Regierung plant Fusion von Behörden: Ganz Bund oder Land

(c) Clemens Fabry
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Doppelgleisigkeiten sollen abgestellt werden. Eine bessere Zusammenarbeit in der Verwaltung wird gefordert.

Wien.  Das Geld soll zur Gänze dort sein, wo die Kompetenzen liegen. Diese Grundidee wird momentan in den Regierungsverhandlungen verfolgt. Laut „Presse“-Informationen sollen deswegen Aufgaben von Bundesbehörden an Länderbehörden wandern, um Doppelgleisigkeiten abzubauen. Auch der umgekehrte Weg wird aber angedacht.

Wenn es um die konkrete Umsetzung dieser Grundidee geht, scheint doch nicht alles so leicht zu sein. Die umstrittene Verländerung der Lehrer (Länder sollen für alle Lehrer zuständig sein) ist bei Weitem nicht so fix, wie es noch Mitte November schien. Die ebenfalls kolportierte Idee, Aufgaben der Bundessozialämter an die Länder zu übertragen, ist mittlerweile sogar ganz vom Tisch. Im Sozialbereich sei eine derartige Kompetenzübertragung sicher auszuschließen, hieß es am Montag aus Regierungskreisen.

Das Bundessozialamt ist etwa für Behinderte zuständig, während das Sozialwesen weitgehend von den Ländern vollzogen wird. Wobei bei der Mindestsicherung wiederum der Bund (über das AMS) und die Länder zusammenarbeiten müssen. Dass es im Sozialbereich zu keiner Zusammenlegung der Ämter kommt, ist nach Ansicht von Experten trotzdem nicht tragisch: „Entscheidend ist, dass die Materiengesetzgebung abgestimmt ist. Wer vollzieht, ist eher eine Randfrage“, meint Sozialrechtsprofesssor Wolfgang Mazal im Gespräch mit der „Presse“. Er verweist darauf, dass auch bei der Krankenanstaltenfinanzierung sowohl Geld aus dem Bundes- als auch dem Landesbereich eingesetzt wird. Umso wichtiger ist es, dass die eine Seite weiß, was die andere tut.

Mazal ortet das Problem nicht prinzipiell darin, dass sich Bundes- und Länderkompetenzen überschneiden. „Es wäre wichtig, dass die Vollzugsbehörden zusammenarbeiten und nicht gegeneinander – aber dieses Phänomen gibt es nicht nur zwischen Bund und Ländern“, sagt Mazal. Auch innerhalb des Bundes oder innerhalb eines Landes könne man schon auf Probleme stoßen.

Welche Behörden genau nun zusammengelegt werden, ist noch geheim. Dazu will sich die Regierung erst nach Ende der Koalitionsverhandlungen äußern.

Verwirrende Verfassung

Losgelöst von der Vollziehung soll sich bei der Gesetzgebung aber nichts Revolutionäres tun. So dürfte trotz Behördenzusammenlegungen nicht der umstrittene Artikel 12 der Bundesverfassung gestrichen werden. Er ist es, der bei Gesetzen am meisten Verwirrung stiftet.
Der Artikel sieht Materien vor, in denen die Grundsatzgesetzgebung dem Bund obliegt, die Ausführungsgesetze und die Vollziehung aber den Ländern. Heißt in der Praxis: Der Bund muss ein Gesetz ändern, dann folgen nochmals neun Landesgesetze. Dies gilt laut Verfassung beispielsweise für das „Armenwesen“ – aber auch für das Arbeitsrecht von Leuten, die in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigt sind. Oder im Elektrizitätswesen. Wobei der Bund dabei gern  einen Trick anwendet: Man beschließt Gesetze im Elektrizitätswesen gleich im Verfassungsrang, um die Verfassung zu umgehen. Und erspart sich so neun Ländergesetze. Eine sauberere Lösung in diesem Kompetenzkonflikt wäre es, die Mischform ganz aufzulösen und die Gesetzgebung klar zwischen Bund und Ländern aufzuteilen.

Unter vorgehaltener Hand betonen manche Bundespolitiker und Experten freilich, dass man die Landesgesetzgebung ganz abschaffen könnte. Zumal Österreich ein kleines Land ist – und die den Ländern zustehenden Gesetzeskompetenzen (etwa Jugendschutz oder Baurecht) nicht sehr weitreichend sind. Realpolitisch ist eine Auflösung der Ländergesetzgebung aber unrealistisch. Im Streitfall gewinnen bei politischen Verhandlungen in Österreich immer eher die Länder, meint ein Insider. Dies könnte nun auch bei den Koalitionsverhandlungen so sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2013)

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