Vorarlbergs VP-Landeshauptmann Wallner beurteilt die Koalitionsverhandlungen "kritisch". Sein Bundesland werde verstärkt eigene Wege gehen müssen.
In der ÖVP mehrt sich öffentlich geäußerte Kritik an den Koalitionsverhandlungen. Nachdem sich Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl am Montagabend "frustriert" gezeigt hatte , äußerte sich am Dienstag auch Landeshauptmann Markus Wallner unzufrieden.
Er beurteile die Koalitionsverhandlungen im Allgemeinen "kritisch", sagte Wallner. In einigen Bereichen würde man sich deutlich mehr an Reformen erwarten. So verdiene beispielsweise der auf dem Tisch liegende Vorschlag zu einer Bundesratsreform "den Namen nicht". Zur Kompetenzverteilung gebe es Vorschläge aus den Ländern, die aber offenbar noch nicht auf fruchtbaren Boden gefallen seien. Schon jetzt sei der Schluss zu ziehen, dass man als Land "stärker als bisher eigene Wege gehen" werden müsse, betonte Wallner.
Die ÖVP hatte bereits Grund zum Feiern: Im „Volksgarten“ fand die Weihnachtsfeier der als eher bieder geltenden Spindelegger-Partei statt. In den nächsten Tagen könnten etliche ÖVP-Politiker noch mehr Grund dazu haben – wenn die Ministerliste steht. Diese könnte nach derzeitigem Stand wie folgt aussehen:(Von Oliver Pink und Thomas Prior) imago stock&people Michael Spindelegger hat sich entschieden: Er wird in der neuen Regierung den Posten als Finanzminister besetzen. Sein Kabinettschef Jochen Danninger (Bild) hat ebenfalls einen Entschluss gefasst: Er folgt seinem Parteichef als Staatssekretär nach. APA/Dragan TATIC Sebastian Kurz steigt zum Außenminister auf. Die Integrationsagenden könnte er dorthin mitnehmen. APA/HANS KLAUS TECHT Auf SPÖ-Seite wird es künftig eine Staatssekretärin geben: die oststeirische Nationalrätin Sonja Steßl . Die 32-Jährige sitzt seit 2009 für die SPÖ im Nationalrat. Sie ist Mitglied des Finanzausschusses und in der SPÖ Feldbach verankert. APA/HELMUT FOHRINGER Gabriele Heinisch-Hosek löst Claudia Schmied in dieser Funktion ab und nimmt die Frauenagenden mit. Die Presse Josef Ostermayer steigt zum Minister auf. Die Medien behält er. Die Kultur (derzeit im Unterrichtsministerium) und den öffentlichen Dienst (bisher bei Heinisch-Hosek) bekommt er dazu. Damit hätte die SPÖ ein Staatssekretariat eingespart. Johanna Mikl-Leitner bleibt. Unklar ist, was mit der Integration passiert, wenn Kurz Minister wird. Diesfalls würde das Staatssekretariat wohl aufgelöst, da auch die ÖVP ein Regierungsamt einsparen muss. APA/ROLAND SCHLAGER Die Tage von Karlheinz Töchterle scheinen gezählt zu sein. Auch, weil er zu wenig im Sinne der Partei agiert hat. Unklar ist, ob das Wissenschaftsministerium überhaupt erhalten bleibt. APA/GEORG HOCHMUTH Die ÖVP sucht eine Justizministerin. Derzeit wird Gertrude Brinek (Bild) favorisiert, obwohl sie keine Juristin ist. Allerdings wird darauf verwiesen, dass sie Volksanwältin ist. Sonst genannt: Verfassungsgerichtshof-Vizepräsidentin Brigitte Bierlein. Oder die ehemalige OGH-Präsidentin Irmgard Griss. APA/HERBERT PFARRHOFER Da die ÖVP Frauen braucht, stehen die Chancen der Kärntner EU-Abgeordneten Elisabeth Köstinger ganz gut. Allerdings trauen ihr viele den Job nicht zu. Stephan Pernkopf, Agrarlandesrat in Niederösterreich und eigentlich der Favorit für diesen Posten, wird es nicht werden: Weil mit ihm ein weiterer Niederösterreicher in der Regierung wäre – und weil er selbst nicht will. Alternativ könnte jemand aus dem Westen zum Zug kommen, am ehesten aus Tirol, das mit Töchterle nicht nur einen Minister zu verlieren droht, sondern mit Hannes Rauch bereits den Generalsekretär der Bundespartei verloren hat (er wurde am Freitag vom Niederösterreicher Gernot Blümel abgelöst). (c) EPP Group - Martin Lahousse Eine Fusion mit dem Sozialministerium ist wieder vom Tisch. Auch Alois Stöger hat gute Chancen, im Amt