Warnung vor der Schwerarbeiterpension als neuem Kostentreiber

Schwerarbeiterpension
Schwerarbeiterpension(c) Clemens Fabry
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Bei den Mehrausgaben für Pensionen will das Sozialministerium abwarten. Wirtschaftsforscher Schuh fordert das rasche Schließen von „Hintertüren“ in die Frühpension.

Wien. „Mein Eindruck ist, dass wir in bewährter Manier in die falsche Richtung unterwegs sind.“ Für Ulrich Schuh, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria und Mitglied der Pensionskommission der Regierung, sind die prognostizierten höheren Ausgaben für die Pensionen der Anlass, kurzfristig auf zusätzliche Maßnahmen zur Eindämmung der Frühpensionen zu drängen.

Zwar gebe es seit 13 Jahren, also seit Beginn der schwarz-blauen Regierung Reformen, mit denen unter anderem das Zugangsalter zur Frühpension bis 2017 angehoben wird. Allerdings werden diese Vorkehrungen de facto durch bestimmte Sonderregelungen – Stichwort etwa Hacklerfrühpension – unterlaufen. „So wird es halt nicht funktionieren“, warnt er daher im Gespräch mit der „Presse“.

Der Wirtschaftsforscher stellt sich bewusst gegen Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ). Dieser verweist derzeit beständig darauf, dass es ab 2014 gravierende Verschärfungen beim Zugang zur Hacklerfrühpension (zwei Jahre höheres Zugangsalter mit 62Jahren für Männer und 57 Jahren für Frauen sowie zwei Jahre längere Beitragszeiten als Voraussetzung) und auch Neuregelungen bei den Invaliditätspensionen geben wird. Die Auswirkungen sollten aus Sicht des Sozialministeriums abgewartet werden.

Kosten steigen stärker als vorgesehen

Für Schuh besteht hingegen schon jetzt zusätzlicher Handlungsbedarf. Der Grund: Der vom Parlament beschlossene Finanzrahmen des Bundes bis 2017 sieht von vornherein bereits ein Ansteigen der Pensionskosten allein für die Zuschüsse des Bundes zur gesetzlichen Pensionsversicherung von heuer knapp zehn Milliarden auf fast 10,4 Milliarden im Jahr 2017 vor. Nach dem Gutachten der Pensionskommission wird dieser Zuwachs aber nicht ausreichen. Es wird vielmehr ein Ansteigen der Budgetmittel für die Pensionen auf mehr als 11,4 Milliarden bis 2017 ohne weitere Maßnahmen erwartet. Darüber hinaus ist laut dem Finanzrahmen ebenfalls ein fast ähnlicher hoher Betrag für die Beamtenpensionen notwendig.

„Zur Tat schreiten“

Schuh tritt deswegen dafür ein, noch bestehende „Hintertüren“ in den vorzeitigen Ruhestand zu schließen, denn diese seien „durchaus wieder Kostentreiber“. Während der Vorsitzende der Pensionskommission, Rudolf Müller, in der Vorwoche keinen unmittelbaren Handlungsbedarf gesehen hat, meint Schuh: „Da sollte man durchaus aktiv werden und schnell zur Tat schreiten.“

Konkret denkt er etwa an die Schwerarbeiterpensionen. Im Unterschied zur Hacklerpension, bei der es auf die lange Dauer der Tätigkeit (40 Jahre für Frauen bzw. 45Jahre für Männer) ankommt, steht bei der ab 2007 eingeführten Schwerarbeiterpension die körperliche oder physische Belastung im Vordergrund. Diese Sonderform der Frühpension erlaubt vorerst Männern, die in besonders belastenden Berufen arbeiten, weiter ab 60 mit niedrigeren Abschlägen in Pension zu gehen (bei Frauen ist das reguläre Pensionsalter bis 2024 bei 60Jahren, Anm.). Voraussetzung ist, dass jemand innerhalb der letzten 20 Arbeitsjahre vor dem Ruhestand zehn Jahre im Schwerarbeitsjob tätig war. Schuh befürchtet, dass die Regelung, was als Schwerarbeit zählt, ausgeweitet werden könnte. Möglich sei eine sehr restriktive Handhabung oder Abschaffung.

Angesichts der prekären Budgetlage solle grundsätzlich bei weiteren Maßnahmen nicht abgewartet werden, sondern sie sollten „intensiviert“ werden. Der Wirtschaftsforscher verweist außerdem darauf, dass es gleichzeitig mit der Abschaffung der befristeten Invaliditätspensionen für Personen unter 50 Jahren zur Einführung eines sogenannten Rehab-Geldes kommt. Dieses wird während der medizinischen oder der beruflichen Rehabilitation (Weiterbildung) ausbezahlt. Auch das schlage bei den Ausgaben zu Buche. Das Sozialministerium betont hingegen, dass durch die Rehab-Aktivitäten mittel- und langfristig Geld gespart werde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2013)

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