Telekom/ÖVP: Justiz ermittelt erstmals gegen eine Partei

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Telekom/ÖVP: Justiz ermittelt erstmals gegen eine Partei(c) Clemens FABRY
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Die Staatsanwaltschaft weitet ihre Untersuchungen in der Telekom-Affäre aus. Reinhold Lopatka und Wilhelm Molterer stehen unter Geldwäsche-Verdacht.

Wien. Glück gehabt: Das dürften sich die Spitzen von SPÖ und ÖVP in den vergangenen Wochen gedacht haben. Die Telekom-Affäre um millionenschwere Geldflüsse an Politiker und Parteien hat zwar in bisher drei Prozessen etliche Verurteilungen für Telekom-Manager, Banker, Parteifunktionäre und PR-Leute gebracht, sie war aber kein ausgewiesenes Thema im Wahlkampf. Doch jetzt, mitten in den Verhandlungen für eine Fortsetzung der Koalition, schlägt die Vergangenheit wieder zu.

Und sie trifft vor allem die ÖVP. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt auf Basis des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes nun auch gegen die Volkspartei. Dabei geht es um rund 100.000 Euro. Ein entsprechender „Format"-Bericht wurde der „Presse" am Donnerstag von der Anklagebehörde bestätigt. Das ist eine Premiere: Gegen eine Partei wurde bisher noch nie ermittelt.

Darüber hinaus wurden die Untersuchungen auch auf den früheren ÖVP-Chef Wilhelm Molterer und den derzeitigen Außenamts-Staatssekretär Reinhold Lopatka ausgeweitet. Es besteht der Verdacht, dass beide verbotenerweise Geld für die Wahlkampffinanzierung angenommen haben. Die Vorwürfe lauten auf Beihilfe zur Untreue (die von Telekom-Vorständen begangen worden sein soll) und auf Geldwäscherei. Diese ist gegeben, wenn Geld aus strafbaren Handlungen (Untreue) im Spiel ist. Auf Beihilfe zur Untreue steht eine Strafe von bis zu zehn Jahren, auf Geldwäscherei sechs Monate bis fünf Jahre.

Drehscheibe „Weißes Haus"

Konkret soll für den Wahlkampf 2008 Geld aus der Telekom über den PR-Mann Peter Hochegger an die Volkspartei geflossen sein. Zwischengeschaltet war die Agentur „The White House", von der die Jugendkampagne der ÖVP betreut wurde. Zwischen 25. August und 29. September stellte White House 15 Rechnungen im Gesamtausmaß von 93.889,08 Euro an die ÖVP, wie aus der Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft hervorgeht.

Die Volkspartei habe daraufhin 62.005,08 Euro überwiesen. Doch dann sei der Agentur von der ÖVP mitgeteilt worden, dass die erbrachten Leistungen von Hocheggers Firma Valora übernommen würden. „Wir wurden aufgefordert, zu Handen Dr. Hochegger eine Rechnung über 96.000 zu legen und alle der ÖVP-Bundespartei bis dahin in Rechnung gestellten Leistungen gutzuschreiben." White House habe dann jene 62.005,08 zurücküberwiesen. „Uns erschien dieser Vorgang unverdächtig, da Hochegger damals zu den erfolgreichsten Agenturen zählte. Wir hatten keine Ahnung, dass es sich um Telekom-Gelder handelte", sagte ein White-House-Sprecher zur „Presse".

Lopatka: „Unschuldig"

Die ÖVP zeigte sich am Donnerstag unbeeindruckt: Es handle sich um alte Vorwürfe aus einer Zeit, die schon einige Jahre zurückliege. Wiewohl man natürlich an einer Aufklärung interessiert sei.

Auch Lopatka wies jede Schuld von sich: Er sei bereits im Oktober einvernommen worden, weil Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer „die vage Vermutung geäußert hat, dass er bezüglich des Wahlkampfes 2008 vielleicht mit mir oder drei anderen Gesprächspartnern in Kontakt war." Allerdings sei er schon Ende 2006 aus der Geschäftsführung der ÖVP ausgeschieden. Mit dem Wahlkampf 2008 hätte er in keinster Weise etwas zu tun gehabt, versicherte Lopatka. Fischers Vermutungen seien daher „unrichtig".

Gegen Molterer wiederum hatte die Staatsanwaltschaft schon im Jahr 2012 ermittelt: wegen angeblicher Zahlungen des Glückspielkonzerns Novomatic an ÖVP-Entscheidungsträger im Zusammenhang mit der Glückspielgesetznovelle. Dieses Verfahren wurde eingestellt.

Doch Molterers Name tauchte auch rund um eine Telekom-Zahlung von 20.000 Euro an den Fußballklub seiner Heimatgemeinde Sierning auf. Für eine Stellungnahme war Molterer, derzeit Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank (EIB), vorerst nicht erreichbar.

Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz fordert angesichts der Ermittlungen gegen die ÖVP, dass der Korruptions-Untersuchungsausschusses wiedereingesetzt wird: Es gebe noch weitere Verdachtsmomente, sagte er zur „Presse".

Werbeagenturen spielten bei der Parteienfinanzierung generell eine große Rolle: Die FPÖ benützte die Media-Connection von Gernot Rumpold, das BZÖ die Agentur Schmied. Für die ÖVP waren neben White House vor allem die Media-Select und die Omni-Media, die gemeinsam die Media.at.Gruppe bilden, relevant. Geschäftsführer aller drei Firmen war bis vor kurzem Ex-ÖVP-Direktor Michael Fischer.

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