Hochrangige Landespolitiker aus SPÖ und ÖVP plädieren für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Bei ÖVP-Vertretern gibt es allerdings deutlich stärkere Vorbehalte.
Wien. Am Montag hat das Warten ein Ende. Knapp mehr als zwei Wochen nach der Nationalratswahl stellen die bisherigen Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP in ihren Parteigremien die Weichen Richtung Neuauflage. Das war am Freitag auch für viele Ländervertreter ein großes Thema. Der Wunsch nach einer Weiterführung der Großen Koalition ist bei SPÖ-Politikern sehr ausgeprägt – bei jenen der ÖVP um Nuancen weniger.
Was alle fordern: An der Art der Zusammenarbeit muss sich etwas ändern. „Die Lehre kann nur sein: in Zukunft das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Das machen wir in der Landespolitik auch. Die Leute sind angefressen, wenn im Vordergrund der tägliche Streit steht“, mahnte der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP). Ob es tatsächlich wieder zu einer rot-schwarzen Koalition im Bund kommt, ließ er dabei offen: „Das muss man ordentlich diskutieren.“
„Immer ein Kompromiss“
Es gehe jetzt nicht um Farbenspiele oder Personalbesetzungen, sondern man müsse schauen: „Was sind die ganz großen und entscheidenden Fragen in der nächsten Zeit, und wo gibt's inhaltliche Übereinstimmung. Natürlich ist nach einer Wahl mit einem solchen Ergebnis ein Regierungsprogramm immer ein Kompromiss. Aber als ÖVP kann ich nur sagen: Unsere Seele werden wir nicht verkaufen, nur um in einer Regierung zu sein.“
Sein Parteikollege, der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner, geht davon aus, dass SPÖ und ÖVP in Verhandlungen treten werden: „Alles andere würde keinen Sinn machen.“ Er mahnte jedoch: „Man muss sich aber klar sein: In der Stimmungslage in der Bevölkerung ist es für diese Form der Koalition jedenfalls fünf vor zwölf, wenn nicht stellenweise fünf nach zwölf.“ Was bedeutet: Es müsse harte Verhandlungen geben, und in einigen Fragen müsse man sich gut überlegen, wie man sich aufstelle.
Als Beispiele nannte er die Bereiche Bildung, Finanzen und Steuern sowie Gesundheit. Was das Thema Bildung anbelangt, so sollten die Parteien ihre „ideologischen Scheuklappen beidseitig auf die Seite legen“ und pragmatisch nach Lösungen suchen.
Geht es nach Wiens Vizebürgermeisterin Renate Brauner (SPÖ), so soll es wieder eine SPÖ-ÖVP-Zusammenarbeit geben, da sie sich „stabile Verhältnisse“ wünscht. Eine stabile Regierung aus den zwei nach wie vor stärksten Kräften sei geeignet, die „schwierigen Herausforderungen, vor denen unser Land steht, am besten zu bewältigen“. Gleichzeitig mahnte sie aber ebenfalls: Es sei vieles neu zu tun, neu zu regeln, und man müsse neue Wege der Zusammenarbeit in einer Koalition finden. (red./APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2013)