Bawag, Hypo, Strasser: Spektakuläre Urteilsaufhebungen

Der OGH hat das erstinstanzliche Urteil gegen Ex-Innenminister Strasser aufgehoben. In letzter Zeit gab es mehrere derartige Fälle.

Die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils in der Causa Strasser ist nicht der erste prominente Fall, in dem der Oberste Gerichtshof das Erstgericht overrult. Ganz im Gegenteil haben sich in jüngerer Vergangenheit in bekannten Fällen die Aufhebungen gehäuft, sei es beim Bawag-Prozess, bei der Kärntner Hypo oder in der Vorarlberger Testamentsaffäre.

Am spektakulärsten war wohl die Causa Bawag, die auch noch politische Auswirkungen hatte, da die Aufhebung des von Richterin Claudia Bandion-Ortner gefällten Urteils auch deren Ablöse als Justizministerin beschleunigt haben dürfte. Kurz vor Weihnachten 2010 hatte der OGH die Urteile der ersten Instanz gegen den Spekulanten Wolfgang Flöttl, die früheren Bawag-Vorstände Christian Büttner, Josef Schwarzecker und Hubert Kreuch sowie gegen den Wirtschaftsprüfer Robert Reiter zur Gänze gekippt. Das Urteil gegen Ex-Bawag-Aufsichtsratschef Günter Weninger wurde großteils aufgehoben.

Die Aufhebung erfolgte wegen "Verfahrensmängeln" und "rechtlichen Fehlern", erläuterte der OGH. Beim Hauptangeklagten, Ex-Bawag-Generaldirektor Helmut Elsner, fielen immerhin auch fünf von 18 Untreuefakten weg. Vier Monate nach dem OGH-Spruch war Bandion-Ortner ihren Posten los.

Eine weitere aufsehenerregende Urteilsaufhebung durch den Obersten Gerichtshof gab es an einer Nebenfront der Causa Hypo. Die erstinstanzlichen Freisprüche von Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer, Ex-Hypo-Österreich-Chef Gert Xander und Ex-Hypo-Prokurist Albin Ruhdorfer wegen der Kredit-Vergabe von 2 Mio. Euro an die Styrian Airways wurden im August des Vorjahres wegen Begründungsmängeln im ersten Verfahren am Klagenfurter Landesgericht aufgehoben und die Neuverhandlung angeordnet. In dieser wurden Kulterer und Xander verurteilt. Beide Urteile sind mittlerweile rechtskräftig. Der OGH setzte diesmal bloß die Strafen leicht herab. Das Verfahren gegen Ruhdorfer wurde wegen einer Erkrankung des Angeklagten ausgeschieden und ist noch anhängig.

Erst vergangenen Oktober korrigierte der OGH das Landesgericht Salzburg und zwar wegen der Vorarlberger Testamentsaffäre. Grund dafür waren Feststellungsmängel im erstinstanzlichen Urteil. Im Fall von fünf von sechs Angeklagten, über die der Gerichtshof zu befinden hatte - darunter der mutmaßliche Haupttäter Jürgen H. und die suspendierte Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch, Kornelia Ratz -, wurden die Schuldsprüche teilweise, bei Ratz zur Gänze aufgehoben.

(APA)

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