Gernot Blümel: "Ich bin progressiv-konservativ"

Die Presse
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Der neue ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel über den Sebastian-Kurz-Effekt und warum er als Parteimanager mehr ideologischer Ideengeber als kläffender Kettenhund sein möchte.

Sie treten in die Fußstapfen eines Hermann Withalm, eines Michael Graff, auch eines Reinhold Lopatka. Fürchten Sie nicht, dass sie zu groß sind?

Gernot Blümel: Wenn ich dieser Meinung wäre, dann hätte ich das Angebot Michael Spindeleggers nicht angenommen. Es ist eine Herausforderung, zweifellos. Ich bin, glaube ich, der jüngste Generalsekretär, den die ÖVP je hatte.

Der Sebastian-Kurz-Effekt sozusagen.

Das zeigt, dass es bei uns sehr viele junge Leute gibt, die offensichtlich auch innerhalb der Partei gefragt sind.

Die Landesparteien werden möglicherweise leichtes Spiel haben mit Ihnen haben.

Das glaube ich nicht. Zum einen bin ich in der Partei ja verankert. Und ich traue mir schon ein gewisses Durchsetzungsvermögen zu. Zum anderen ist die ÖVP gut aufgestellt. Da gilt es, die Kräfte zu bündeln. Es geht um Zusammenarbeit.

Ein Generalsekretär ist so eine Art Kettenhund der Partei. Wenn man sich Ihre Biografie ansieht und mit bisherigen Weggefährten spricht, hat man eher nicht den Eindruck, Sie könnten so einer sein.

Kettenhund war auch nicht das Anforderungsprofil. Man muss den Job nicht so anlegen. Man kann das ja auch anders machen. Ich habe zum Beispiel nicht vor, ständig hineinzuschreien. Ich verstehe mich eher als ideologischer Ideengeber.

Was sind Sie denn, ideologisch gesehen? Ein Konservativer? Ein Christlich-Sozialer? Oder ein Liberaler?

Ich bin progressiv-konservativ.

Und das heißt?

Konservativ zu sein bedeutet für mich, den Status quo ständig zu hinterfragen. Überkommenes hinter sich zu lassen und das, was man für richtig erachtet, zu bewahren. Das Wesen des Konservativismus ist die Reform. Nicht die Revolution.

Haben Sie politische Vorbilder?

Michael Spindelegger zum Beispiel. Er arbeitet viel, hat Sachverstand. Oder Vitali Klitschko, der für einen Aufbruch in der Ukraine kämpft.

Sie sind wie Ihr Parteichef auch beim CV. Warum?

Als ich nach Wien zum Studieren kam, bin ich zum CV gegangen und zur JVP. Da das Wertegemeinschaften mit Werten sind, die mich ansprechen.

Es gab ja zuletzt auch andere Politiker, die viel von Werten sprachen. Was sind Ihre?

Tatkraft, Leistungsbereitschaft und Ehrlichkeit.

Sind Sie Großkoalitionär? Oder auch für Alternativen wie Schwarz-Blau-Stronach zu haben?

Ich will gestalten. Mit welchem Regierungspartner das passiert, ist zweitrangig.

Was hätten Sie als Generalsekretär im vergangenen Nationalratswahlkampf anders gemacht?

Ich glaube, dass er ohnehin gut verlaufen ist. Wir haben besser abgeschnitten, als vorhergesagt worden ist. Und der Abstand zur SPÖ wurde verringert.

Aber Erster wurde die ÖVP nicht.

Leider nicht.

Und der Parteichef war Ihrer Meinung nach nicht ein wenig übertrainiert und unauthentisch?

Nein, überhaupt nicht. Aber ich kenne ihn auch wesentlich besser als die Außenwelt.

Erhard Busek hat diese Woche gemeint, Michael Spindelegger habe ein Kommunikationsproblem. Er rede mit niemandem und glaube, allein im Besitz der Wahrheit zu sein. Hat er recht?

Erhard Buseks Wortmeldungen in allen Ehren. Aber ich kenne Michael Spindelegger gut und kann das überhaupt nicht bestätigen. Und ich glaube, dass der Generalsekretär ein zusätzlicher Kommunikator sein kann. Und das habe ich vor.

Wann wird es eine Regierung geben?

Wenn die wesentlichen Punkte ausverhandelt sind. Da geht Qualität vor Zeit.

Was wäre ein No-go für Sie, das zum Abbruch der Verhandlungen mit der SPÖ führen könnte?

Wenn der von Experten festgestellte Konsolidierungsbedarf nicht darstellbar wäre. Wir unterschreiben sicher kein Stillstandspapier.

Was ist Ihr Ziel als Generalsekretär?

Eine organisatorische Weiterentwicklung. Die stärkere Kommunikation mit den Funktionären. Und im Falle einer Regierungsbeteiligung, das neue Projekt mitzubegleiten.

Steckbrief

Gernot Blümel ist seit Freitag ÖVP-Generalsekretär. In der Öffentlichkeit ist der 32-Jährige zwar ein unbeschriebenes Blatt, er war aber schon bisher ein enger Mitarbeiter von ÖVP-Chef Michael Spindelegger. Im Kabinett kümmerte er sich zuletzt um die Ministerratskoordinierung und Regierungsarbeit.

Auch in der JVP ist Blümel engagiert. Der Niederösterreicher hat außerdem Philosophie und Wirtschaft studiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.12.2013)

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