Zornige Rote verweigern Faymann die Gefolgschaft

SPÖ. Franz Voves geht als Vizeparteichef. Das Fehlen von Millionärssteuer und Gesamtschule lässt viele murren oder ausscheren.

Wien/Bregenz. Er war als Eishockeyspieler ein Raubein, der weder sich noch Gegner schonte. Der steirische SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves verpasste am Freitag seinem Bundesparteivorsitzenden einen kräftigen Rempler. Der impulsive Steirer schmiss überraschend aus persönlichen Gründen, wie er erklärte, das Amt des Stellvertreters von SPÖ-Chef Bundeskanzler Werner Faymann hin. Demonstrativ nahm Voves am Freitag aus Verärgerung nicht an der Abstimmung im SPÖ-Bundesvorstand über das Koalitionsabkommen teil.

Sechs offizielle Gegenstimmen (darunter Vorarlbergs SPÖ-Chef Michael Ritsch und rote Jugendvertreter) gefährdeten die breite Mehrheit im 70-Mitglieder-Gremium nicht, spiegeln aber auch nicht wider, dass viele Genossen nur zähneknirschend und aus Parteiräson den Pakt mittrugen. Das gilt vor allem auch für einige SPÖ-Gewerkschafter.

Das Misstrauen der SPÖ-Funktionäre gegenüber Faymann war nach den Einbußen bei der Wahl am 29.September stark, weil zu große Zugeständnisse an die ÖVP befürchtet wurden. Für Voves war die Wahlschmach schmerzhaft, da die FPÖ in der Steiermark Rot und Schwarz überflügelte.

„Millionärssteuer“ fehlt

Gar nicht so wenige aus der zweiten und dritten Reihe der Kanzlerpartei sehen sich jetzt bestätigt und sind nur mangels realistischer Koalitionsalternative für eine rot-schwarze Verlängerung. Ihnen geht der Verzicht auf die seit Jahren angestrebte „Millionärssteuer“ und das erneute Scheitern bei der Gesamtschule für Zehn- bis Vierzehnjährige gegen den Strich.

Faymann hat gerade harte Tage hinter sich. Zuerst die Marathonverhandlungen, um ÖVP-Chef Michael Spindelegger noch vor Weihnachten wieder ins gemeinsame Regierungsboot zu holen. Jetzt der interne Teilaufstand, wobei ihm zwei rote Landeschefs die Gefolgschaft verweigert haben. Faymann selbst spielte nach dem SPÖ-Vorstand den Rückzug von Voves als SPÖ-Vize herunter, weil dieser aus persönlichen Gründen erfolge.

Aber schon in der Nacht auf Freitag ist Faymanns neues Regierungsprogramm im Vorarlberger SPÖ-Vorstand mit 46 zu zwei Stimmen glatt durchgefallen. Der Bildungssprecher der SPÖ im Nationalrat, der Vorarlberger Elmar Mayer, warf Faymann, der für die Sitzung persönlich nach Vorarlberg geeilt war, seine Funktion wegen des Ausbleibens der Gesamtschule vor die Füße.

Auch Ritsch stimmte nicht zu. Einerseits, weil die Entlastung des Faktors Arbeit nicht beschlossen wurde. Andererseits, weil die Reichensteuer fehlt. Wichtigster Grund: „Wir sind hier alle für die Einführung einer gemeinsamen Schule. Und diese ist im Koalitionsvertrag mit keiner einzigen Silbe erwähnt“, sagt er. Daher wolle er mithilfe der neuen Unterrichtsministerin, Gabriele Heinisch-Hosek, versuchen, Vorarlberg zur Modellregion für diese Schulform zu machen. Die Landes-ÖVP sei nicht abgeneigt. Allgemein hätte sich Ritsch gewünscht, dass man bei den Verhandlungen mehr riskiert hätte. „Wenn das nicht funktioniert hätte, hätte es eben eine Alleinregierung mit Ablaufdatum gegeben.“ Das wäre ihm lieber als diese Große Koalition.

Steirer warnen Spindelegger

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2013)

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