zu bleiben. Weil er keinen schlechten Job gemacht hat. Vor allem aber, weil ein Regierungsamt für die oberösterreichische SPÖ reserviert ist. Die Presse Sicher in der Regierung bleiben Sozialminister Rudolf Hundstorfer, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, Infrastrukturministerin Doris Bures und Verteidigungsminister Gerald Klug, der auch den Sport behalten dürfte.Eine Party-Gelegenheit, das zu feiern, ist schon verstrichen: Die Weihnachtsfeier der SPÖ liegt nämlich schon länger zurück – angestoßen wurde in der Gloriette in Schönbrunn. APA/ROBERT JAEGER Wer wird was in der neuen Regierung? "LH ernst nehmen, sonst wird es schwierig" Erneut forderte der Landeshauptmann, dass die von der Regierung zunächst versprochene, dann abgesagte und nun doch wieder diskutierte Anhebung der Familienförderung umgesetzt wird: Er verlange, dass das Wahlversprechen eingelöst werde. Denn er wolle nicht, "dass mit Familien so umgegangen wird". Die meisten Landeshauptleute teilten seine Meinung. "Ich gehe davon aus, dass man das Wort der Landeshauptleute ernst nimmt, sonst wird es überhaupt sehr schwierig werden", erklärte Wallner. Eine zweite Forderung, die es zu erfüllen gelte, sei die Verlängerung des Finanzausgleichs bis 2016.
SPÖ und ÖVP wollen ihr Regierungsprogramm am Freitag vorstellen, die Inhalte sind aber bereits nach außen gedrungen. Ein Überblick über die wichtigsten Punkte. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER) Die Normverbrauchsabgabe beim Autokauf sowie die motorbezogene Versicherungssteuer werden erhöht. Die Alkoholsteuer wird um 20 Prozent angehoben, die Steuer auf Sekt und Prosecco um einen Euro je Liter. Für eine Steuerreform gibt es eine Absichtserklärung ohne einen Termin. Der Eingangssteuersatz soll von 36,5 „in Richtung“ 25 Prozent gesenkt werden. BilderBox Die Familienbeihilfe wird mit 1. Juli 2014 je nach Alter der Kinder auf 180, 200 und 220 Euro erhöht. Das System des Kindergelds wird umgestaltet: Künftig soll es ein Konto mit einer Fixsumme geben, Dauer und Bezugshöhe sind frei wählbar. Unangetastet bleiben indes die Gelder für die Ganztagsbetreuung an Schulen (400 Mio. Euro), den Ausbau der Kinderbetreuung und für den Wohnbau (276 Mio. Euro), von denen ursprünglich Teile für die Familienbeihilfe abgezwackt werden sollten. Bis 2018 soll das faktische Pensionsalter, wie von der ÖVP verlangt, um 1,7 Jahre auf 60,1 Jahre steigen. Passiert dies nicht, sind verpflichtend weitere Eingriffe vorzunehmen. Welche, entscheidet die Koalition. Einigt sich diese nicht, muss eine Schlichtungsstelle mit Experten Klarheit bringen. (c) Clemens Fabry Für Arbeitgeber wird ein Bonus-Malus-System eingeführt. Wenn sie über 50-jährige Arbeitslose einstellen, sollen sie einen Bonus erhalten. Betriebe, die ältere Mitarbeiter hinauswerfen, sollen hingegen mit einem Malus zu bestraft werden. Konkret soll ab 2017 für alle Betriebe mit mehr als 25 Mitarbeitern, die nicht ausreichend Mitarbeiter über 55 beschäftigen, eine neue Abgabe für altersgerechte Arbeitsplätze eingeführt werden. Diese Abgabe wird zu 50 Prozent als Bonus für die Beschäftigung älterer Mitarbeiter eingesetzt, die restlichen 50 Prozent fließen in die betriebliche Gesundheitsförderung. (c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com) Ein zweites kostenloses Kindergartenjahr für Vier-bis Fünfjährige soll eingeführt werden. Das zweite Kindergartenjahr soll für Kinder mit Sprach- und Entwicklungsdefiziten verpflichtend werden. (c) Presse (Fabry) Künftig soll es mehr verschränkte Ganztagsschulen geben, in denen sich Unterricht, Lern- und Freizeit abwechseln. Das Regierungsprogramm sieht vor, dass es an jedem Standort mit mehr als einer Jahrgangsklasse bzw. "in zumutbarer Entfernung" eine Klasse geben soll, die nach diesem Modell geführt wird, sobald 15 (bzw. in bestimmten Fällen 