPÖ passiert ist, sonst wäre die Ablehnung einer redlichen Person nicht zu rechtfertigen gewesen.

Wenn würden Sie denn als Minister aufbieten? Ihren Stellvertreter Norbert Hofer? Ihren Generalsekretär Herbert Kickl?

Selbstverständlich kämen beide für ein Regierungsamt infrage.

An welche Ämter denken Sie?

Beide sind exzellente Sozialpolitiker. Norbert Hofer ist außerdem ein ausgezeichneter Umweltsprecher.

Gibt es ein Ministerium, das die FPÖ in einer Koalition zur Bedingung machen würde?

Das Innenministerium wäre uns sicherlich auf den Leib geschneidert.

Ihnen auch? Oder anders gesagt: Wäre das Innenministerium dann Chefsache? Sie haben einmal gesagt, es würde Sie reizen.

Es geht jetzt um Inhalte, nicht um Posten oder darum, was mich reizt. Wir hätten jedenfalls etliche Persönlichkeiten, die den Job besser machen würden als die aktuelle Amtsinhaberin, Frau Mikl-Leitner.

Werner Faymann hat seinen Klubobmann Josef Cap beauftragt, Kontakt mit Ihnen aufzunehmen. Hat sich auch schon jemand aus der ÖVP gemeldet?

Es gibt eine Einladung von Parteiobmann Michael Spindelegger.

Und, haben Sie zugesagt?

Ich werde beide – Cap und Spindelegger – am Montag treffen.

Sind das schon Koalitionsvorverhandlungen?

Mit Sicherheit nicht, in beiden Fällen geht es ausschließlich um parlamentarische Angelegenheiten.

Man wird also nicht ausloten, ob eine Regierungszusammenarbeit möglich wäre?

Nein, für Geheimverhandlungen stehe ich nicht zur Verfügung. Wenn man Regierungsgespräche mit uns führen will, muss man einen öffentlichen Auftrag haben. Herr Spindelegger hat keinen, Herr Faymann hat noch keinen. Überhaupt schickt der Kanzler seinen Klubobmann vor, um ein bisschen vorzufühlen. Das ist typisch für ihn.

Wenn die SPÖ mit der FPÖ regieren wollte, müsste also Faymann persönlich an Sie herantreten?

Selbstverständlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2013)

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