Neugebauer: "Eine Demonstration ist keine Hetz"

ZWEITE RUNDE DER BEAMTENGEHALTSVERHANDLUNGEN: NEUGEBAUER
ZWEITE RUNDE DER BEAMTENGEHALTSVERHANDLUNGEN: NEUGEBAUERAPA/GEORG HOCHMUTH
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Der Vorsitzende der Beamtengewerkschaft verwahrt sich dagegen, die Bediensteten bei der Gehaltsrunde „bluten" zu lassen: „Das Land ist nicht abgesandelt."

Die Presse: Warum war mit der Regierungsspitze keine Einigung über die Gehaltserhöhung für 2014 möglich, und warum wird heute, Mittwoch, demonstriert?

Fritz Neugebauer:
Das ist das vorläufige Ende einer längeren Debatte. Ich habe schon vor dem Sommer angeregt, uns abseits der Nationalratswahl ruhig über die Gehaltserhöhung zu unterhalten. Nach einer Nulllohnrunde, die massiv in das Gehaltsschema der öffentlich Bediensteten eingegriffen hat, kann man die Erhöhung nicht nochmals unter die Teuerungsrate fallen lassen.

Nun fallen dem öffentlichen Dienst die Budgetprobleme der Koalition auf den Kopf.

Die nun ehemalige Ministerin Heinisch-Hosek hatte überhaupt keinen Bewegungsspielraum. Die Inflationsrate von 2,33 Prozent steht außer Streit. Wirtschaftsforscher haben deutlich gemacht, dass Österreichs Wirtschaft neben dem Export stark von der Massenkaufkraft getragen wird. Deswegen ist es gut, wenn die Gewerkschaften Abschlüsse über der Inflationsrate erzielen. Nach einem Jahr mit einem massiven Sparbeitrag ist es nicht mehr möglich, deutlich unter der Inflationsgrenze zu bleiben.

Wirtschaftsforscher sagen auch, werden die Biennalsprünge eingerechnet, kommt der öffentliche Dienst auf Gehaltsabschlüsse über die Teuerungsrate.

Das ist kein Zusatzabschluss, sondern eine Gehaltsverteilung wie in 95 Prozent der Kollektivverträge.

Stimmt es, dass in der Verhandlungsrunde mit Kanzler Faymann von Regierungsseite 1,7 Prozent mehr Gehalt geboten wurden, aber gleichzeitig hätten die Beamten in den kommenden Jahren jeweils auf ein Prozent Erhöhung verzichten sollen?

Bis 2018 hätte uns die Regierung in völliger Fehleinschätzung der Situation selbst noch weiter zahlen lassen. Das ist unzumutbar. Noch dazu, wenn ausgegliederte, staatsnahe Unternehmen mit 2,3 bis 2,5 Prozent und das Land Vorarlberg mit 2,5 Prozent für ihre Bediensteten abschließen. 2,33 Prozent ist die Inflationsabdeckung. Ein Zweier vor dem Komma muss auf alle Fälle dastehen. Noch dazu, da man weiß: Es gibt Steueraußenstände von sieben Milliarden Euro. Wir haben aus dem Finanzministerium verlässlich erfahren, 1,8 Milliarden Euro sind abholbereit. Das erzählen Sie einmal einem Kollegen: Da liegt Geld, das nicht abgeholt wird. Und er soll weit unter der Inflationsrate mit einer Bezugserhöhung gehen.

Rechnen Sie auch mit Solidarität der Bevölkerung, wenn es heute, Mittwoch, vor dem Bundeskanzleramt die Demonstration gibt?

Der Protest soll den Arbeitgeber zum Nachdenken überreden. Er richtet sich nicht gegen die Menschen im Land. Das Land steht unheimlich gut da, das Land ist nicht abgesandelt. Regieren neu heißt auch, mit den Betroffenen, die das Know-how haben, Lösungen zu erarbeiten und nicht drüberfahren und dekretieren. Eine Demonstration ist ja keine Hetz. Es heißt zurück zu einer Kultur des sozialen Dialogs und zurück zu ordentlichen Gehältern, die auch eine entsprechende Kaufkraft mit sich bringen.

Wenn sich die Bundesregierung auch nach Weihnachten nicht bewegt, wird es dann weitere Proteste und Kampfmaßnahmen geben?

Wenn morgen die normale Arbeit beginnt, muss man schon deutlich sagen: Mit uns ist zu reden. Man kann uns nicht ausbluten.

Wie viele Teilnehmer erwarten Sie bei der Demonstration?

Mehrere tausend.

Das wird aus Gewerkschaftsmitgliedsbeiträgen bezahlt. Was kosten Organisation, Busse, Sonderzüge und so weiter?

Das werden wir am Ende abrechnen.

Zum Beschluss des neuen Lehrerdienstrechts im Nationalrat: Warum reichen die Änderungen im Parlament noch nicht?

Der Verhandlungsführer der Lehrer, Paul Kimberger, hat richtigerweise festgestellt: in den letzten Tagen ist mehr weitergegangen als in 34 Verhandlungsrunden vorher. Derzeit wurde die Chance verpasst, mit einer Jahresarbeitszeit auf die verschiedene Schularten einzugehen.

Soll es möglichst rasch eine Reparatur des Gesetzes geben?

Es braucht nach dem Beschluss eine Abkühlphase von ein paar Wochen und Monaten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2013)

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