12) Schüler dafür angemeldet werden. Wie schon im Regierungsprogramm 2008 geplant, soll den Schulleitern mehr Mitsprache bei Personalauswahl bzw. Ressourceneinsatz gegeben werden. (c) Die Presse (Clemens Fabry) Die bis 2016 limitierte Solidarabgabe für Spitzenverdiener wird verlängert. (c) Clemens Fabry Die Mietvertragsgebühr für unter 35-Jährige bei erstmaligem Mietvertragsabschluss zwecks Hauptwohnsitzbegründung entfällt. APA/HELMUT FOHRINGER Die Kosten für Kieferregulierungen, festsitzenden Zahnersatz und Mundhygiene für Kinder und Jugendliche werden künftig von den Krankenkassen übernommen. Außerdem wird der Spitalskostenbeitrag für Kinder und Jugendliche abgeschafft und ein Gesundheitspass für 7- bis 18-Jährige eingeführt. APA/GEORG HOCHMUTH Die Staatsholding ÖIAG wird neu ausgerichtet. Sie soll selbst über die Steigerung oder Senkung von Unternehmensanteilen die sie verwaltet entscheiden können; allerdings ohne die Sperrminorität von 25 Prozent zu unterschreiten. APA/HERBERT PFARRHOFER Unternehmen sollen künftig bis zu zehn Prozent des Bilanzgewinns, aber maximal 1.000 Euro pro Mitarbeiter, steuerbegünstigt ausschütten können. Die Abgabe soll pauschal 25 Prozent, befristet auf drei Jahre, betragen. Die Senkung von Lohnkosten wird "geprüft". (c) Presse/ Bruckberger Die Hürden für den Parlamentseinzug über Vorzugsstimmen werden noch einmal gesenkt, versprechen SPÖ und ÖVP im Regierungsprogramm. Zurückhaltend äußern sie sich zum Demokratiepaket, dazu soll eine Enquete-Kommission eingesetzt werden.Vage auch die Vorhaben zu einer Verwaltungsreform. Die Regierung dürfte eine Bezirksgerichts-Reform planen, denn das Zustimmungsrecht der Länder bei der Änderung der BG-Sprengel soll gestrichen werden. Und: Die Mitwirkung des Bundesrates an der Gesetzgebung soll "wirksamer und kostengünstiger gestaltet" werden - die Länderkammer also offenbar kleiner werden. (c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER) Im Regierungsprogramm findet sich unter der Rubrik Ziel zum Thema "Für eine moderne Polizei und Sicherheitsverwaltung" lediglich folgender Punkt: "Sicherstellung einer zeitgemäßen Polizeiarbeit durch einen zielgerichteten Personaleinsatz, eingebettet in eine leistungsfähige Organisation zur Gewährleistung einer hohen Außendienstpräsenz sowie Ausbau des Bürgerservices und Reduktion des Verwaltungsaufwandes für BürgerInnen und Behörden." (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH) Bei den staatlichen ÖBB soll ein integrierter Taktfahrplan eingeführt werden. Die drei umstrittenen Tunnelprojekte Semmering, Koralm und Brenner werden in dem Papier nicht erwähnt, allerdings heißt es: "Sowohl der Ausbau der großen Achsen, insbesondere der Südachse, als auch die Modernisierung des Bestandsnetzes, die Bahnhofsoffensive und die Güterterminals wird weiter geführt." www.BilderBox.com Die Regierung will Gerichte entlasten, Gerichtsgebühren evaluieren, und eine neue Justizanstalt mit eigener Jugendabteilung im Raum Wien errichten. Außerdem wurde ins Abkommen die schon von Ex-Ministerin Beatrix Karl angestoßene große Reform des Strafgesetzbuches (samt Beseitigung der Ungleichgewichte bei den Strafen) aufgenommen. Außerdem soll es eine Bezirksgerichts-Reform geben (siehe Punkt "Staatsreform"). (c) bilderbox Was die neue Koalition bringt Vorarlberg werde den Familienzuschuss des Landes im nächsten Jahr um 500.000 Euro erhöhen, kündigte Wallner an. Zudem habe man die Gewichtung angepasst, wovon vor allem Alleinerzieher und Mehrkindfamilien profitierten. Sowohl die Höhe des Zuschusses als auch die Einkommensgrenzen würden angehoben. Andreas Prenn, Obmann des Vorarlberger Familienverbands, rief den Bund auf, es Vorarlberg nachzumachen. Es sei bezeichnend, wenn die erste Sparmaßnahme bei den Familien erfolge.
(APA/Red.)
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