Moser: "Glaubwürdigkeit Österreichs steht auf dem Spiel"

Die kommende Regierung müsse "massive Maßnahmen" ergreifen, um das strukturelle Nulldefizit 2016 noch zu erreichen, sagt der Rechnungshof-Präsident.

Rechnungshof-Präsident Josef Moser sieht angesichts der nun vorliegenden Budgetzahlen die kommende Regierung gefordert, "massive Maßnahmen" zu ergreifen, um das strukturelle Nulldefizit 2016 noch zu erreichen. Dies sei "absolut machbar", betonte der Präsident. Sollte nicht gehandelt werden, stehe die Glaubwürdigkeit Österreichs "auf dem Spiel", sagte er am Donnerstag im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Moser verwies darauf, dass bereits vor Bekanntwerden des nun zusätzlichen Sparbedarfs (laut Regierung 18,44 Milliarden Euro bis 2018) der Reformdruck sehr groß gewesen sei. Denn schon zur Erreichung der im Finanzrahmen 2014 bis 2017 festgelegten Defizit-Ziele hätte es umfangreicher Maßnahmen bedurft, die aber bisher nicht sichtbar gewesen seien. Wenn es jetzt noch zusätzlichen Einsparungsbedarf gibt, ist für Moser der Reformdruck ungleich höher.

"Man kann sich nicht zurücklehnen"

Um 2016 das von der EU vorgegebene Nulldefizit (ein strukturelles Defizit von 0,45 Prozent des BIP) zu erreichen, sieht Moser trotz aller bisherigen Reform-Unfreude auch ohne ein Abwürgen der Konjunktur machbar. Im Falle einer Unterlassung von Reformmaßnahmen werde Österreich auch nach außen seine Glaubwürdigkeit verlieren, prognostizierte der Präsident - das würde auch am Finanzmarkt nachteilige Folgen haben. "Keiner darf glauben, man kann sich zurücklehnen", mahnte er.

Als dringendste Maßnahme ortet er die Realisierung eines einheitlichen Rechnungswesens: Länder und Gemeinden müssten wie der Bund auf die doppelte Buchführung umstellen - die Haushalte müssten vergleichbar und steuerbar werden. Derzeit würde man die wahre finanzielle Lage von Ländern und Gemeinden gar nicht kennen. "Es gibt kein Rechnungswesen, das einen Überblick ermöglicht". Als zweiten Punkt nannte Moser seine bekannte Forderung, dass es auch für Länder und Gemeinden eine mittelfristige Finanzplanung - analog zum Bund - geben müsse.

Die Regierung steht vor einem finanziellen Engpass: Bis 2018 sei mit einem strukturellen Defizit von 18,4 Milliarden Euro zu rechnen, plus 5,8 Milliarden an Bankenhilfe. Das verkündeten SP-Kanzler Werner Faymann und VP-Vizekanzler Michael Spindelegger. Opposition und Experten melden Zweifel an den Zahlen an. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)

Die Abweichung zum aktuellen Finanzrahmen entstehe durch veränderte Prognosen für die nächsten Jahre, erklärte Kanzler Werner Faymann nach der Zahlen-Präsentation: "Jeder, der sagt, es ist ein Loch im Budget, liegt falsch. Im Gegenteil: Es gibt eine Übererfüllung im Jahr 2013 und das ist das einzig gültige und beschlossene Budget." Die Prognosen würden sich indes "noch zwanzig Mal ändern, das wird doch jeder verstehen". (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)

Pühringers rotes Pendant in der Verhandlergruppe, SP-Klubchef Andreas Schieder, stimmte seinem Chef, Faymann, zu: Budget-Prognosen seien ähnlich unsicher wie Wetterprognosen. "Es kann noch vieles schlechter kommen."Zur Rechenarbeit der Regierung meinte er: "Fertig ist man, wenn man fertig ist." (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)

Die nötigen Reformen sollen nun in den acht Arbeitsgruppen der Koalitionsverhandler erstellt werden, sagte Vizekanzler Michael Spindelegger: "Da wird kein Bereich ausgespart werden können. Bei den Pensionen muss was passieren, genauso wie beim Staatsaufbau." Den von den Grünen geforderten U-Ausschuss zum Budget hält er nicht für nötig, "weil ein Budgetloch nicht existiert". Es gehe lediglich um die Prognose für die nächsten fünf Jahre. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)

Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer, der als schwarzer Chefverhandler in der Finanzarbeitsgruppe sitzt, betonte in der "ZiB2": "Das ist ein Status quo, kein Kassasturz. Es gibt ja keine Pleite." Zudem rechnet er mit einem Überschuss im Budget "zwischen 2016 und 2018". (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)

Weniger optimistisch ist der Grüne Vizechef Werner Kogler . Seiner Ansicht nach werde allein schon für die Banken mehr Geld nötig sein. Der Regierung unterstellte er eine "Budgetlüge" vor den Wahlen.Budgetsprecher Bruno Rossmann hielt SPÖ und ÖVP "Lüge Lüge Lüge" gegenüber Parlament und den Wählern vor. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)

FPÖ-Budgetsprecher Elmar Podgorschek meinte im Ö1-"Mittagsjournal", die genannten 24,24 Milliarden Euro werden "sicher nicht die letzte Summe sein". Zudem kritisierte er, dass die "Regierung uns lange genug an der Nase herumgeführt hat". (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)

Neos-Parteichef Matthias Strolz will "nicht immer nur Skandal schreien", sondern auch "Lösungen beisteuern" - allen voran im Pensionsbereich. Bei einem U-Ausschuss zum Budget würden die Pinken daher mitstimmen, "weil die politische Verwantwortung zu klären ist für dieses Unding". (c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)

Kathrin Nachbaur, Klubchefin des Team Stronach, bezweifelte, "dass diese Zahlen korrekt sind" - und attestierte SPÖ und ÖVP auch, "reine Wählertäuschung" begangen zu haben. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)

Wirtschaftsexperte Franz Schellhorn (Agenda Austria) meldete ebenfalls Zweifel an den rot-schwarzen Zahlen an: "Ich fürchte, dass sich die Budgetlücke nicht an die Erwartungen der Regierung halten wird." (c) Michaela Bruckberger

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte vor der Bekanntgabe des Budgetlochs personelle Konsequenzen gefordert, nämlich den Rücktritt von VP-Finanzministerin Maria Fekter. Auch stellte er SPÖ und ÖVP "ein Armutszeugnis" aus, da sie "nach sechs gemeinsamen Regierungsjahren" nicht wüssten, "was sich in ihrer Kassa befindet". (c) Die Presse (Clemens Fabry)

VP-Finanzministerin Maria Fekter wehrte sich gegen die Anschuldigungen: Die Regierung habe den Finanzrahmen bis 2017 "nach bestem Wissen und Gewissen" festgelegt. SPÖ und ÖVP eine "bewusste Täuschung zu unterstellen, zeugt nicht nur von Populismus, sondern auch von Unkenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge", so die Ministerin. (c) Die Presse (Clemens Fabry)

Im Gesundheitsbereich gebe es ebenfalls Handlungsbedarf: Hier müsse es eine gemeinsame Finanzierung geben. Als Negativ-Beispiel nannte Moser das Wiener AKH, wo es - bedingt durch die Aufgabenverteilung zwischen der Stadt Wien und dem Bund - zahlreiche Probleme wie etwa eine intransparente Finanzierung gebe. Bei den Förderungen müsse es nach Ansicht Mosers es eine "Input-Output-Analyse" geben. Es müsse analysiert werden, was Förderungen überhaupt bringen. Gleiches sollte im Steuerbereich vorgenommen werden - und zwar hinsichtlich der zahlreichen Ausnahmen bei Lohn- und Körperschaftssteuer, erläuterte er.

Eine einheitliche Steuerung will Moser auch im Bereich des Sozial- und Pflegewesens umgesetzt haben. Der Pflegefonds sei keine dauerhafte Lösung, betonte er. Und auch im Bereich der Pensionen wiederholte Moser seine bereits am Tisch liegenden Forderungen nach einschneidenden Maßnahmen. So bekräftigte er u.a. seinen Wunsch nach einer Abschaffung der "Sonderpensionsrechte" bei ÖBB, Nationalbank und Sozialversicherung.

(APA)