Keiner polarisiert wie Christoph Leitl

Keiner polarisiert Christoph Leitl
Keiner polarisiert Christoph Leitl(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Wirtschaftskammer-Präsident wird verdächtigt, seine Landsfrau Maria Fekter „opfern“ zu wollen, um selbst Minister werden zu können. Teile der ÖVP proben bereits den Aufstand.

Wien. Außenminister werden. Oder Wirtschaftsminister. Jedenfalls Regierungsmitglied. Und dann Bundespräsident, im Jahr 2016, wenn Heinz Fischer in Pension gehen muss. So oder so ähnlich lautet nach übereinstimmenden Informationen der Karriereplan von Christoph Leitl. Nach 13 Jahren an der Spitze der Bundeswirtschaftskammer soll der Oberösterreicher eine neue Herausforderung suchen.

Das Problem dabei ist, dass Leitl in seinem Begehr nicht von allen „Parteifreunden“ unterstützt wird, um es einmal sehr vorsichtig zu formulieren. Die oberösterreichische ÖVP zum Beispiel soll bereits den Aufstand proben, obwohl der 64-Jährige aus ihren Reihen kommt. Oder gerade deshalb. Großer Beliebtheit erfreute sich Leitl, der bis zu seinem Wechsel in die Kammer (2000) Wirtschaftslandesrat und Landeshauptmannstellvertreter in Oberösterreich war, in seiner Heimatpartei nämlich noch nie. Im Gegensatz zu seiner Landsfrau Maria Fekter, die demnächst als Finanzministerin abgelöst werden soll – vor allem deshalb, weil Bundesparteichef Michael Spindelegger selbst dieses Amt übernehmen will.

Leitl steht nun im Verdacht, Fekters Demontage zu befürworten oder jedenfalls nicht verhindern zu wollen, um selbst Minister werden zu können. Den oberösterreichischen Schwarzen gefällt das eher weniger. „Wenn Spindelegger tatsächlich auf Fekter verzichtet und Leitl zum Minister macht, wird er in Oberösterreich ein Problem bekommen“, warnt ein Parteiinsider.

Fekter ist zwar nicht der einzige, aber ein wesentlicher Grund für die Skepsis, die Leitl seit geraumer Zeit auch im ÖVP-Wirtschaftsbund entgegengebracht wird, obwohl er seit 1999 dessen Präsident ist. Denn die Finanzministerin hat auch dort ihre Unterstützer. Dasselbe gilt für Ex-Klubobmann Karlheinz Kopf, der von Spindelegger ins Nationalratspräsidium weggelobt wurde, ohne dass sein Präsident etwas dagegen unternommen hätte. Das wirft man ihm zumindest vor.

Schelling bringt sich in Stellung

Andere ÖVP-Mitglieder wiederum freuen sich, dass Leitl Minister werden will. Weil sie selbst davon profitieren könnten. Hans Jörg Schelling, seit 2009 Vorsitzender des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, zählt angeblich dazu. Der 59-Jährige soll Ambitionen auf das Präsidentenamt in der Wirtschaftskammer haben und ÖVP-intern gerade seine Chancen ausloten. Oder besser gesagt: zu erhöhen versuchen. Öffentlich will das freilich niemand bestätigen.

Auch Leitl, nach seiner persönlichen Zukunft gefragt, hielt sich am Mittwoch bedeckt: Über die Ressortverteilung und das Personal werde erst gesprochen, wenn die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen seien (Leitl verhandelt für die ÖVP federführend das Kapitel Wirtschaft und Beschäftigung), sagte er vor Journalisten. „Damit erübrigen sich weitergehende Spekulationen.“ Nachsatz: „Zur Zeit.“

Die Chancen für eine Neuauflage der Großen Koalition bezifferte Leitl mit „50 zu 50“, da man in den Gesprächen mit der SPÖ noch nicht bei den Kernpunkten angelangt sei. Damit war vor allem das Milliardenloch im Budget gemeint (siehe dazu unten stehenden Bericht).
In der Zwischenzeit machte ein weiteres Personalgerücht in der ÖVP die Runde: Josef Geisler, seit Mai Agrar- und Energielandesrat bzw. Vizelandeshauptmann von Tirol, könnte nächster Landwirtschaftsminister werden. Geisler, 42 Jahre jung, würde zumindest ins Anforderungsprofil passen: Westösterreicher, Landwirt und – selbstverständlich – Bauernbündler.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2013)

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